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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Die sind verdammt viel besser als einige unserer Burschen. Das ist nicht die Ebene, die mir Kopfzerbrechen bereitet. Aber der Oberste Gerichtshof, der ändert sich nicht.«
    Bray lachte über Dandos Gesichtsausdruck – den Ausdruck eines müden, bodenlosen Überdrusses im faltendurchfurchten Gesicht bestimmter Hunderassen.
    »Vermutlich werden sie aussterben. Das ist immerhin etwas. Aber Gott allein weiß, was nach ihnen kommt.«
    »Ich hab einmal Gwenzis Bruder im Gray’s Inn in London getroffen; er sagte zu mir, er würde der erste Schwarze hier am Gericht sein.«
    Wenn Dando von irgendwem eine wirklich geringe Meinung hatte, dann tat er so, als hätte er seinen Namen nicht gehört. »Glaub bloß nicht, daß ich nicht wüßte, daß ich schlechte Zeitenvor mir hab«, sagte er, so als würde er, ganz für sich, den Tratsch, der gerade über ihn umging, aufgreifen. »Ich wußte es, als ich Mweta zusagte, und ich weiß es jedesmal wieder, wenn ich am Türschild vor meinem Büro vorbeikomme. Der Tag wird kommen, an dem ich Deportationsbefehle werde unterschreiben müssen, die ich nicht unterschreiben will. Haftbefehle. Oder Schlimmeres.« Er nahm einen Mundvoll vom übriggebliebenen Passionsfruchtpudding, und einen Augenblick lang durchlief ein kaum merkbares Zittern seinen Kopf. »Armer alter Dando.«
    »Jeder, der geblieben ist, ist ein Idiot, wenn er sich das nicht vorher überlegt hat«, sagte Bray.
    »Und ich werde dem Generalstaatsanwalt Anweisungen geben, auch wenn ich es lieber lassen würde. Damit muß ich rechnen. Was, wenn Shinza bei den nächsten Wahlen Schwierigkeiten machen sollte, wenn er sich verdammt nochmal übergangen fühlen sollte, was er ja zweifellos ist, und wenn er mit all den Tricks, die er der PIP beigebracht hat, eine echte Opposition gründet, he? Was, wenn er mit allen Leuten daherkommt, die Lambala sprechen, und einen Boykott ausruft, mit all den Schlägereien vor den Wahllokalen, mit brennenden Hütten – glaubst du, ich würde nicht jemanden finden, der Shinza diesmal hinter Gitter bringt?«
    »Na gut, das weiß ich. Aber aus welchem Grund, um Himmels willen, sollte es denn soweit kommen?«
    »Ich wußte es, als ich Mweta zusagte. Armer, gottverfluchter Dando. Die Schmutzarbeit der Schwarzen ist um kein Jota sauberer als die der Weißen. Das werden sie noch mit Freuden zur Kenntnis nehmen. Aber was in ihre selbstzufriedenen kleinen Hirnkästen niemals hineingehen wird, das ist, daß ich das wußte, als ich den Job übernahm, die ganze Zeit, und das sage ich jetzt so laut, wie ich’s dann sagen werd …«
    »Und wen wird das freuen?«
    Dando füllte die Brandygläser von neuem. »Meine Kollegen! Diese ehrenwerten Herren, die nach dem Süden, nach Rhodesien und Südafrika gezogen sind, wo sie sicher sein können, daß keinSchwarzer je am Richtertisch sitzen wird, der bei seinem Urteil derart befangen ist wie ein Weißer. – Meine Kollegen. Tencher Teal und Williamson und De l’Isle!«
    Es war nach Mitternacht, als sie zu Bett gingen. Bray ging in die Küche, um sich das Brandyglas für die Nacht mit Wasser zu füllen. Küchenschaben stoben auseinander, hielten inne, wo sie sich in Sicherheit glaubten, um ihre Fühler herumzuwirbeln. Ein pelziges, schwarzes Band aus Ameisen lief über eine Schranktür hinauf zu einem Speiserest, der von einem Teller gefallen war. Er stand vor dem Abwaschbecken, trank kaltes Wasser und warf einen Blick auf den Kern einer Avocadofrucht, der, gestützt von drei Streichhölzern, auf dem Rand eines Einmachglases auf dem Fensterbrett austrieb. Es war ihm bewußt, daß er sein Gewicht wie im Schwindel vom einen Bein auf das andere verlagerte, ohne es zu wollen; es war, als hätte er schon lange hier gestanden – aber sicher war er sich dessen nicht.
    Er hörte, wie Dando, vom alten Labrador in den Garten hinausgetrieben, vor der Gästehütte umherwanderte und dem Hund Vorwürfe machte; und dann war es Morgen, und Festus’ Küchenhilfe stand mit dem Frühstückstee vor der Tür.
     
    Ein Hubschrauber schnarchte über den Feierlichkeiten; er verschluckte den Grußwechsel zwischen Bray und jemandem, dem er auf der Straße vorgestellt wurde, löschte die Unterhaltungen in Bars und sogar die Reden. Keiner wußte, wozu er da war – eine Sicherheitsmaßnahme, wie die einen zufrieden unterstellten, während andere ihn bloß auf unbestimmte Art der Situation angemessen empfanden, das Symbol des Fortschritts, das von keiner

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