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Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Titel: Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raul Zelik
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durchquert, befand mich plötzlich auf der anderen Seite des Lebens, einer Seite, die ich gar nicht so schlecht fand, einer Seite, auf der man seinen Wünschen nachgeht, aber doch nicht nur mit sich selbst beschäftigt ist, aber ich war nicht mein Vater , denkt Daniel, obwohl ich ihm nahegekommen bin, näher als mir recht war. Ich habe keine Frau geschwängert, auch wenn es ein paar Tage danach aussah, es eine Frau gab, die das behauptete, ein paar Mal anrief, er ging aber nicht mehr an den Apparat, die ihm Nachrichten schrieb, in denen sie ihm mitteilte, dass sie jetzt einen Termin habe, einen Abtreibungstermin , ihn aufforderte, sich endlich bei ihr zu melden und Verantwortung zu übernehmen, um dann, nach einer weiteren Woche, hinterherzuschicken, dass sich alles erledigt habe, der letzte und entscheidende Test negativ ausgefallen sei, und um sich ein letztes Mal über Daniel zu beschweren. Ich habe mich nicht korrekt gegenüber ihr verhalten, gegenüber Sarah, denkt Daniel, ich bin auf Tauchstation gegangen, aber hatte auch allen Grund dazu: die Frau spinnt, Dem war weg, mein Vater liegt auf der Intensivstation. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, nichts Besonderes, ich bin nicht mein Vater.
    Im Kanal schnappen ein paar Enten nach Brotkrumen, die schimmelig aussehen, in einer Parkanlage steht ein Hund und pinkelt an einen Baum, weiter hinten ahnt man die Einkaufsmeile – Billigkaufhäuser, 99-Cent-Geschäfte, den einen oder anderen türkischen Juwelier. Seit zwei, drei Wochen geht Daniel fast jeden Morgen diesen Weg: am Ufer entlang, an den nach Brotstücken schnappenden Enten vorüber, bis zur großen Einkaufsstraße und dann hinunter zurU-Bahn-Station, jener Haltestelle, aus der nach Bergwerk riechende, warme Abluft strömt. Seit zwei, drei Wochen, nachdem er wochenlang das Haus kaum verließ; aufgehört hatte, seine Facebook-Seiten zu aktualisieren, Computerspiele zu spielen, etwas für die Uni zu tun. Wochenlang ließ er alles einfach vorbeistreichen, Steffen zog ein, sie trugen die Kartons nach oben, in einer Stunde war alles erledigt, und der Freund wunderte sich, weil er plötzlich keine Miete mehr zahlen sollte, verstand nicht, warum Daniel kein Geld mehr von ihm wollte, verstand es nicht, aber setzte sich zu Daniel ans Fenster und hörte zu, zum ersten Mal seit Langem richtig zu, wenn Daniel erzählte – von Dem oder Sarah, die geglaubt hatte, schwanger zu sein, oder dem Vater, der weiter an seinen Maschinen hing. Sie hörten Musik oder setzten sich zusammen ans Fenster, eine Weile klingelte das Telefon noch, an das Daniel aber schon nicht mehr ging, an das er nur noch ging, wenn eine unbekannte Nummer im Display auftauchte, eine Nummer, die Dem hätte gehören können, dann war der Akku leer, und es wurde still in der Wohnung, atemberaubend still, nur Musik war noch zu hören; Fils alte Platten, die Krähen in den Pappeln im Park gegenüber, Steffens Espressomaschine, das Knacken digitalisierten Vinyls.
    Lange Zeit war es still in der Wohnung, kümmerte sich Daniel nicht um die Uni, ausstehende Scheine, Atteste, mit denen er den Bafög-Anspruch vielleicht noch hätte retten können, er verbrachte einige Tage bei der Mutter, ohne weitere Fragen über den Vater zu stellen, besuchte Fil ein paar Mal im Krankenhaus, ging ansonsten wenig vor die Tür. Im Hängeboden entdeckte er eine alte Gitarre und fing wieder zu spielen an, wie früher, als er fünfzehn gewesen war, spieltemit Steffen am Küchentisch Songs nach, ließ die Zeit verstreichen, einfach vergehen, bis es richtig kalt geworden war, sich zum ersten Mal Reif legte, die Landschaft wie gezuckert aussah. Und erst jetzt, als wirklich gar nichts mehr an den Sommer erinnerte, den kurzen Sommer, kehrte er allmählich ins Leben zurück, streifte er mit Steffen wieder durch die anliegenden Bars, die Kneipen, in denen vielleicht auch der Vater trinken gewesen war, als er noch trinken gehen konnte, traute sich zurück zu den Orten, die mit den Erinnerungen an Dem verbunden waren, und hatte sich schon bald angewöhnt, jeden Morgen diesen Weg zu gehen: am Kanal entlang, die Billigeinkaufsmeile hinunter, auf die nach Bergwerksschacht riechende U-Bahn-Station zu. Doch bis zu diesem Morgen war der Weg umsonst gewesen, war von Dem keine Spur, sah Daniel am Kiosk nur eine Frau, die die Tante sein musste und die er nicht ansprach, was hätte er fragen sollen?, näherte er sich dem Kiosk gerade so weit, dass er erkennen konnte, ob Dem im Glaskasten saß.
 
    Erst an

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