Der Ehrengast
sich selbst zu machen?« (Er dachte: Rühre ich da an Eitelkeiten? Nein, Mweta weiß, daß er nicht in jenem Sinn gemacht zu werden brauchte, der Unzulänglichkeit impliziert.) »Weil er nicht den Willen hat zu führen, wirklich, er will es nicht. Er wollte es nicht. Nenn es eine Schwäche, eine Art Arroganz. Soll sich doch ein anderer da draußen mit der Menschenmenge herumschlagen.«
Mweta hatte die müde Halsstarrigkeit eines Menschen, derseinen eigenen Gedanken nachhängt. »An meiner Stelle hätte er genau das gleiche getan.«
»Wenn er bei dir wäre«, sagte Bray, »wenn ihr gemeinsame Sache machen würdet, Mweta … dann säßt ihr beide in einem Boot. Er würde die Dinge aus dieser Perspektive sehen, und das ist das einzige, worauf es ankommt. Macht führt zu Kompromissen«, fügte er mit verlegener Geste über eine solche Phrase hinzu. »Er hätte nicht so viel Feuer im Bauch, wenn er mit dir in diesem Haus am Tisch säße.«
Prüfend legte Mweta die Finger der einen Hand über die Knöchel der anderen und drückte sie. Bray sah plötzlich, daß er um Selbstbeherrschung rang, daß er irgendeinen zitternden Teil seiner selbst zusammenhielt. Ich habe ihn verletzt, ich habe ihn verletzt, schon weil ich die Existenz des anderen nur anerkannt habe. Sie konnten die Beziehung, in der sie zueinander gestanden hatten, nicht ändern, er – Bray – und Mweta; er braucht unbedingt Bestätigung von mir, das ist meine alte Rolle. Alles andere ist Verrat. Es war dumm; und Mweta war es nicht. Aber der Junge auf dem Fahrrad; wenn Mweta mit mir beisammen ist, ist er immer der Junge auf dem Fahrrad. Der
Präsident
erwartet von mir Liebe und Bestätigung – unabhängig von Fakten. Wenn es um uns beide geht.
Brays Abneigung gegenüber den arroganten nackten Füßen, der Zigarre im Zentrum des zahnlückigen Grinsens inmitten des dichten Bartes wurde stärker. Er sagte: »Wenn ich du wäre, würde ich Shinza kommen lassen. Jetzt.«
Mwetas Stimme brach sein eigenes Schweigen. »Aber du lehnst die Vorbeugehaft ab. Wenn Shinza zu mir stieße, würden wir sie beide unterstützen.« Er stieß ein kaltes und herablassendes Lachen hervor.
»Sie wäre überflüssig.«
Mweta beobachtete die große Gestalt, die er so gut kannte, so als suchte er eine Stelle, an der sie verwundbar wäre. »Glaubst du wirklich? Und was ist mit Shinzas Anhängerschaft? Würde sie ihm folgen? – Sie wäre nicht überflüssig.« Er stand auf undging um den Tisch herum, wobei er einen Blick auf die Papiere auf ihm warf, so als handelte es sich um halb wiedererkannte Gesichter, die nur darauf warteten, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen; wandte sich abrupt ab, kam herüber und stellte sich neben Brays Stuhl. »Ich habe keine Botschaft für Shinza«, sagte er.
»Ich bin kein Bote.«
»Aber das Beste, was du tun kannst, ist, ihm begreiflich zu machen, daß das, was er tut, sinnlos ist. Er wird es nicht schaffen, egal, was er sich vorgenommen hat. Er macht einen Narren aus sich. Oder etwas noch Schlimmeres. Wirklich, James, wenn du dir wegen Shinza Sorgen machst, dann sag ihm, er soll aufhören, und ermunter ihn nicht.«
Es war ein Schlag. »Ermuntern?«
»Wie du gesagt hast, die Freundschaft aus der guten alten Zeit und so weiter.«
»Das hab ich nicht gesagt, Mweta«, sagte Bray sanft. »Und die Vergangenheit – nun, die ist, was sie ist. Ihr beide, du und Shinza, das ist jetzt eine Sache des Staates, und ich kann an ihr keinen Anteil haben. Ich kann dir bloß sagen, was ich über euch beide denke; aber das ist auch schon alles. Was ich denke, was ich glaube, ganz intensiv glaube.«
»Schon gut. Schon gut. Trotzdem, wenn du ihn siehst, dann erzähl
ihm
, was du denkst.«
Bray sagte: »Möchtest du nicht, daß ich Shinza treffe?«
Traurig, aber gleichzeitig mit einer Portion politischen Geschicks sagte Mweta: »James, ich würde dir nie im Leben vorschreiben, was du zu tun hast. Guter Gott.«
Aber ich sollte es wissen – was ich zu tun habe. »Ich bin dein Gast hier.«
Mweta sagte bewegt: »Du bist daheim.«
Bray sagte: »Was passiert, wenn der Parteikongreß zusammentritt. Nächsten Monat?«
Mweta war noch immer der Vorsitzende der PIP , und Shinza war, als Distriktsvorsitzender, im Vorstand.
»Wir werden einander treffen. Wenn er kommt.«
»Wie meinst du das?«
Mweta ließ eine Sekunde verstreichen und sagte dann: »Neuerdings ist er nicht immer an seinem Platz. Wie ich höre.«
»Aber zum Kongreß würde er selbstverständlich
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