Der Eid der Heilerin
mit ihm zurückreiten ...« Die Worte kamen so glatt und höflich heraus, dass niemand außer Warwick ihren scharfen Unterton vernahm. »Ich dachte, George und ich sollten das Turnier ebenfalls besprechen.«
Der Graf lachte, aber sein Lachen klang rau. »Nun, Herr, ich habe Neuigkeiten, die Euch beunruhigen mögen. Euer Bruder ist nicht wohlauf. Ich bedaure, schlechte Kunde überbringen zu müssen, aber ... so ist es leider.«
Der König gestattete sich den Anflug einer sorgenvollen Miene. »Mein armer Bruder - was fehlt ihm? Was sagen die Ärzte?«
»Wenig, in diesem frühen Stadium, aber sie sind natürlich zuversichtlich, dass er sich bald wieder erholt. Er schwitzt und hat abwechselnd Fieber und Schüttelfrost, aber es ist nicht das Schweißfieber, sagen die Ärzte. Ich habe ihm meine Privatgemächer überlassen. Natürlich muss er hier bleiben, bis er vollständig genesen ist. Meine Frau und Isabelle pflegen ihn aufopfernd«, antwortete Warwick unbehaglich.
Der König strahlte übers ganze Gesicht. »Wie schön, dass Lady Warwick so schnell wieder genesen ist, und Isabelle - wie reizend und selbstlos von den beiden Damen. Ihr habt die Gesundheit Eurer Familie aufs Spiel gesetzt, um George zu helfen ... ihm das Leben zu retten. Das werde ich Euch nicht vergessen.«
Warwicks Lächeln war zu einer Maske erstarrt. William rettete die Situation. »Lord Warwick, unser Herr wäre gewiss erfreut, den Herzog von Clarence aufzusuchen«, erklärte er und wandte sich an Edward. »Sire, solltet Ihr genug gegessen haben, um die nördliche Kälte dieses frischen Morgens auszutreiben, wollt Ihr vielleicht.,.?«
Der König sprang auf, und Warwick folgte ihm auf dem Fuß. »Lasst uns gemeinsam den Kranken besuchen. Uns bleibt wenig Zeit, bevor wir uns auf den Rückweg machen müssen.«
Als der König mit seinem Gastgeber hinauseilte, erhoben sich Warwicks Leute von ihren Plätzen. Keinem entgingen die grimmigen Mienen der königlichen Mannen - und der Männer, die Warwick begleiteten.
Auf dem Weg zu den Privatgemächern wurde kein Wort gesprochen. Nach wenigen Minuten hatte die Gesellschaft die Treppe erklommen und stand vor der eisenbeschlagenen Tür zu Warwicks Schlafgemach. Warwick öffnete die Tür und gab den Blick auf das im fahlen Winterlicht liegende Zimmer frei, wo Clarence mit geröteten Wangen auf Kissen gebettet lag.
Isabelle und ihre Mutter, die Herzogin von Warwick, fielen beinahe in Ohnmacht, als sie den König im Türrahmen stehen sahen. »Nun, Bruder, Lord Warwick hat also die Wahrheit gesprochen. Was fehlt dir?« Die Miene des Königs wurde für einen Augenblick weich. George mochte ein missgünstiger und unbeherrschter Mensch sein, doch als Kinder hatten sie einander nahe gestanden.
»Nichts, Bruder, jetzt, da Ihr hier seid.« Bei den letzten Worten wurde George vom Husten geschüttelt, was ihnen die Ironie raubte. Dennoch lächelte der König. George war immer schon ein witziger Kerl gewesen.
»Ich wollte das Turnier mit dir besprechen, Bruder, aber ich sehe, du bist mit anderen Dingen beschäftigt.« Er warf einen Blick auf Isabelle, die neben ihrer Mutter stand. Für ihre vierzehn Jahre war sie ausnehmend hübsch und zudem äußerst gut ausgestattet. Edward konnte verstehen, dass sein Bruder sie begehrte. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Wie praktisch wäre es für George, eine Frau zu haben, die begehrenswert und reich war. Aber das würde er niemals zulassen - nicht, solange er König war.
»Graf Warwick, wir haben Eure Gastfreundschaft schon viel zu lange strapaziert. Vor allem George. Komm, Bruder, ich bringe dich zurück nach London, dort kannst du in deinem eigenen Bett wieder gesund werden.«
Edward wusste, dass Überrumpelung seine einzige Waffe war. Dies und Richards fünfhundert Mann, die angeblich auf der anderen Seite des Hügels auf die Rückkehr der »Jagdgesellschaft« warteten. Diese Information hatte er während des Festmahls scheinbar beiläufig fallen lassen.
Trotzdem war es allein Edwards starkem Willen zu verdanken, dass sie Warwick Castle unbehelligt verlassen konnten, denn kaum hatte der König befohlen, dass sein Bruder angekleidet werde, entstand eine beträchtliche Unruhe. Warwick blieb nichts anderes übrig, als seine Hilfe anzubieten. Edward die Stirn zu bieten hätte einen offenen Bruch bedeutet - und womöglich einen Kampf bis aufs Messer, da er davon ausgehen musste, von den Männern des Königs umzingelt zu sein. Es war Warwick bitter aufgestoßen, als er
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