Der Eid der Heilerin
gleich da, mein Liebes.«
Er ging weiter und öffnete gleich darauf eine weitere kleine Tür, die in seine Privatgemächer führte. Sie waren allein. Das Feuer in einem großen Kamin in der Ecke verströmte sein weiches Licht. Auf einem Tisch standen eine große Silberkaraffe mit Wein und zwei goldene Becher sowie Speisen für mindestens zehn Personen. An den Wänden hingen Gobelins, und auf dem Dielenboden lag ein riesiger Teppich, der wie ein mit dunklen, kostbaren Edelsteinen gefüllter Teich schimmerte.
Der König zog seinen Mantel von Annes Schultern und warf ihn neben das Bett, auf dem im gedämpften Licht schneeweiße Laken und eine Hermelindecke zu erkennen waren. Dann führte er Anne zum Feuer. »Komm, wärme dich auf. Iss etwas. Du brauchst keine Angst zu haben.«
Wie im Traum - vielleicht wachte sie gleich auf und stellte fest, dass es Morgen war? - trat sie vors Feuer und wärmte ihre Hände.
»Woran denkst du?«, fragte er leise.
Sie blickte zu ihm auf. Er stand neben ihr, gegen den verzierten Kaminsims gelehnt, berührte sie jedoch nicht. »Oh, Sire, ich denke an seltsame und schreckliche Dinge«, seufzte sie.
»Bist du aus freien Stücken hergekommen?«
Sie starrte in die glühenden Kohlen und überlegte, was sie antworten sollte, ehe sie furchtlos zu ihm aufsah. »Ja. Gott vergebe mir.«
Er runzelte kurz die Stirn, dann streckte er die Hand aus und berührte zärtlich ihren Schleier. Sacht suchte er die Nadeln, mit denen er an ihrem Haar befestigt war, und zog sie eine nach der anderen heraus. Das duftige Gewebe schwebte zu Boden. Dann wandte er sich ihrem Haar zu und löste die dicken, aufgerollten Strähnen.
»Schüttle den Kopf«, bat er mit belegter Stimme. Zögernd gehorchte sie, worauf die kräftigen, glänzenden Strähnen bis über ihre Hüften fielen. Der Schein des Feuers zauberte tiefrote und goldene Reflexe in ihr dunkles Haar. Es war völlig still, nur der Regen schlug gegen die Fenster. Sie sahen einander an.
»Seit jenem Tag in der Abtei wollte ich dich berühren, dich so sehen wie jetzt.«
»Ihr erinnert Euch daran?« Die Vorstellung, dass sie einander schon vor über einem Jahr begehrt hatten, berührte sie zutiefst.
»Komm her.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu. Es war, als überschritte sie eine Grenze, von der es kein Zurück mehr gab.
Behutsam nahm er eine Strähne ihres Haares und vergrub sein Gesicht darin. Er schloss die Augen und sog tief ihren Duft ein. »Seide. Lebendige Seide.«
Sie kicherte, und er grinste über seine gekünstelten Worte.
Doch dann zog er mit dem Finger die Konturen ihrer Wangen nach, strich über ihre Lippen und musterte sie ernst. »Ich möchte mehr«, flüsterte er. »Ich will ...« Er zog sie an sich, und sie wehrte sich nicht. Seine Augen leuchteten im Schein des Feuers. »Ich will dein Herz und deine Seele. Und deinen Körper.«
Plötzlich empfand sie Hilflosigkeit und Furcht vor der Stärke ihrer eigenen Gefühle und wagte nicht, seinen Blick zu erwidern. Er lachte kehlig und begann, ihr Kleid am Rücken aufzuschnüren. Dann hob er sie auf seine Arme, als wäre sie leicht wie eine Feder, und trug sie zum Bett hinüber. Doch bevor er sie niederlegte, presste er seine Lippen auf ihren Mund. Sie war wie berauscht und bemerkte kaum, wie er sie auf einen Berg von Kissen bettete, ihr das Kleid von den Schultern streifte und ihre Brüste entblößte. Reflexartig setzte sie sich auf und verschränkte errötend die Arme vor der Brust.
Diese keusche Geste erregte ihn nur noch mehr, aber geduldig beugte er sich hinab und küsste zärtlich erst ihren Hals, dann die Vertiefungen an ihrem Schlüsselbein. Er spürte, wie sich ihre Arme langsam entspannten, zaghaft nach oben wanderten und sich um seinen Hals schlangen, so dass er ihre nackten, weichen Brüste spüren konnte.
Vorsichtig, um ihre Umarmung nicht zu stören, setzte er sich neben sie aufs Bett. Eine Hand legte er auf ihre Hüfte, mit der anderen fuhr er leicht an ihrem Rückgrat entlang und streichelte ihre glatte, schimmernde Haut. Sie atmete heftiger und erwiderte seine Küsse voller Leidenschaft. Er knüpfte das letzte Band an ihrem Kleid auf. »Lass mich dich ansehen.« Er lehnte sich zurück und sah ihr lächelnd in die Augen, ließ seinen Blick aber bewusst nicht weiter nach unten wandern.
Wieder wurden ihr Gesicht und ihr Hals - und, da war er sich ganz sicher, auch ihre Brüste - von einer flammenden Röte überzogen. Doch dann nickte sie kaum merklich, und er gestattet
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