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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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sagte sie: »Was du getan hast – die Sache mit dem Geld für das Haus –, das ist nicht erlaubt, nicht wahr?«
    Er hatte eine kurze, traumlose Sekunde geschlafen, und ihre Stimme holte ihn zurück. »Nein, es ist illegal.« Er bemerkte, daß sich seine Hand geöffnet hatte und schlaff von ihrer Brust herabgeglitten war; im Schlaf wurde man sich selbst wiedergegeben – das, was man träumte und woran man festhielt, war nichts, die Leere im Gesicht eines Toten. Sie sagte: »Das liegt eher auf Gordons Linie. Und wenn sie’s herauskriegen?«
    »Was von den Siedlern, die mich deportieren ließen, noch übrig ist, wird sagen, sie hätten schon immer gewußt, was für ein Typ ich bin.«
    »Und Mweta?«
    Auch ihre Brustwarze war schlaff von Schlaf. Mit der Hand ließ sich der Unterschied im Gewebe der Haut dieser kleinen, kreisförmigen Fläche und der sie umgebenden Brust kaum ausmachen; er drückte die weiche Erhebung mit seinem Zeigefinger ein, bis sie wieder ihre Nase hob. Im Protest gegen seine Absichten veränderte sie sanft ihre Lage – ein Ausweichen.
    Er war plötzlich hellwach, und seine Hand ließ von ihr ab und tastete im Dunkeln auf dem einbeinigen kongolesischen Hocker, der ihm als Nachttisch diente, nach einer Zigarette. Er rauchte und begann von dem Tag zu reden, an dem die Debatte über den Generalsekretär des UTUC stattgefunden hatte – erzählte ihr, wie er, um Semstu für die Unterstützung von Shinza zu gewinnen, zum Parkplatz hinuntergegangen war.
    »Kanntest du Semstu von früher?«
    »O ja, ein alter Freund. Deshalb ist es mir auch gelungen. Ich kenne ihn schon so lange wie Mweta und Shinza.«
    »Und Mweta?« sagte sie schließlich noch einmal.
    »Ich wollte es ihm wirklich sagen. Es war ihm ohnehin klar, was ich von der Sache mit dem Generalsekretär hielt, deshalb hätte es ihn wohl auch nicht überrascht … Aber dann war ich schließlich doch der Meinung, daß das meine Angelegenheit war.«
    »Wie meinst du das? Du hast es doch für Shinza getan.«
    »Ich glaub langsam, für mich selbst. Shinza versucht das zu tun, wovon ich glaube, daß es hier getan werden muß.«
    Sie sagte: »Ich hab Angst, daß du dich in Schwierigkeiten bringst, Bray.«
    »
Du
hast einmal zu mir gesagt, daß man einfach nicht das Sichere tun kann. Um zu leben, muß man weitermachen und das nächste tun. Du hast das Paradox aufgestellt, daß es gefährlich ist, das Sichere zu tun. Mich hat das sehr beeindruckt. Sehr.«
    »Ich hab dich damals noch nicht gekannt« – das Wort »geliebt« vermied sie immer, wie ein Schuljunge, der es ängstlich ansieht, als etwas, das man zwischen Spott und Hohn hörte.
    »Er wird denken, du machst mit Shinza gemeinsame Sache«, sagte sie aus ihrem Schweigen heraus. »Oder? Was wird er dann unternehmen?«
    »Ich glaub nicht, daß man mich für einen besonders gefährlichen Gegenspieler halten wird. Mweta ist der Präsident; er kann mich jederzeit loswerden.«
    »Das meine ich ja. Du bist vielleicht nicht gefährlich, aber es verletzt seine Gefühle … und das ist gefährlich.«
    »Dann wird er für sein Teil sagen können, er hat mich rausgeworfen, weil ich Geld geschmuggelt hab.«
    Sie richtete sich in dem schmalen Bett kerzengerade auf. In der Dunkelheit sah er das noch tiefere Dunkel ihres schwarzen Haars, das jetzt lang bis zu den Schultern herabhing. »Siehst du! Ich wollte, du hättest es nicht getan. Bei jemand wie Gordon ist das in Ordnung …«
    »Mein Liebling … bloß ein Scherz! … nichts wird passieren.« Er zog sie herunter, machte wieder einen Platz für sie beide, erzählte ihr all das, woran – aus verschiedenen Gründen – keiner der beiden glaubte, was von beiden aber als die Ruhe vor dem Schlaf akzeptiert wurde. »Daran, wie das arrangiert wurde, konnte ich erkennen, daß es absolut sicher ist … Alle sehen in den Devisengesetzen eine ähnliche Art Freiwild wie in den Steuergesetzen …«
    »Du bist nicht alle.«
    Wieder überkam sie das beruhigende Gefühl des So-nahe-beieinander-Seins (Daseins im wahrsten Sinne des Wortes); es war vollkommen und unvernünftig, hoffnungslos flüchtig in seiner absoluten Sicherheit.
    Um sich die lästige Frage zu ersparen, wie er denn mit einer anderen Situation fertig werden sollte, verhielt sich Aleke so, als wäre natürlich jeder – einschließlich Bray – darüber froh, daß Shinza in die Schranken gewiesen worden war. Er fragte nach dem »Feuerwerk« in der Hauptstadt mit dem Lächeln eines Mannes, der weiß, daß

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