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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Posie Graeme-evans
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Füßen den restlichen Weg zur Schlafstube zurück. Doch in ihrem Inneren tobte ein Durcheinander aus wirren, erschreckenden Bildern.
    Sie war eine Kokotte, ein liederliches Luder. Eine andere Erklärung gab es für ihr Verhalten nicht. Gewiss, rein technisch gesehen war sie immer noch Jungfrau, aber was hieß das schon? Mit dem Herzen hatte sie den König genauso begehrt wie er sie. Und Gott allein wusste, dass sie ihn noch immer begehrte. Wären sie nicht unterbrochen worden, wäre sie inzwischen unwiderruflich seine Hure, seine Geliebte.
    Edward jedoch hatte keinen Gedanken mehr für Anne. Als er zornig die Tür zu seinem Zimmer aufriss, böse Beschimpfungen für den Störenfried auf den Lippen, stand William Hastings gestiefelt und gespornt und mit dem Schwert an der Seite vor ihm.
    Brüsk schob er sich an dem nackten König vorbei ins Zimmer, ohne auch nur ein Wort der Entschuldigung vorzubringen. »Sie sind fort.«
    »Wer?« Edwards Instinkt als Kriegsherr ließ ihn die Antwort bereits ahnen.
    »Warwick. Und Clarence.«
    »Wann? Davis!« Er musste sich ankleiden. Wo waren seine Kleider? Davis, der Kammerdiener, kam ins Zimmer gelaufen und trug, stets vorausschauend, über dem einen Arm ein frisches Leinenhemd, über dem anderen eine Hose. Der König zog sich in Windeseile an und fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste Haar, während Hastings ihn auf den Stand der Dinge brachte.
    »Gleich nach dem Fest. Er hat heimlich gepackt, Warwicks Leute zusammengetrommelt und ist abgereist. Er muss es geplant haben.« Während er sprach, registrierte Hastings, dass der König Besuch gehabt hatte. Neben dem Feuer lag ein rotes Band, und am Bett stand halb versteckt ein Paar zierlicher, edler Lederpantoffeln. Er seufzte. Edward war ein bemerkenswerter junger Mann und ein guter Kämpfer. Er hatte das Zeug, ein großer König zu werden. Doch manchmal fand selbst Hastings, dass die Vorliebe des Königs für Bettgeschichten etwas Besessenes an sich hatte.
    Auch Edward bemerkte beim Ankleiden, dass Anne geflohen war, was ihn froh und gleichzeitig traurig machte. Er wusste, dass sie ihn ebenso leidenschaftlich begehrt hatte wie er sie, aber es hatte ihn eine Menge Geduld gekostet, sie an diesen Punkt zu bringen. Doch wenn er die Zeit fand, wollte er es gern wieder versuchen. Nun jedoch wartete Arbeit auf ihn. »Wisst Ihr, wohin sie gegangen sind?«
    »Sie haben die Straße nach Norden genommen, Sire.«
    »Nun gut, wir müssen meinen elenden Bruder finden und ihn zurückholen. Und all das nur, weil ich gesagt habe, er dürfe Isabelle nicht heiraten. Noch etwas, Hastings ...«
    »Ja, Sire?«
    »Warwick. Diesmal ist er zu weit gegangen.«

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    Kapitel 25
    Die Königin fühlte sich wieder besser. Sie hatte die Stürme der vergangenen Nacht verschlafen und war nun entschlossen, die Aufmerksamkeit ihres Mannes wieder einzufordern. Edward war von so strotzender Vitalität, dass ihn körperliche Schwäche bei anderen mit Ungeduld erfüllte. Deshalb musste ihrem Erscheinungsbild an diesem strahlenden, frischen Wintermorgen besondere Sorgfalt gewidmet werden. Die Königin verlangte absolute Vollkommenheit, und keine ihrer Dienerinnen - ob von hohem oder niederem Stand - wurde von ihren Beschimpfungen verschont.
    Für diesen Tag war eine ungewöhnliche Vergnügung geplant. Der König hatte angeordnet, statt der Hauptmahlzeit, die gewöhnlich im großen Saal eingenommen wurde, nach der Messe ein winterliches Picknick abzuhalten. Bei dieser Gelegenheit konnten sich die mutigsten Mitglieder des Hofes im Eislaufen versuchen, einem neuen Zeitvertreib, bei dem man mithilfe gespaltener Schienbeinknochen von Rindern, die an den Schuhen befestigt wurden, über eine Eisfläche schlitterte. Der König hatte dieses Vergnügen als Knabe in Brügge kennen gelernt.
    Elizabeth verwarf ein Kleid nach dem anderen. Langsam wurde die Zeit knapp und die Stimmung immer angespannter. Sie wollte den neuen Spaß in einem möglichst schmeichelhaften Gewand erlernen. »Das rote Samtkleid mit der Biberstola, Euer Majestät? Das wäre etwas ganz Besonderes.«
    »Du bist eine Närrin, Jehanne. Ich bin viel zu dick geworden.« Die Königin betrachtete sich ungehalten im Spiegel, worauf ihre Hofdamen sich beeilten, sie zu besänftigen.
    »Dick? Aber nein, Majestät!«
    »... eine Taille wie eine Wespe ...«
    »... die Farbe steht Euch besonders gut...«
    »Genug! Ich werde dieses Kleid nicht tragen. Der Stoff ist verschlissen. Sieh doch, hier - und hier.«

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