Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)
sei.
Die Wahrheit, antwortetet Daniel, ich will die Wahrheit wissen, die Wahrheit über Fil, den Grund, warum Ela mit ihm gebrochen hat.
Beule dreht sich um, lässt aber die Wohnungstür offen stehen, tappt in die Küche. Langsam, ungeschickt, mit verklebten Augen setzt er Kaffee auf.
Setz dich, sagt er.
Also stimmt es? entgegnet Daniel.
Stimmt was?
Dass er sie missbraucht hat.
Missbraucht? Wen?
Beule lacht auf, sichtlich genervt, klappt das Fenster auf, dreht sich eine erste Zigarette; kurz nach halb sieben.
Dem, sagt Daniel, Demiana.
Ich kenne keine Dem, erwidert der Freund des Vaters, und fügt dann hinzu: komischer Name, noch komischer als Kotze oder Vollrausch.
Sie kommt aus Ägypten, referiert Daniel, ihre Familie kommt von dort, sie war von zu Hause abgehauen, Ela war eine Zeitlang ihre Sozialarbeiterin.
Und wieso glaube Daniel, dass Fil etwas mit dieser Frau gehabt habe?
Er selbst sei darauf gekommen, antwortet Daniel, die Puzzlestücke hätten sich zusammengesetzt, er sei sich ziemlich sicher. Es müsse '99 gewesen sein, kurz bevor Ela nach Rumänien zurückgegangen sei, Dem sei 17 oder 18 gewesen.
Die Kaffeemaschine fängt zu zischen an, Beule setzt sich, puhlt sich im Ohr, verdreht die Augen. Das würde er wissen, wenn es so eine Geschichte gegeben hätte, würde er es wissen. Dem, Dem – idiotischer Name.
Aber was war es dann? fragt Daniel, erleichtert, weil er nun doch nicht auf diese Weise durch den Vater hindurchgegangen ist, peinlich berührt, weil er sich genau das eingeredet hat, warum hat sich Ela dann mit Fil überworfen?
Beule seufzt, eine Beziehungsgeschichte, ja klar, das schon, Fil habe etwas mit einer anderen Frau gehabt, tatsächlich ein bisschen jünger als Ela, nicht siebzehn oder zwanzig, aber doch ziemlich jung, sein Verhalten sei eigenartig gewesen, ein bisschen infantil, als komme die Midlife-Krise zu früh, er habe etwas mit dieser Frau angefangen, die wirklich gut ausgesehen habe, dafür aber ziemlich hohl gewesen sei, blond, große Titten, aber wirklich ziemlich dumm, und dann nicht einmal dazu gestanden, sondern es geheim zu halten versucht, habe es vor Ela zu verbergen versucht, obwohl die beiden zu diesem Zeitpunkt schon eher eine Freundschaft als eine Beziehung miteinander verband; der Vater habe sich wie ein Trottel verhalten, aber nicht wie ein Schwein.
Und diese Frau, fragt Daniel, wie habe sie geheißen?
Beule muss überlegen, braucht eine Weile, Chris, sagt schließlich, wirklich sehr blond, und weil Fil wusste, dass seine Freunde das nicht gut finden würden, habe er die Geschichte geheim zu halten versucht, sei er mit dieser Chris nicht nach Hause gegangen, sondern ins Hotel, hätten die beiden eine heimliche Liebschaft begonnen. Eine von Elas Freundinnen habe sie irgendwann aus einem Hotel kommen, Hand in Hand vor einem Hotel stehen sehen, und Ela sei ausgerastet, total ausgeflippt, als sie davon erfuhr, sei eifersüchtig gewesen, aber darüber habe sie natürlich nicht gesprochen, sondern von Fils Mackertum, seiner Chauvie-Scheiße . Es habe ein Treffen gegeben, eine Versammlung in der Cuvrystraße, es sei ein wenig gewesen, als sitze man zu Gericht, als habe sich ein Inquisitionsgericht versammelt, um ein Urteil zu sprechen, fast genauso lächerlich wie Fils Midlife-Krise; man habe ihn gefragt, warum er jetzt auch auf Pamela-Anderson-Typen stehe, was bei ihm los sei, dass er ausgerechnet jetzt, vor dem großen Verfahren, mit Blondinen rummache, kleinen Tussis, die keiner kenne, von denen man nicht wisse, wer sie seien und was sie im Schilde führten, denn damals habe es ein großes Verfahren gegeben, ein Typ habe ausgepackt, ein Typ aus einer militanten Gruppe, ein alter Freund von ihnen, jemand, der früher ihr Freund gewesen sei, habe alle möglichen Leute belastet, erzählt Beule, was Daniel schon weiß, über zwanzig Leute seien überwacht worden, auch Ela und Fil. Aber das, fährt Beule fort, sei nicht das Schlimmste gewesen, zum eigentlichen Krach sei es gekommen, als sie die Akten zu sehen bekamen, in denen alles noch einmal ausgebreitet wurde, zum Beispiel dass Fil zu der Pamela-Anderson-Tusse am Telefon gesagt hatte, Ela sei prüde, irgendwie total verklemmt. An diesen Akten seien viele Freundschaften zerbrochen, sagt Beule und nippt nachdenklich an seinem Kaffee, der noch dampft; eigentlich alle.
Er blickt aus dem Fenster, draußen sieht es nach Regen aus, einem zu frühen, plötzlichen Ende des Sommers, kalter feuchter Luft, und er sieht
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