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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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ihnen ließen sie sich nieder.
    Aus dieser Wärme und Behaglichkeit heraus sagte Bray: »Das scheint ja blendend gelaufen zu sein. Aber mich beunruhigt das andere. Das von gestern nacht.« Es schien ein Akt der Grausamkeit, zu sprechen. Mwetas Augen zuckten. Er verschränkte seine Arme, um die entspannte Atmosphäre wiederzufinden. »Versteh ich nicht, James.«
    »Beunruhigt es dich nicht?«
    Das Flackern in Mwetas Augen hielt an. Lächelnd sagte er: »Du hast gehört, was ich dazu gesagt habe.«
    »Ach das. Das, was du sagen mußtest. Aber wie du darüber denkst? Den wahren Grund, weshalb du’s für notwendig gehalten hast? Ich bin nicht mit dem Vorsatz hergekommen, mit dir überhaupt darüber zu reden …«
    Mweta machte eine schnelle, wegwerfende Handbewegung; Bray war gekommen, um ihn zu sehen, weil er Bray war.
    »Nein – ich hatte einen Grund« – ein kleiner Tadel für sie beide lag darin – »ich hab da letzte Woche einen jungen Mann auf der Straße zu den Bashi mitgenommen. Später hörte ich, daß er in Gala beinahe drei Monate lang im Gefängnis war – er brauchte gar nicht erst auf dein neues Gesetz zu warten. Über
ihn
wollte ich mit dir reden, weil ich nicht wußte, ob du es wußtest, obwohl ich natürlich hätte voraussagen können, daß Onabu darüber informiert war, diese Art der Autorisierung – ich weiß nicht, wie ich das bezeichnen soll – kam von oben, von Onabu … Aberdas ist es ja gar nicht, worauf es ankommt. Ich meine, an sich kommt es sehr wohl ganz enorm darauf an, aber es gibt da noch etwas viel Wichtigeres, und der Junge, die Vorbeugehaft – die sind nur das Ergebnis.«
    Mweta sank in sich zusammen, die Arme noch immer verschränkt, vorgeneigt und mit der entschlossenen Aufmerksamkeit, die Bray so gut kannte. Einen Augenblick glättete sich sein Gesicht, so als wäre er noch einmal davongekommen, dann fing wieder das Flackern in seinen Augen an. Bray war sich dessen die ganze Zeit bewußt.
    »… Das ist es nicht, worauf es ankommt. Weil mir klar zu sein scheint, daß das, was mit dem Jungen passierte, das Gesetz zur Vorbeugehaft – beides ist unumgänglich, unverzichtbar, du kannst ohne das nicht auskommen, angesichts des Grundes, den du dafür hast …«
    Mweta unterbrach ihn schnell, aber mißtrauisch: »Ja, gute Gründe. Ich werde nicht tatenlos dastehen und zusehen, wie dieses Land durch Störenfriede ruiniert wird.«
    »Was bezeichnest du als Störenfriede, Mweta?«
    »Es gibt Leute, die in der Unabhängigkeit von Anfang an nichts anderes gesehen haben als eine Freikarte für alles. Schnapp dir, was du kriegen kannst … Die sind immer da. Man muß mit ihnen fertig werden. Du weißt das. Es gefällt mir nicht, aber ich muß es tun.«
    »Du bist hier besser dran als die meisten. Du hast eine gute Chance, den Leuten das zu geben, was ihnen fehlt.«
    Mweta sagte: »James, darum geht es nicht. Du könntest ihnen allen ein Haus mit elektrischem Licht und Posten geben, bei denen sie ihre Hände nicht schmutzig machen, und du hättest immer noch Ärger mit ein paar Leuten.«
    »Dann ist es etwas anderes, was die stört.«
    Mwetas Lächeln war ein kurzes Schnauben. »Da hast du ganz recht – was sie wollen, ist Macht. Jemand möchte Macht, und für so einen Menschen gibt es nur einen einzigen Weg, sie in die Hand zu kriegen. Er muß jeden armen Hund, der ihm zuhört,benützen, er muß sie aufwiegeln mit Reden, die sie nicht verstehen, bis sie schließlich bereitwilligst daran glauben, auch wir hätten sie reingelegt, und von da ist es nur mehr ein winziger Schritt, sie davon zu überzeugen, daß es überhaupt nichts mit ihren Unzulänglichkeiten und unseren Schwierigkeiten zu tun hat, wenn dieses Land kein Garten Eden ist. James – wir werden mit diesem jungen Gesindel reinen Tisch machen und ihren Hintermännern beweisen, daß es keinen Sinn hat. Du kannst mir glauben, ich will, daß es diese Haftsache nicht einen Tag länger gibt, sobald das erledigt ist.«
    Ein unruhiger Funke sprang zwischen ihnen wie in einem Feld statischer Elektrizität hin und her. »Es wird diesen ›einen Tag‹ nicht geben. Du wirst dieses Gesetz für alle Zeiten beibehalten müssen, solange du nichts gegen die Ursache unternimmst, weshalb du es überhaupt erst gebraucht hast. Und wenn du etwas dagegen unternimmst, dann müßtest du auch nicht damit ›fertig werden‹. So wie du jetzt damit fertig werden mußt – auf die Art und Weise, die dir gegen den Strich geht, Mweta …«
    Mweta wollte schon

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