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Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Titel: Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raul Zelik
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diesem Morgen ist sie plötzlich wieder da, sitzt in ihrer Trainingsjacke im Kabuff, bedient die Kundschaft wie üblich mit Weingummis und Zigaretten, und er weiß nicht, was er machen soll, bleibt erschrocken hinter den Werbestellwänden stehen, fragt sich, was er eigentlich will, von dieser Begegnung erwartet. Sie ist abgehauen, ohne etwas zu erklären, welches Interesse sollte er an ihr haben, welches Interesse an einem Menschen, der ihn so behandelt hat? Eine ganze Weile steht er zögernd auf dem Bahnsteig herum, hinter den Werbewänden versteckt, sieht U-Bahnen wimmernd ein- und wieder ausfahren, hört das Seufzen der Türen, spürt den Luftzug, wenn die Passanten an ihm vorbeiströmen, nervöses Gedränge sich breitmacht. Wie würde sie reagieren, überlegt er – abwesend, ignorant, eine Entschuldigung stammelnd –, wie hätte er gern, dass sie reagiert? Und: was würde er antworten?
    Zwei-, dreimal ist er fast so weit, sich umzudrehen und zu verschwinden. Sie war an diesem Morgen am Ende des Sommers plötzlich einfach weg, klarer kann eine Ansage nicht sein, doch dann tritt er aus dem Schatten der Werbetafel, eines Erfrischungsgetränks, und geht auf den Kiosk zu.
    Griechenland , steht auf den Titelblättern der in Metallhalterungen steckenden Zeitungen, STAATSBANKROTT , Verkauft ihre Inseln! , aber Daniel achtet nicht darauf, er starrt zwischen dem Papier hindurch in das Kabuff, auf ihr Gesicht, Dems Nasenring, er erkennt sie am Stecker, den kleinen Edelstein, überlegt, was er sagen soll, macht einen weiteren, letzten Schritt und sagt dann doch nur:
    Du bist zurück … Schön, dass du zurück bist.
    Sie könnte ihn ignorieren, eine Erklärung stammeln, verlegen oder erschrocken sein, doch sie bleibt überraschend gelassen, vermag ihre Verwunderung zumindest zu verbergen, sagt nur:
    Ja, wieder zurück.
    Ein Kunde wird angespült, schiebt sich zwischen Daniel und das Kioskfenster, drängelt ihn einfach beiseite, kauft ein Fitness-Magazin, auf dem nackte Oberkörper zu sehen sind, an denen gearbeitet wird, die nicht in der Krise sind, und Daniel versucht an Dems Gesicht abzulesen, was gerade in ihr vorgeht, ob ihr die Situation unangenehm ist, sie ihn so schnell wie möglich wieder loswerden will.
    Doch ihr Gesichtsausdruck bleibt ihm ein Rätsel.
    Als der Kunde wieder gegangen ist, gezahlt und sich abgewandt hat, blickt sie Daniel an, erst musternd, dann freundlich.
    Ob er ihr verziehen habe?
    Verziehen?
    Sie wisse, dass das nicht okay gewesen sei, sie sich scheiße verhalten habe, aber sie habe weggemusst, weg aus Berlin. Sie habe es ihm ja in der Mail erklärt: Sie habe nicht darüber diskutieren wollen.
    Er nickt, obwohl er nicht wirklich versteht.
    Und du?
    Ich, setzt er an und erinnert sich, wie er ausgerastet ist, wie er geglaubt hat, sie habe etwas mit dem Vater gehabt, wie er sich in seine Geschichte hineingesteigert hat – sie und der Vater, Dem, Ela und Fil.
    Ich hatte viel mit meinem Vater zu tun, sagt er schließlich, er ist krank, liegt auf der Intensivstation, lag schon im Sommer auf der Intensivstation. Du kennst ihn vielleicht: Fil, der Ex-Freund von Ela, Philippe.
    Das tut mir leid, antwortet sie erschrocken und überlegt kurz, scheint zu überlegen, durchsucht ihre Erinnerungen nach einem Namen, einem Gesicht, aber schüttelt dann doch nur den Kopf.
    Nein, kenne sie nicht.
    Er warte auf eine Transplantation, erklärt er, ich wollte es dir schon im Sommer erzählen, aber irgendwie …
    Er verstummt, denkt: irgendwie hat er geglaubt, dass sie Fil kennt; wollte er, dass sie ihn kennt? Dass Fil sein Vater ist?
    Er beginnt mit dem iPod zu spielen, den er in der Jackentasche trägt, an der Tastatur herumzunesteln, schaut verlegen auf die Zeitungen, Gehen wir jetzt alle pleite?, Wer soll das bezahlen?, und hat plötzlich das Gefühl, an einem Abgrund zu stehen, aber nicht zu wissen, was das bedeutet, fragt sich, ob es sich nicht sogar lohnen könnte, diesen Schritt zu gehen, in den Abgrund hinein, es sich vielleicht sogar besser anfühlen würde, weil der Abgrund gar kein Abgrund ist, sondern nur eine Schwelle zu etwas Anderem – auch wenn Daniel keine Ahnung hat, was dieses Andere sein soll.
    Sind wir jetzt alle bankrott?
    Wieder unterbricht sie ein Kunde, legt Münzen für eine Zeitung in die Schale, das Wechselgeld, über das Menschen mit Menschen kommunizieren, eine Sprache, die plötzlich, hinter dem Abgrund, nicht mehr verstanden werden könnte, wie würde man dann miteinander

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