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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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Jungen Jungen sind, und Politiker Politiker. Während er eines seiner Kinder um Bier ausschickte und mit einem anderen, das ständig über die Rückenlehne seines Stuhls und auf seinen Kopf hinaufkletterte, zärtlich raufte, soufflierte er in einem fort: »Sie haben es ihm also gegeben … er ist nicht davongekommen …« Bray berichtete sachlich von ein paar der wichtigsten Debatten und faßte die unterschiedlichen Argumente und die entscheidenden Punkte zusammen. Als das Bier kam und sie tranken, sagte er: »Ihr Zynismus überrascht mich, Aleke.«
    »Na, das ist das erste Mal, daß man mir das nachsagt.«
    »Genau. Deshalb bin ich auch überrascht. Sie scheinen sich nicht im mindesten für die Inhalte zu interessieren … so als gäbe es sie überhaupt nicht. Sie sehen es wie einen Wettkampf … Sind sie für Sie nichts Konkretes?«
    Wenn es für einen Menschen mit Alekes Selbstvertrauen überhaupt möglich war, verlegen zu sein, dann war er es jetzt. Es äußerte sich in der schnellen Erkenntnis, daß der Ruf seinerIntelligenz auf dem Spiel stand, wenn er den Vorwurf hinnahm, nachdem er Zynismus als Erklärung schon abgelehnt hatte. Aber sein Desinteresse an den Inhalten zu leugnen, zöge die Notwendigkeit, die Inhalte zu diskutieren, nach sich – dazu müßte er seine Abneigung – halb Faulheit, halb Sorge – überwinden, sich unter Umständen auf eine offene Meinungsverschiedenheit mit Bray einzulassen. Er lächelte: »… soviel Gerede. Man sieht sowieso erst, was wirklich dabei herauskommt, wenn sich einmal die Verwaltung mit den Dingen befaßt. Ist Ihnen das nicht auch immer aufgefallen? – Sie haben irgendeine Regierungsentscheidung, daß sämtliche Kühe mit verbogenem linken Horn ausgesondert werden sollen, weil es, wie die Eierköpfe in der veterinärmedizinischen Abteilung oben festgestellt haben, in irgendeiner Weise die Qualität des Viehs erhöht, und der Endeffekt ist dann, daß ein paar Leute keine Steuern zahlen, weil sich herausstellt, daß im Gebiet von Häuptling Sowieso
sämtliche
Kühe auf der linken Seite diese verdammten Korkenzieherhörner haben …«
    Aber dieses Ausweichen war, wie Bray sah, selbst ein Eingeständnis dessen, daß sie Gegner waren.
    »Egal, vielleicht kriegen wir jetzt ein bißchen Ruhe und Frieden«, sagte Aleke verbindlich, um seine Frau mit ins Gespräch zu ziehen, die aufgetaucht war und ein Paket Erdnüsse in eine Untertasse leerte.
    »Dann nimm bitte eine Woche Urlaub, und laß uns wegfahren.«
    »Ich hab nichts von Urlaub gesagt – bloß, daß Edward Shinza uns jetzt nicht mehr dauernd im Weg ist, das ist alles. Ich hab dir gesagt, du kannst jederzeit zu deiner Mutter fahren, wenn du Lust hast. Ich werde dann halt wieder als Junggeselle James Gesellschaft leisten …«
    »Ich hoffe nur, daß er auch weg bleibt. Mir gefallen diese Nachtfahrten hinauf zum Erzbergwerk und weiß Gott wohin in den Busch nicht – und ich bin mit den Kindern allein hier.« Sie wandte sich in ihrer schmollend-koketten Art an Bray: »Ich hab Angst.«
    »Die gleiche Klage hab ich von einer jungen Frau gehört, als ich oben beim Kongreß war. Bloß daß sie vor der Privatarmee des Konzerns Angst hatte. Sie fürchtet, daß sie Schramme und seine arbeitslosen Söldner angeheuert haben.«
    »Ach, die
Stadt
. Wovor muß man sich denn in der Stadt schon fürchten. Das ist ganz anders als hier, wo wir diese Buschmänner aus den Ziegeleien haben, die in den Straßen herumschreien, arme Rebecca, erinnerst du dich, damals im Wagen …«
    »Ja, ja – jetzt, wo sich Shinza mit eingezogenem Schwanz wieder nach Hause in die Bashi verzogen hat und der Parteikongreß vorbei ist, wird der ganze Unfug ein Ende haben …«
    »Nicht bloß zynisch; auch noch sehr optimistisch, Aleke.« Agnes Aleke zuliebe wechselte er das Thema. »Haben Sie die Malembas gesehen, seit er wieder zurück ist? Sampson hatte einen Bombenerfolg mit seinem Antrag wegen des Clubs, ich hatte ja nicht die leiseste Ahnung, daß er überhaupt daran dachte …«
    »Malemba? Tatsächlich?« murmelte Aleke belustigt; und dann, während er gerade sein Bier trank und sich mit dem in Gedanken versunkenen und grüblerisch-kritischen Blick eines Mannes umsah, der zu sehr beschäftigt ist, um das zu tun, was er eigentlich sollte: »Agnes, entweder du bringst das da in Ordnung, wie du gesagt hast, oder du machst Brennholz daraus.«
    Einen Augenblick lang sahen seine Frau und Bray verständnislos auf, dann merkten sie, daß er das alte

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