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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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de Valverde zum Heer der Fahrenden Ritter. Dies waren meist jüngere Söhne aus Adelsfamilien, die mit keinen größeren Zuwendungen ihres Elternhauses zu rechnen hatten als einer Rüstung und einem Pferd. Damit zogen sie von Turnier zu Turnier und versuchten, Burgherren und ihre Damen auf sich aufmerksam zu machen. Gelang ihnen das, so fanden sie Aufnahme an ihren Höfen, halfen bei der Verteidigung der Burg und konnten sich besonders in Fehden so unentbehrlich machen, dass ihnen der Territorialherr irgendwann ein Lehen verlieh. Erst dann durften sie an Heirat und Familiengründung denken. Die weitaus meisten von ihnen erreichten das Ziel jedoch nie.
    Gisela rechnete damit, Frau Jutta in der Runde ihrer Damen und Minneherren anzutreffen. Am Nachmittag saß sie gern mit einer Stickerei im Garten oder am Feuer und lauschte den Darbietungen der jungen und alten Troubadoure – Walther von der Vogelweide weilte nach wie vor am Hofe, aber Frau Jutta förderte ebenso junge Talente. Sie empfingzudem Dichter an ihrem Hof und bot ihnen Obdach und Speise, während sie Oden und Heldenlieder verfassten. Am Minnehof war jeder willkommen, dessen Talente Zerstreuung versprachen.
    Doch an diesem Tag erwartete Jutta von Meißen Gisela allein in ihrer Kemenate. Die Herrin saß stickend am Kamin, den die Diener wohl gerade erst entzündet hatten. Zurzeit herrschte Frühjahr, und es war ein sonniger Tag gewesen, aber jetzt, gegen Abend, wurde es kühl. Vor Frau Jutta stand ein Pokal edlen Weines, und sie schenkte auch Gisela ein, nachdem sie ihr geboten hatte, neben ihr Platz zu nehmen.
    Gisela entschuldigte sich für die Verspätung, aber die Markgräfin winkte lächelnd ab. »Ich hörte, du warst mit Otto und Hedwig reiten … ach, die Kinder werden dich vermissen!«
    »Vermissen?«, fragte Gisela verwundert. »Aber ich gehe doch nicht weg!« Sie begann, sich unwohl zu fühlen.
    »Ich fürchte, doch.« Frau Jutta nahm einen Schluck von ihrem Wein. »Ich habe dich aus einem besonderen Anlass zu mir gebeten, Gisela«, sagte sie freundlich. »Heute Morgen empfing ich ein Schreiben deines Vaters …«
    Gisela blickte alarmiert auf. »Sind alle wohlauf in meiner Familie?«, erkundigte sie sich hastig.
    Die Markgräfin nickte. »O ja, ich wollte dich nicht ängstigen. Dein Vater und deine Brüder sind bei guter Gesundheit. Es ist nur so, dass … Gisela, dein Vater hat dich einem … Freund anverlobt. Er wünscht, dass du nach Hause zurückkehrst, um mit ihm die Ehe zu schließen.«
    Tatsächlich hatte Friedrich von Bärbach den Ausdruck »alter Freund« gewählt, aber Jutta wusste nicht recht, wie sie das zu deuten hatte. Und sie wollte ihre Ziehtochter nicht beunruhigen.
    Das Mädchen war jedoch weit davon entfernt, sich Sorgen zu machen. Tatsächlich leuchteten Giselas Augen auf.
    »Wirklich, Frau Jutta? Im Ernst? Ich soll heiraten? Aber … aber ich bin erst vierzehn!«
    Jutta nickte wieder. »Das stimmt, Kind, und ich hätte dich gern noch ein oder zwei Jahre bei mir behalten. Schon, um den höfischen Schliff zu vervollkommnen, der dich zu einer der begehrtesten Partien des Rheinlandes hätte machen können. Aber dein Herr Vater …«
    Friedrich von Bärbach hatte in seinem Brief deutlich gemacht, dass höfischer Schliff ihm nicht allzu viel bedeutete. Und dem Bewerber um die Hand seiner Tochter schon gar nicht. Jutta kannte ihn nicht, allerdings hatte sie Ritter aus seiner Familie zu Gast gehabt. Durch höfische Tugenden hatten sie sich durchweg nicht ausgezeichnet.
    »Wer ist es denn eigentlich?«, fragte Gisela begehrlich und spielte aufgeregt mit den Bändern an ihrem Kleid.
    »Ein Herr von Guntheim«, gab Jutta fast widerstrebend Auskunft. »Odwin …«
    Gisela dachte nach, angestrengt die Stirn runzelnd. Erst nach einiger Zeit kam sie zu einem Ergebnis. »Ach ja, an den alten Guntheimer, so sagten wir immer, erinnere ich mich. Er kam zum Trinken in die Halle meines Vaters. Dessen Sohn also … hm … Seltsam, ich dachte, der hieße Wolfram … Aber der Guntheimer war eigentlich nett. Und früher wohl ein anerkannter Ritter. Sein Sohn ist sicher auch ein guter Kämpfer. Habt Ihr je von ihm gehört?«
    Jutta schüttelte den Kopf. Das musste allerdings nichts bedeuten. Nur wenige Erben großer Güter schlugen sich im Turnier, erst recht nicht so weit entfernt von ihrem Lehen. Allenfalls bestritten sie Schaukämpfe auf ihren eigenen Burgen, und da sprach sich ein Sieg nicht unbedingt herum. Schon deshalb nicht, weil die Fahrenden

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