Der Ehrengast
über seinen Damm zu berichten.«
»Joy sagt, er ist ohnehin nie vor drei im Bett.«
Neil fing an, nervös seinen Nacken zu kratzen. »Sollen wir Jennypenny und Curtis anrufen und sie dazu bringen, daß sie mit uns gemeinsam Nachtwache halten?« Vivien sagte sanft, weil Neil durch nichts aufzuhalten war, wenn er Gesellschaft brauchte: »Wir haben James seit Monaten nicht mehr gesehen, ich möchte mich mit James unterhalten. Rebecca schreibt, sie hat ein Haus ganz in deiner Nähe gefunden – dem Himmel sei Dank, daß sie aus dem Hotel raus ist. Ich finde wirklich, dein Aleke hätte dafür sorgen können, daß sie irgendwo wohnen kann, bevor er sie da hinaufholt. Was für ein Mensch ist das? Weißt du, die Sache mit Rebecca ist die: Die Leute nutzen sie einfach aus.« Sie wollte beruhigende Nachrichten von ihm.
Bray sagte: »Ein halbes Haus. Sie teilt es mit irgendwelchen Leuten …«, während Neil in der für ihn typischen Art kurz auflachte und herzlich sagte: »Arme, alte Becky im Busch. Wir müssen ihr unbedingt schreiben.«
»Aber Aleke – glaubst du, daß der in Ordnung ist?«
»Schatz, selbstverständlich wird er sich an sie ranmachen, falls du das meinst«, warf Neil ein. »Was erwartest du denn sonst? Sie hat diese Wirkung, unsere Becky.«
Wie um Becky gegen Aleke zu verteidigen, sagte Vivien: »Es ist nicht gerecht, daß sie diese Vorstellung irgendwie … sie ist genau das Gegenteil, wenn man sie wirklich kennt – sie fordert die Männer überhaupt nicht heraus. Sondern es ist einfach eine Art schrecklichen Mitgefühls …«
Neil sagte aggressiv: »Ach wirklich, nennt man das bei euch Frauen so?«
»Oh, ich weiß, dir paßt diese Vorstellung nicht. Daß ihr irgendwas an euch haben könntet.« Sie redete jetzt mit ihrem Mann; langsam begannen sie, Worte wie Steine aufzuheben. Bray schämte sich ein wenig seiner Beiläufigkeit, aber er fügte noch im gleichen Tonfall hinzu: »Für Aleke kann man gut arbeiten, stell ich mir vor. Ihre Kinder gehen jetzt in Gala in die Schule.«
Um Mitternacht erfüllte Mwetas Stimme das Zimmer. Sie saßen still da, wie träumend, sahen einander nicht an. Vivien preßte ihre rechte Hand seitlich gegen den Bauch, um die einzige Bewegung im Raum zu beruhigen. Mweta verkündete die sofortige Einführung eines Gesetzes zur Vorbeugehaft.
ES STAND ALLES da, abgedruckt in der Morgenzeitung. Als er las, hörte er Mwetas Stimme, als gälte sie ihm. Ohne die übliche parlamentarische Prozedur hatte man zu Notstandsverordnungen gegriffen, um das Gesetz auf der Stelle in Kraft treten zu lassen. Der Schritt sei »mit größtem Widerstreben getan worden«, aber »ohne den geringsten Zweifel an seiner Notwendigkeit«. »Ich würde das Volk betrügen, die heilige Verantwortung für seine Zukunft, handelte ich nicht rasch und ohne zu zögern … Gewisse Individuen haben begonnen, heimlich an den Fundamenten des Staates zu nagen, die das Volk mit seiner Arbeitskraft und Opferbereitschaft so fest gebaut hat. Gewisse Individuen sind außerstande, die Umwandlung persönlicher Ambitionen, kleinlicher Zielsetzungen, in das höhere Ziel der Sicherung des Friedens und des Fortschritts der Nation zu vollziehen – ein Ziel, dessen sich selbst die Geringsten unseres Volkes während der kurzen Zeitspanne, in der wir nun die Geschicke unseres Landes selbst lenken, würdig erwiesen haben. Gewisse Individuen sind bereit, das Allgemeinwohl ihren eigenen, niedrigen Ambitionen zu opfern. Es sind wenige, und sie sind schwach, und solange ihr euren Führern vertraut und sie unterstützt, habt ihr von ihnen nichts zu befürchten. Sie sind klein wie Ameisen. Aber sie sind auch gefräßig wie Ameisen; wenn wir nun sagen, oh, es sind doch nur einige wenige Ameisen, dann kann es eines Tages dazu kommen, daß wir aufwachen und feststellen müssen, daß der Boden unter all dem, was wir aufbauen, zusammenbricht. Wir müssen zu Mitteln greifen, die der Zersetzung in ihren Anfängen wehren, wir müssen handeln, solange wir noch Zeit haben, diese Leute dazu zu bringen, den begangenen Fehlern abzuschwören, und ihnen zeigen, wo ihr wahres Interesse – ebenso wie das eure und das meine – tatsächlich liegt …«
Die Zeitung brachte über fünf Spalten ein Bild von Mweta,das ihn lächelnd bei seiner Ankunft im Land vor ein paar Tagen in der Tür des Flugzeugs zeigte, und der Leitartikel strich – es gab keine Fragezeichen – heraus, daß es keinerlei Ursache zu Unruhe und Besorgnis gebe; der
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