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Der Einbruch des Meeres

Der Einbruch des Meeres

Titel: Der Einbruch des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Meere mit den Bergen aus, und unsre Mutter Erde würde zu einer hübsch ebenen, polierten Kugel, wie ein Straußenei, so daß sich auf bequemste Weise überall Eisenbahnen herstellen ließen!«
    Aus dem Vorliegenden leuchtet zwar ein, daß der Ingenieur und der Offizier während der mehrwöchentlichen Reise durch das Djerid die Dinge niemals unter demselben Gesichtswinkel betrachten würden… gute Freunde blieben sie aber jedenfalls trotz dieses Zwiespaltes.
    Der Zug durch die Oase von Gabes führte mitten durch eine reizende Landschaft. Hier gedeihen zwischen dem Seesande und den Dünen der Wüste die verschiedensten Vertreter der afrikanischen Flora. Die Botaniker haben in der Oase allein fünfhundertdreiundsechzig Pflanzenarten gefunden. Die Bewohner dieser gesegneten Oase haben sich wahrlich nicht zu beklagen: die Natur hat hier die reichsten Schätze vor ihnen ausgebreitet. Kommen da auch Bananen, Maulbeerbäume und Zuckerrohr nur weniger vor, so gibt es dafür einen Überfluß von Feigen-, Mandel-und Orangenbäumen, die unter dem hohen Laubdache von Dattelpalmen prächtig gedeihen, abgesehen von den reichen Rebenhügeln und den Gerstenfeldern, die sich über Sehweite hinaus ausdehnen. Das Djerid, das Land der Datteln, hat über eine Million dieser Bäume und davon wohl hundertfünfzig Arten. Ihre Früchte, darunter die »Licht-Dattel« – eine mit durchscheinendem Fleische – gedeiht in der Oase Gabes, dank der Feuchtigkeit infolge der Nähe des Meeres, sogar vorzüglicher als anderswo.
    Jenseits der Grenzen dieser Oase betrat die kleine Karawane aber die dürren Strecken des Uferhöhenzugs, die das Bett des neuen Kanals durchschnitt. Hier hatte dessen Aushebung tausende von tätigen Armen beansprucht.
    Trotz der vielen Schwierigkeiten hatten die Arbeiter jedoch die vorliegende Aufgabe glücklich zu Ende geführt, und die
Compagnie franco-étrangère
hatte für vierzig Centimes Taglohn stets so viele Araber einstellen können, wie sie brauchte. Nur die Stämme der Targui und einzelne andre, die am Rande der Sebkhas umherschweiften, hatten davon abgesehen, sich an der Herstellung des Kanals zu beteiligen.
    Unterwegs machte sich von Schaller Notizen über die Sachlage. Da war an der Böschung der Ufer des Kanales und auch in dessen Bette noch manche Nachhilfe nötig, den berechneten Fall herauszubringen, um eine hinreichende Zuströmung zu sichern, »genug Zufluß – wie schon Roudaire ausgesprochen hatte – die Wasserbecken zu füllen und sie durch Ersatz der verdunstenden Wassermenge immer in gleichem Niveau zu erhalten«. Dieser Fall war für den Kilometer auf fünf Zentimeter berechnet worden; da der Kanal bis Rharsa nun hundertneunzig Kilometer Länge bekommen sollte, betrug der Fall über neun Meter, und da seine Tiefe an der Uferhöhe von Gabes bis sechs Meter unter den Meeresspiegel reichte, mußte das Bett bis zu jenem Schott fünfzehn Meter tief ausgehoben werden.
    »Diese von Roudaire angegebenen Bestimmungen, sagte der Ingenieur, sind überall ohne Überschreitung eingehalten worden, und das ist auch recht gut in Hinsicht auf den beweglichen Boden, den der Kanal durchschneidet.
    – Welche Breite sollte er denn ursprünglich bekommen? fragte der Kapitän Hardigan.
    – Durchschnittlich nur fünfundzwanzig bis dreißig Meter, antwortete von Schaller, und er sollte so angelegt werden, daß eine weitere Verbreitung durch die Strömung des Wassers von selbst erfolgen konnte. Doch hat man es trotz der größern Arbeit und der höhern Kosten, die es verursachte, für geboten erachtet, ihm die Breite von neunzig Metern zu geben, wie Sie heute sehen.
    – Das geschah jedenfalls, um die zur Anfüllung der Schotts von Rharsa und Melrir notwendige Zeit abzukürzen?
    – Gewiß, und ich wiederhole Ihnen, wir rechnen noch immer darauf, daß die Strömung Sand von den Seitenwänden wegspült, so daß ein noch größerer Wasserzufluß stattfinden kann.
    – Ja, warf der Kapitän Hardigan ein, anfänglich sprach man doch wohl von zehn Jahren, die die Anfüllung des Saharameeres bis zu seinem bleibenden Niveau dauern würde?
    – Freilich… das weiß ich recht wohl, erwiderte von Schaller, und man behauptete obendrein, daß das Wasser auf seinem Weg durch den Kanal verdunsten und kein Tropfen davon nach dem Schott Rharsa gelangen würde. Meiner Ansicht nach hätte man aber sogar besser getan, die zuerst geplante Breite beizubehalten, und dafür eine schnellere Strömung des Kanalwassers, mindestens im ersten

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