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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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augenblicklich von den Rohren der Pumpen fegte. »Die backbords gelegenen Pumpen können wir nicht einsetzen. Jenen steuerbords aber führen wir das Wasser mit Schläuchen durch die Frachträume zu. Derbhand, der drunten die Aufsicht ausübt, weiß zu berichten, daß seine Männer dem Wassereinbruch gewachsen sind. Wir halten aus. Wir werden überleben, Auserwählte!«
    Linden bemühte sich, seine Überzeugung zu teilen; aber sie schaffte es nicht. »Vielleicht sollten wir das Schiff aufgeben!«
    Blankehans starrte sie an. Sie sah die Unsinnigkeit ihrer Äußerung ein, noch ehe er antwortete. »Wolltest du dich dieser See in einem Langboot aussetzen?«
    »Was werden wir denn tun?« erkundigte sie sich ratlos.
    »Nichts!« Sein Ausruf glich einer Herausforderung. »Solange der Sturm währt, sind wir allzu gefährdet. Doch sobald das Wetter wechselt, wie's nicht ausbleiben kann – dann wirst du sehen, daß wir Riesen Seefahrer sind ... und Sternfahrers Schatz ein Schiff ist, das jedes Herz mit Stolz erfüllt! Bis dahin bleibe guten Mutes! Stein und See, Auserwählte, ersiehst du nicht, daß wir noch leben?!«
    Aber Linden hörte nicht länger zu. Sie hatte den Eindruck, das unwägbare Geheul und Gejaule des Sturms sei direkt gegen Covenant gerichtet. Er zitterte vor Kälte. Seine Hilfsbedürftigkeit war eine offensichtliche Tatsache; doch sie wußte nicht, wie sie etwas für ihn tun könnte. Ihre Hände waren nutzlos, so ausgekühlt, daß sie sich kaum noch zu Fäusten ballen ließen. Langsam sickerte Blut aus mehreren Abschürfungen an ihren Handflächen, bildete zwischen ihren Fingern dickliche Tropfen. Sie achtete nicht darauf.
     
    Später reichte man große Krüge mit Diamondraught herum. Das Riesen-Getränk behob Lindens Schwäche ein wenig, so daß sie befähigt blieb, aus eigener Kraft Halt zu bewahren. Aber sie hob nicht einmal noch den Kopf. Sie konnte sich nicht vorstellen, weshalb Hohl sich an ihrer Rettung beteiligt hatte. Die Gewalt des Sturms kam ihr vor wie ein Akt der Bosheit. Vermutlich hätte das Unwetter nachgelassen, wäre sie nicht durch den Dämondim-Abkömmling gerettet worden. Ihre Wahrnehmung bestand darauf, daß es sich bei dem Hurrikan um ein natürliches Ereignis handelte, nicht um eine Manifestation vorsätzlicher Bösartigkeit. Doch sie war durch die Heftigkeit des Sturms und die Kälte so stark mitgenommen, so zermürbt von Furcht, daß sie darin keinen Unterschied mehr sah. Sie alle waren dem Tod geweiht, und sie hatte noch immer keinen Weg gefunden, um Covenant seinen Verstand zurückzugeben.
    Noch später vertrieb Nacht den letzten Rest von Helligkeit. Der Sturm schwächte nicht ab; er schien die Sterne weggeweht zu haben. Nichts außer dem schwachen Schein einiger Laternen – eine bei Windsbraut aufgehängt, die anderen am oberen Rand des Achterdecks verteilt – milderte die Schwärze der Nacht ein wenig. Der Wind wütete weiter mit einem Pfeifen, das schrill klang wie von einer Sichel, über die See dahin. Aus dem Stein drangen das Stöhnen der Masten, die sich gegen ihre Vertäuung stemmten, und das ständige Stampfgeräusch der Pumpen. Die Besatzungsmitglieder wechselten sich drunten schichtweise ab, doch selbst mit stärkstem Einsatz vermochten sie gerade soviel Wasser abzupumpen, wie zufloß. So blieben die Pumpen wirkungslos gegen das große, salzige Gewicht der eingeströmten Wassermassen, die die Sternfahrers Schatz in Schräglage hielten. Nochmals wanderte Diamondraught reihum. Schon den Tag hatte Linden als unendlich empfunden. Sie wußte nicht, wie sie die Nacht durchstehen sollte, ohne verrückt zu werden.
    Mit der Zeit versanken die Gefährten in eine gleichartige Insichgekehrtheit wie Linden. Beklommenheit breitete sich über sie wie die Nacht, drang in sie wie die Kälte. Wenn der Wind jetzt umschlug, mußte es ohne die geringste Warnung für Windsbraut geschehen. Im entfernten Licht der Laterne wirkte sie reglos, wie versteinert, als sei sie nicht länger zu Reaktionen imstande, von denen das Überdauern der Dromond abhängen mochte. Aber Blankehans schickte niemanden zu ihrer Ablösung; jede noch so flüchtige Unsicherheit, während Herzensfreude von Windsbrauts Fäusten in andere Hände überging, konnte das Schiff vollends kentern lassen. Den Riesen, die nicht an den Pumpen arbeiteten, blieb nichts anderes übrig, als sich festzuhalten und vor sich hin zu bibbern. Schließlich gelang es nicht einmal noch den Scherzen und dem Zureden des Kapitäns, ihnen neuen

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