Der Eid der Heilerin
überlassen werden.
Viertens. Dass das Gut mit Namen Herrard Great Hall einschließlich der dazugehörigen Ländereien, Fischteiche und Brunnen sowie sämtliche damit verbundenen Rechte, Güter,
Leibeigenen und Vieh, vormals Eigentum der Krone, dem Besitztum besagter Lady vermacht werde, dass es das ihre sei und das ihrer Nachkommenschaft auf alle Zeit. Dies alles soll gemäß meinem Wunsche und mit größter Eile getan werden.
Henricus Sixtus. König von Gottes Gnaden
An diesen Brief war ein zweites Schriftstück gefügt. Es enthielt nur wenige Sätze, die jedoch von enormer Bedeutung waren. Auch sie waren auf Englisch abgefasst.
Wir, Henry der Sechste geheißen, bekennen uns und erklären hiermit, dass das Kind, das Lady Alyce de Bohun derzeit austrägt, unser rechtmäßiger Nachkomme ist. Somit wird das Kind als unser leibliches Kind geboren und als solches stets von uns geliebt werden. Es ist zudem unser Wunsch und Wille, dass besagtes Kind und seine Mutter, besagte Lady Alyce de Bohun, mit dem Besitztum ausgestattet werde, wie hiermit in gesondertem Schriftstück niedergelegt, auf dass sie und ihre Kinder und Kindeskinder auf alle Zeit ein rechtes Auskommen haben.
Von unserer Hand niedergeschrieben, unterzeichnet und gesiegelt am siebzehnten August 1450 anno domini im Palast von Westminster.
Alles passte zusammen. Die Schriftrollen und auch die von Jehanne und Deborah vorgelegten Beweisstücke bewiesen, dass Anne die Tochter von Alyce de Bohun war. Mit ihrer Hilfe würde sich ermitteln lassen, wann und unter welchen Umständen sie zur Welt gekommen war. Sie hatte Anspruch auf die in dem Brief erwähnten Besitztümer, und darüber hinaus war es ihr Recht, als leibliche Tochter König Henrys VI. anerkannt zu werden.
Mathew war klar, dass das Dokument in seinen Händen aus der Feder eines verzweifelten Mannes stammte. Henry musste geglaubt haben, er könnte die Mutter schützen, wenn er sein uneheliches Kind anerkannte und versorgte. Die Königin jedoch hatte davon erfahren, und mit der Unterzeichnung des Briefes hatte er unbeabsichtigt Alyces Todesurteil unterschrieben.
Nun war endgültig die Zeit gekommen, sich zu entscheiden, welchen Weg er einschlagen wollte. Intuitiv hatte er seit seiner Begegnung mit Anne in Windsor gespürt, dass er mit ihr einen Trumpf in der Hand hielt, der sehr überlegt ausgespielt werden musste. Aber ein Trumpf war sie in jedem Fall, die Frage war nur, wann er seinen nächsten Zug machen sollte. Jeder Tag konnte entscheidend sein, denn die Ereignisse überschlugen sich, falls die Nachrichten, die er von seinen Informanten aus Westminster erhalten hatte, der Wahrheit entsprachen. Er hatte gehört, der König sei ein oder zwei Tage zuvor mit seiner berittenen Garde verschwunden - angeblich zum Jagen. Aber Mathew war einer der wenigen, die von den Hochzeitsvorbereitungen auf Warwick Castle Kenntnis hatten. Wenn Edward zu spät dort eintraf, welche Bedeutung hatte Anne dann noch?
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Kapitel 37
Vier Tage waren vergangen, seit Edward den erschöpften Boten auf Westminster empfangen hatte, und obwohl er und seine Reitergarde bemerkenswert schnell vorangekommen waren, sagte ihnen die Vernunft, dass sie die Heirat von Clarence und Isabelle von Warwick nicht mehr würden verhindern können.
An diesem kalten Morgen saßen der König und sein jüngster Bruder, der hitzige, dunkelhaarige Richard, Herzog von Gloucester, auf ihren erschöpften, lehmbespritzten Pferden und sahen durch das fahle Dämmerlicht auf Warwick Castle hinab. Das Schloss machte einen verlassenen Eindruck, nur eine Hand voll Männer patrouillierte auf der Festungsmauer. Verdutzt sah Edward seinen Bruder an.
»Wo sind sie hin?«
Richard runzelte die Stirn. Seine Spione hatten berichtet, Warwick habe tausend Mann in der benachbarten Stadt zusammengezogen. Dass nun kaum jemand im Schloss aus- und einging, war höchst seltsam. »Meine Informanten sind zuverlässig, Edward. George ist da drin, das verspreche ich dir.«
Edward trieb sein Pferd ein paar Schritte weiter und ließ den Blick über das klobige, graue Gebäude schweifen. »Nun gut, Freunde. Es soll uns eine Ehre sein - hinein mit uns!«, rief er.
Damit schlug er seinen Mantel zurück und riss sich die Kapuze vom Kopf. Im spärlichen Licht des Morgens machte er eine prächtige Figur. Unter einem blau und golden gemusterten Samtumhang mit den Leoparden von England und den Lilien von Frankreich im Wappengeviert blitzte ein glänzendes Kettenhemd.
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