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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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sich also Wally Immelmanns Swimming-Pool vor und erledigt einen Köter? Das soll einen Sinn ergeben?«
    »Scheiße, weiß auch nicht. Gar nichts ergibt einen Sinn. Die Klos und alles mit dem Tankwagen hinter dem alten Autokino zu verbinden war verrückt.«
    Sheriff Stallard schob seinen Hut in den Nacken und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Das passiert gar nicht. Nicht hier in Wilma. Es kann nicht sein. Wally Immelmann soll mit irgendwelchen gottverdammten Terroristen unter einer Decke stecken. Und das ist unmöglich, kann nicht sein, Billy, auf keinen Fall. Echt, das ist schlichtweg unmöglich.«
    Baxter zuckte mit den Achseln. »Seine gigantische Musikanlage war auch unmöglich. Sie haben’s gehört. Sie wissen Bescheid.«
    Der Sheriff wusste Bescheid. Das würde er nie vergessen. Er saß da und dachte nach. Oder versuchte es wenigstens. Schließlich gelang es ihm, und das Unmögliche wurde ein wenig möglicher und seine eigene Haltung weniger unsicher. Manche Menschen rasteten einfach aus. »Holt mir Maybelle«, sagte er. »Schafft sie her. Sie weiß garantiert Bescheid.«
    Auf jeden Fall nicht Bescheid wusste Eva. Als man sie endlich aus dem Besucherzimmer ließ, teilte man ihr mit, der Patient Wilt sei immer noch bewusstlos, sie dürfe ihn aber aufsuchen, vorausgesetzt, sie befinde sich nicht in Begleitung von Mavis Mottram. Da Mavis sich gerade drei Stunden in Eva Wilts schwermütiger Gesellschaft aufgehalten hatte, hatte sie nicht vor, ihr noch mehr Zeit und Mitgefühl zu widmen. Als gebrochene Frau schlich sie sich aus der Klinik und verfluchte den Tag, an dem sie eine derart dämliche und rührselig-sentimentale Person kennen gelernt hatte. Auch Evas Einstellung zu Mavis hatte sich geändert. Die Frau war nichts als Schau, große Schnauze und schubste einen obendrein noch herum.
    Durch das Glasfenster hatte Eva einen Blick auf Inspektor Flint werfen können, der neben dem Bett saß und anscheinend Zeitung las. In Wirklichkeit las er nicht, sondern benutzte die Zeitung als Schild, um sich nicht ansehen zu müssen, was mit einem Mann geschah, der offenbar kürzlich trepaniert worden war oder einen ausgesprochen schlimmen Unfall mit einer Art Kreissäge hatte. Egal was es war, Flint wollte es nicht sehen. Er war zwar nie ein besonders zart besaiteter Mensch gewesen, und seine Erfahrungen mit verstümmelten Leichen hatten ihn für unbelebte Schrecken unempfindlich werden lassen, aber mit solchen, an denen die moderne Chirurgie beteiligt war, konnte er weniger gut umgehen und fand insbesondere pulsierende Schädeldecken erwachsener Männer (Kleinkinder waren etwas anderes) nachgerade enervierend.
    »Können Sie nicht eine Art Abschirmung um das Bett stellen, während Sie das machen, was auch immer Sie mit dem armen Kerl gerade anstellen?«, fragte er, musste sich aber sagen lassen, er könne gern die Station verlassen, wenn er so zart besaitet sei, außerdem handele es sich nicht um einen Kerl, sondern um eine Frau.
    »Fast hätten Sie mich reingelegt«, gab Flint zurück. »Doch wenn ich’s mir recht überlege, kann man hier sowieso bei keinem Patienten sagen, welches Geschlecht er hat.«
    Diese Bemerkung machte ihn bei den drei Frauen in seiner Nähe nicht gerade beliebt, die der Selbsttäuschung unterlagen, sie wären noch relativ attraktiv und sexy. Flint kümmerte das nicht. Er widmete sich wieder seiner Zeitungslektüre, vertiefte sich in einen Skandal, in den ein bekannter Rugbyspieler verwickelt war, der einen Massagesalon in Swansea aufgesucht hatte, wo er feststellen musste, dass seine Frau dort arbeitete, worauf er den Eigentümer angegriffen hatte oder, wie es Letzterer als Zeuge vor Gericht formulierte, »ihm die Sicherungen durchgebrannt waren«. In dem Moment bemerkte er, dass Wilt ihn ansah.
    Flint legte die Zeitung beiseite und lächelte. »Hallo, Henry. Fühlen Sie sich besser?«
    Von dem Kissen aus betrachtete Wilt dieses Lächeln und konnte es nur schwer deuten. Es war kein Lächeln von der Sorte, die ihm Vertrauen einflößte. Dafür saßen Inspektor Flints falsche Zähne zu locker, und außerdem hatte er früher Flint zu häufig maliziös lächeln sehen, um den Anblick überhaupt beruhigend zu finden. Er fühlte sich nicht besser.
    »Besser als was?«, fragte Wilt.
    Flints Lächeln verschwand und damit der größte Teil seines Mitgefühls. Er bezweifelte allmählich, dass Wilts Hirn durch den Überfall überhaupt in Mitleidenschaft

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