Der Einfaltspinsel
noch in der Garage. Nichts fehlt außer Mr. Henry Wilt. Nicht das Geringste. Sogar seine Schuhe sind noch da. Das haben wir von der Putzfrau überprüfen lassen. Also, was sagt Ihnen das?«
»Mal was anderes«, presste Flint mürrisch hervor. Er ließ sich nicht gern auf dem falschen Fuß erwischen, schon gar nicht von Witzfiguren wie Hodge.
»Mal was anderes? Was soll das denn heißen?«, wollte Hodge wissen.
»Was ich gesagt habe. Als ich Wilt das erste Mal begegnet bin, wurde seine Frau vermisst. Sie sollte in einer verdammt großen Baugrube an der Berufsschule stecken. Nur dass Wilt zufällig eine in Mrs. Eva Wilts Klamotten steckende aufblasbare Plastikpuppe da reingestopft und zwanzig Tonnen Beton auf sie draufgepackt hat. In Wirklichkeit haust sie mit ein paar beknackten Amerikanern auf einem geklauten Boot auf den Norfolk Broads. Und wo ist Mrs. Wilt jetzt? Hübsch gemütlich … na ja, jedenfalls so hübsch, wie sie jemals werden wird, in den Vereinigten Staaten, und unser Henry wird vermisst. Tja, das ist wirklich mal was anderes. So viel steht fest.«
»Sie glauben doch nicht, dass er das Weite gesucht hat?«, fragte Hodge.
»Bei Wilt glaube ich gar nichts mehr. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was in dem Hirn dieses durchgedrehten Spinners vorgeht. Ich weiß nur, dass es nicht das ist, was man vermutet, sondern irgendetwas, woran man nicht mal im Traum denken würde. Also fragen Sie mich nicht, was er gemacht hat. Ich habe keinen blassen Schimmer.«
»Nun, ich schätze, dass er sich ein Alibi verschafft«, sagte Hodge.
»Mit seinen Kreditkarten und so weiter auf dem Küchentisch?«, meinte Flint zweifelnd. »Und alle seine Klamotten sind noch da? Klingt für mich nicht nach einem Verschwinden aus freien Stücken. Klingt eher so, als wäre dem kleinen Trottel etwas zugestoßen. Haben Sie schon die Krankenhäuser überprüft?«
»Natürlich. Gleich als Erstes. Habe jedes verfluchte Krankenhaus in der Gegend überprüft. Es wurde niemand aufgenommen, der seiner Beschreibung entspricht. Ich habe sogar in sämtlichen Leichenschauhäusern nachgefragt, und da ist er auch nicht. Da wird man schon nachdenklich, stimmt’s?«
»Nein«, widersprach Flint entschieden. »Wird man nicht. In Sachen Henry Wilt versuche ich nicht mal zu denken. Das schmerzt zu sehr.«
Doch als Hauptkommissar Hodge ging, saß Flint da und dachte über die Lage nach.
»Es ist absolut unvorstellbar, dass Wilty irgendwas mit Drogen zu tun hat«, sagte er zu Sergeant Yates. »Und können Sie sich vorstellen, dass Eva Wilt in ›dieser Branche‹ mitmischt, wie der verrückte Hodge dies ausdrücken würde? Das will mir beim besten Willen nicht gelingen. Die Wilts mögen irre sein, sie sind aber die Letzten, die plötzlich richtige Verbrechen begehen.«
»Ich weiß, Sir«, sagte Yates. »Aber Hodge lässt den amerikanischen Behörden einen ziemlich unvorteilhaften Bericht zukommen. Wirklich, das ganze Zeug über Lakenheath und so weiter sieht nicht sehr gut aus.«
»Das sind nichts weiter als Indizien. Er kann nicht mal die kleinste Spur eines echten Beweises vorlegen«, erwiderte Flint.
»Wir wollen nur hoffen, dass die Polizei drüben das erkennt. Ich möchte nicht, dass die Familie Wilt vor ein amerikanisches Gericht gestellt wird. Nicht nach dem O-J-Simpson-Prozess. Fernsehen im Gerichtssaal, und jeder wird zu einem verdammten Schauspieler. Und wir wissen ja, was für Hohlköpfe das sind.« Er schwieg und überlegte. »Ich frage mich nur, wo Henry steckt. Das ist das eigentliche Geheimnis.«
17
»Ich mache mir solche Sorgen um Henry«, vertraute sich Eva Tante Joan an. »Immer und immer wieder hab ich versucht, ihn anzurufen – gestern allein sieben Mal –, doch er ist nie zu Hause.«
»Vielleicht unterrichtet er ja den Kurs, von dem du mir erzählt hast. Den für die Kanadier.«
»Aber der dauert nur eine oder zwei Stunden, und den würde er nicht um sechs Uhr morgens unterrichten«, wandte Eva ein. »Ich meine, es sind doch fünf Stunden Zeitunterschied, oder?«
»England liegt fünf Stunden hinter uns. Da muss es jetzt noch Nacht sein«, sagte Tante Joan. Auf seinem Sessel vor dem Fernseher stöhnte Onkel Wally auf. Die ganze Zeit hatte er versucht, den Gedanken an Dr. Cohen und die Schande, als perverser Analerotiker zu gelten, aus dem Kopf zu verbannen. Es gelang ihm nicht. Die ganze Sache konnte ihm das Leben in Wilma zur Hölle machen. Der Skandal kam zum schlimmstmöglichen Zeitpunkt, nämlich gerade als
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