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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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einfach nur noch los. Maja und ich umarmten uns ein letztes Mal.
    An welcher Stelle Dan dazugekommen ist, der gerade meine Pizzareste verschlingt, kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Plötzlich war er da. Und als wir in der S-Bahn Richtung Hauptbahnhof saßen, redete er unermüdlich von Noten und Gitarrengriffen und Melodien. Edgar fragte: »Welches Instrument spielst du denn?«, und Dan antwortete: »Na gar keins!« Und es schien, als wäre er sehr stolz drauf.
    Jetzt hat die Regionalbahn aber Verspätung und die Stimmung ist im Keller, zumal Dan sich in der Tat als eine kleine Nervensäge entpuppt. Er ist laut und hat so eine übertriebene Art – ständig in Bewegung, ständig am Rumpalavern, immer auf der Suche nach Aufmerksamkeit. Vielleicht hat er ja ADHS , das nie behandelt wurde.
    »Ich sage euch, die BlackBirds sind die obergeilste Band! Ehrlich, geiler geht gar nicht, also so was von überhaupt nicht. Der totale Rock’n’Roll, aber so was von, das haut euch aus den Socken, das pustet einem den Hut von der Birne!«
    Eigentlich redet er auch total komisch. Hut von der Birne pusten? Aus den Socken hauen? Wie alt ist er denn? Achtzig?
    Edgar rollt mit den Augen und ich muss plötzlich laut lachen.
    »Was?!«, fragen Edgar und Dan gleichzeitig und sehen mich verständnislos an.
    Ich ziehe die Kamera aus der Tasche und drücke auf Play, halte auf Dan und bitte ihn, seine Lobeshymne noch einmal zu wiederholen. Was er auch bereitwillig macht. Edgar schummelt sich ins Bild und zeigt einen Vogel. Dan sieht ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und schüttelt den Kopf. »Weil du einfach mal keine Ahnung hast, Junge!«
    »Ich bin nicht dein Junge!«, sagt Edgar und verschwindet wieder aus dem Bild.
    Dan kommt der Kamera gefährlich nah, stößt mit seiner Nase dagegen und hinterlässt einen Fettfleck auf der Linse.
    »Egal was alle sagen, ihr seid die Größten! Ehrlich die Größten! Bigger, better, faster and more! BlackBirds forever!« Er streckt seinen kleinen und den Zeigefinger beider Hände in die Kamera.
    Ich zoome weg, will noch mal Edgar mit ins Bild kriegen, aber der steht zu weit weg, am Automaten, und zieht sich eine Packung Weingummis. Ich schalte die Kamera aus. »Danke Dan, das wird ein guter Einstieg in meine Doku.« Ich klopfe ihm auf die Schulter, so wie ich es bei den Equipmenteinpackern gesehen habe.
    »Immer wieder gerne, Mann! Ich spiele gerne den Kasper für dich«, meint er und zwinkert mir zu.
    Als die Regionalbahn endlich am Gleis einfährt, sind wir erleichtert. Die Verspätung wirft uns zwar zurück, aber zum zweiten Set dürften wir es schaffen.
    Im Zug setze ich mich zwischen Dan und Edgar, als eine Art Puffer. Man braucht nicht besonders scharfsinnig sein, um zu merken, dass die beiden nicht unbedingt Freunde werden.
    Edgar stöpselt seine Kopfhörer vom MP 3-Player in die Ohren und sieht aus dem Fenster. Dan hat seine Schuhe ausgezogen und die Füße auf den Sitz gegenüber gelegt. Sofort fängt es an zu müffeln. Er schiebt sein T-Shirt ein Stück nach oben, streicht sich genussvoll über den Bauch und grinst mich an. Ich schüttle den Kopf.
    »Was?«, fragt er.
    »Nichts, gar nichts. Ich wundere mich bloß.«
    »Worüber?« Er schiebt eine Augenbraue nach oben.
    »Über deine Selbstverständlichkeit«, antworte ich und ziehe mir ebenfalls die Schuhe von den Füßen. Der Zug ist angenehm leer, wir können uns also ausbreiten.
    »Aha, du denkst also wirklich, ich bin hier so der Kasper. Der doofe Clown. Der Honk.«
    »Bitte?« Natürlich muss ich lachen. Clown, Honk, wovon redet er eigentlich?
    »Das ist schon okay. Passiert mir nicht zum ersten Mal. Die Leute sind ganz schön beschränkt in ihrer Wahrnehmung, weißt du. Entweder du bist Mr Obercool, so wie der da mit seinen Kopfhörern, oder du bist eben der Honk. So ist das nun mal.« Er wirft Edgar einen abschätzigen Blick zu.
    »Warte mal, willst du mir damit sagen, ich wäre beschränkt?« Ich sehe ihm ins Gesicht, kann seinen Blick aber nicht einfangen.
    »Nö, nö. Du verstehst schon, was ich sagen will. Ich meine, nur weil du die BlackBirds filmen darfst, bist du nicht besser oder so.« Jetzt wirkt er beleidigt.
    »Du bist doch der Honk. Jedenfalls redest du so Honk-Zeug.« Ich schnappe mir die Kameratasche, öffne sie umständlich und überprüfe zum zehnten Mal die Akkus und sämtliche Bänder. Ich habe eine digitale Kamera mit Kassetten. Das ist mittlerweile unmodern, aber ich wollte gerne etwas in den Händen haben,

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