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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Hospital. Zunächst hatte man ihn an die Neurologie verwiesen, wo er erfuhr, dass Wilt in die Vasektomie verlegt worden war.
    »Wieso um alles in der Welt? Soviel ich weiß, wurde er überfallen. Wozu braucht er eine Vasektomie?«
    »Er braucht keine. Er war nur vorübergehend hier. Dann wurde er in die Hysterektomie verlegt.«
    »Die Hysterektomie? Gott im Himmel«, sagte Flint schwach. Er konnte sich vage vorstellen, warum ein Mann, der mutmaßlich aktiv daran mitgewirkt hatte, diese grauenhaften Vierlinge auf die Welt loszulassen, eventuell eine Vasektomie verdient hätte, damit er nicht noch mehr Albträume verursachen konnte; eine Hysterektomie jedoch war etwas ganz anderes. »Aber der Bursche ist ein Mann. Bei einem Mann können Sie keine Hysterektomie vornehmen. Das ist unmöglich.«
    »Darum wurde er nach Infektionskrankheiten 3 verlegt. Da gab es ein freies Bett. Wenigstens glaube ich, dass es IK 3 war«, teilte ihm die Schwester mit. »Ich weiß, dass dort heute Morgen jemand gestorben ist. Aber das tun sie ja immer.«
    »Wieso?«, fragte Flint unvorsichtigerweise.
    »Aids«, sagte die Schwester und schob eine stark übergewichtige Patientin auf einem Transporttisch an ihm vorbei.
    »Aber man kann doch einen Mann, der zusammengeschlagen wurde und blutet, nicht in das Bett eines Kerls legen, der soeben an Aids gestorben ist. Das ist doch grotesk, fast ein Todesurteil.«
    »Oh, die Laken und alles werden vorher sterilisiert«, sagte die Schwester über die Schulter.
    Ein bleicher, frustrierter und entsetzter Inspektor fand schließlich Wilt in der Station Unisex 8, reserviert für Geriatriepatienten, die nach diversen Operationen mit Kathetern, Tröpfen und in etlichen Fällen mit Schläuchen bestückt waren, die aus diversen anderen Öffnungen ragten. Flint begriff nicht, warum man diese Station Unisex nannte. Multisex wäre zutreffender, aber genauso unangenehm gewesen. Um seine Aufmerksamkeit von einem Patienten unbestimmten Geschlechts abzulenken, der augenscheinlich fast permanent an Inkontinenz sowie an einer panischen Angst vor Kathetern litt, versuchte der Inspektor, sich auf Wilt zu konzentrieren. Der befand sich auch in einem ziemlich üblen Zustand. Seine Kopfhaut war bandagiert und das Gesicht voller Prellungen und Schwellungen, aber die Stationsschwester versicherte Flint, er werde das Bewusstsein bald wiedererlangen. Flint sagte, das hoffe er inständig.
    Bald darauf bekam der alte Mann im Nachbarbett einen Schüttelkrampf, und seine falschen Zähne fielen heraus. Eine Pflegerin steckte sie ihm wieder in den Mund und rief die Schwester, die sich Zeit ließ.
    »Was ist nur los mit Ihnen?«, wollte sie wissen. Selbst Flints medizinisch ungeschultem Hirn kam die Frage überflüssig vor. Woher zum Teufel sollte der alte Bursche wissen, was mit ihm nicht stimmte?
    »Woher soll ich das wissen? Ich kriege dauernd Hitzewallungen. Dienstag hatte ich eine Prostataoperation«, antwortete er.
    »Die sehr erfolgreich war. Seit Sie hier sind, haben Sie immer nur geklagt. Sie sind einfach ein mürrischer alter Mann. Ich bin froh, wenn Sie uns endlich verlassen.«
    Die Pflegerin griff ein. »Aber er ist einundachtzig, Schwester«, sagte sie.
    »Und zwar sehr gesunde einundachtzig«, erwiderte die Schwester und rauschte davon, um sich mit dem Patienten zu befassen, der gerade zum fünften Mal seinen Katheter herausgezogen hatte. Welches Geschlecht er hatte, war unübersehbar. Um nicht die Wiedereinführung des Katheters und einen neuen Schüttelkrampf des Mannes im anderen Bett mitansehen zu müssen, wandte Flint sich ab, um Wilt zu betrachten, und bemerkte, dass der ihn aus einem Auge anstarrte. Wilt hatte das Bewusstsein wiedererlangt, und was er sah, gefiel ihm nicht, wenn man nach dem Ausdruck seiner Augen ging. Auch Flint gefiel es nicht besonders. Er starrte zurück und fragte sich, was er tun sollte. Doch das Auge schloss sich abrupt. Flint wandte sich an die Pflegerin mit der Frage, ob ein geöffnetes Auge darauf schließen lasse, dass der Patient das Bewusstsein wiedererlangt habe, doch die Pflegerin hatte Schwierigkeiten, dem alten Mann sein Gebiss in den Mund zurückzuschieben. Als sie fertig war, wiederholte Flint die Frage.
    »Kann man wirklich nicht sagen«, antwortete sie. »Ich hab einige erlebt, die sind mit weit aufgerissenen Augen gestorben. Natürlich werden sie später ein wenig glasig und blau. So weiß man, dass sie nicht mehr unter uns weilen.«
    »Entzückend«, befand der Inspektor und

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