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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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um ihn und Tante Joan nicht zu stören.
    Onkel Wally war sofort Feuer und Flamme. »Fühlt euch wie zu Hause, nur zu«, sagte er begeistert und zeigte ihnen sein Musikstudio. »Die Anlage hab ich selbst gebaut und muss sagen, es ist bestimmt das Beste diesseits von Nashville. Mann, ich bezweifle, dass Elvis persönlich etwas so Leistungsstarkes hatte. Ich nenne es meine Musik-Einsatzzentrale. Bei meinem Equipment hier kann ich mit Tina Turner auf fünf Kilometer Entfernung ein Boot aus dem Wasser pusten. Und einen beschissenen … also, jedenfalls einen Bären auf fünfhundert Meter ertauben lassen. Ich sehe das so, Mädels, man muss genug Dezibel haben, und ich sag euch, die Boxen, die ich im Boden, auf den Bäumen und sonst wo hab installieren lassen, allesamt wasser- und wetterdicht, sind so überlaut, ich könnte ein Band vom Start einer Mondfähre abspielen, und das würde mehr Lärm machen als der echte Start. Das hab ich für eure Tante gemacht, weil sie Bären nicht besonders mag, deshalb hab ich mir ein Band mit Gewehrschüssen besorgt und an einen Timer angeschlossen, so dass es jede Stunde losballert, während wir weg sind. Und ich kann auch variieren. Manchmal wird nur alle vier Stunden geschossen, und dann folgen drei Schüsse innerhalb weniger Sekunden. Ich hab auch ein gespenstisches Heulen, das Eindringlingen nicht gut bekommt. Wenn ein Eindringling über das Tor oder den Zaun steigt und ihn Sensoren am Boden erfassen, ist die Hölle los. Hab ich mal bei einem Typ ausprobiert, der mir eine Vorladung zustellen wollte. Er kam gut durchs Tor, doch dann hab ich es hinter ihm automatisch geschlossen und die Anlage volle Kanne aufgedreht. Erst als ich sie wieder abstellte, hab ich gemerkt, dass er schrie. Habe allerdings schon gesehen, dass er sich nicht prima amüsiert hat, weil er ständig versuchte, über das Tor zu klettern, um rauszukommen, und wie verrückt im Kreis lief. Am Schluss sprang er in den See, und ich musste ihn rausfischen, weil er nicht schwimmen konnte. Mittlerweile konnte er auch nichts mehr hören. Die Vorladung habe ich nie bekommen. Vermutlich hatte er sie irgendwo verloren, so wie er eine Zeit lang sein Gehör verloren hatte. Er wollte mich verklagen, kam aber nicht weiter. Zeugen gab’s keine, und Bären machen vor Gericht keine Aussagen, außerdem hab ich in dieser Gegend Gewicht. Wenn ich rede, hören die Leute auf den alten Wally Immelmann, das steht fest. Und sie lernen was dabei.«
    Die Vierlinge hatten sich bei Onkel Wally bedankt, die Kopfhörer mit nach oben in ihr Zimmer genommen und sich angehört, wie er und Tante Joan sich im Bett stritten. Und gelernt hatten sie dabei auch etwas. Und während er sich mit der Mechanik des Geschützturms seines Sherman-Panzers beschäftigte und den Kopf schön unten hielt, begaben sich die Vierlinge wieder in die Musik-Einsatzzentrale – Tante Joan und Eva backten in der Küche Kekse, wobei Eva erzählte, wie schwierig Henry mittlerweile geworden sei und dass er unbedingt eine neue Arbeit brauchte, statt in der muffigen alten Berufsschule festzuhängen. Still und leise gingen sie einer Tätigkeit nach, von der Tante Joan oder Eva gern erfahren hätten und die Onkel Wally zu wüsten, nicht druckreifen Äußerungen genötigt hätte. Die vier fanden noch ein langes Tonband und machten eine Kopie von dem, was sie schon gehört hatten. Onkel Wally war ihnen sehr behilflich. Allmählich glaubte er, wenn mit diesen Mädchen etwas nicht stimmte, dann höchstens, dass sie eine von Nonnen geführte gottlose Schule besuchten. Sie bräuchten eine gute amerikanische Erziehung und Hilfe beim Erwerb von gutem altem amerikanischem Know-how. Daher stieg er aus seinem Geschützturm, zeigte ihnen noch mal sein gesamtes Equipment und was man damit alles machen konnte, beispielsweise mit dem Timer, und wie man von Band zu Band Kopien zog, und ihn beeindruckte sehr, wie rasch sie alles begriffen.
    »Deine Mädels sind ausgesprochen begabt«, sagte er zu Eva, als sie nachmittags in der Küche Kaffee tranken. »Du solltest sie hier bei uns zur Schule gehen lassen. Schick sie auf die Wilma High School, und in null Komma nichts wären sie richtige Amerikanerinnen.«
    Das hörte Eva gern und tat es auch kund. Leider sei Henry so ein Stoffel, dass er nie in Erwägung ziehen würde auszuwandern.
    Abends hatten die Vierlinge Onkel Wally dazu gebracht, die Musik-Einsatzzentrale und den Timer so einzustellen, dass sie sich in Gang setzte, sobald sie alle zu einem

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