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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Ausdruck ein und derselben Seele gedieh, ununterdrückbar lebendig, dem Leben geweiht.
    Und als das Lied verklungen war, trat Blankehans vor, um sich an die Versammelten zu wenden. Die Geschichte, die er erzählte, umfaßte im großen und ganzen die Erlebnisse der Gefährten in Bhrathairealm ; allerdings konzentrierte er sich hauptsächlich auf die Haruchai , um alle Riesen wissen zu lassen, wie Hergrom gelebt und den Tod gefunden hatte. Seine Erzählung war eine Ehrung der Toten und ein Trost für die Lebenden. Auch Ceers Tapferkeit würdigte er; und seine Mannschaft bewahrte ringsherum ein Schweigen, das auch Brinn und Cail nur als Zeichen des Respekts auslegen konnten.
    Andere Geschichten folgten. Mit feinsinnig geschauspielertem Kummer erzählte Knolle Windsbraut die Geschichte zweier verbissen schwarzgalliger, eigenbrötlerisch-einzelgängerischer Riesen, die gewissermaßen in Liebe aufeinanderprallten, weil sie sie hartnäckig als Todfeindschaft mißverstanden. Pechnase trug eine alte, von Anklängen an Wind und See durchzogene Ballade bei, die dem Gedenken der Entwurzelten galt. Und an Lindens Seite stand Covenant auf, um der Versammlung von Berek Halbhand zu erzählen, dem alten Helden des Landes, der im Erwachen der Feuerlöwen des Donnerbergs die Existenz der Erdkraft erkannt und den Stab des Gesetzes geschaffen hatte, um diese Kraft gleichzeitig zu nutzen und zu stärken, und der den Großrat der Lords gründete, um ihr zu dienen. Covenant gab die Geschichte ruhig wieder, als erzähle er sie vorwiegend für sich selbst, um das Gespür für seine Bestimmung abzuklären; aber seine Erzählung war von einer Art, wie die Riesen sie zu schätzen wußten, und sobald er schwieg, verbeugten sich etliche von ihnen vor ihm, eine Anerkennung des düsteren und zwangsläufigen Bandes zwischen ihm und dem seit langem toten Retter des Landes.
    »Wüßte ich nur mehr von jenem außergewöhnlichen Land«, meinte Pechnase nach einem Moment der Stille. »Herrlich ist's, vom Leben solcher Menschen wie Berek zu vernehmen.«
    »Ja«, sagte Covenant gedämpft. »›Darauf ward der Erdkreis ein Höllental‹«, zitierte er leise. Aber er gab dazu keine Erklärung ab und begann keine zweite Geschichte.
    Eine Pause entstand, während die Riesen auf weitere Erzählungen oder Lieder warteten. Da geriet das Zwielicht vor Linden und Covenant plötzlich ins Flimmern, und wie eine Ausgeburt des Laternenlichts erschien Findail. Sein Auftreten verursachte einige Ausrufe der Verblüffung; doch schon im nächsten Moment herrschte wieder Schweigen. Seine Fremdartigkeit erregte die ungeteilte Aufmerksamkeit der Versammlung.
    »Auch ich will, so's mir gewährt wird, eine Geschichte erzählen«, sagte Findail mit leiser Stimme, als es so still war, daß man nur die leichten Bewegungen der Segel und das Plätschergeräusch vernahm, mit dem der steinerne Rumpf der Dromond durch die See glitt.
    Mit knappem Nicken erteilte die Erste ihm ihre Zustimmung. Anscheinend war sie sich in bezug auf ihn unsicher, wirkte jedoch nicht abgeneigt, dem zuzuhören, was er zu sagen haben mochte. Vielleicht konnten seine Worte irgendeinen Aufschluß über die Natur seines Volkes liefern, oder die Motive, die hinter seinen Verhaltensweisen standen. Anspannung befiel Linden, sie konzentrierte ihre Sinne voll auf den Ernannten. Neben ihr straffte Covenant den Rücken, als bereite er sich auf irgendeine Feindseligkeit des Elohim vor.
    Doch Findail fing nicht sofort mit dem Erzählen an. Statt dessen hob er sein zerfurchtes Gesicht den Sternen entgegen, breitete die Arme aus, wie um sein Herz zu entblößen, und sang ein Lied hinaus in die Nacht.
    Sein Singen unterschied sich von allem, was Linden bisher an derartigem zu hören bekommen hatte. Es war auf eine unheimliche Weise melodisch, die an ihre Emotionen rührte. Und es war auf mehreren Ebenen gleichzeitig in sich harmonisch, als ob verschiedene Sänger es vortrügen. So wie sich Findail gelegentlich in Stein, Wind oder Wasser umformte, verwandelte er sich nun in Gesang; und seine Klänge entsprangen nicht der menschlichen Gestalt, in der er sich gegenwärtig zeigte, sondern seinem grundsätzlichen Wesen selbst. Der Gesang war so seltsam und wunderbar, daß es Linden überraschte, die Worte verstehen zu können.
     
    »Wer das Meer befährt, soll sich verneigen,
    Verbeugen mag sich, wer aufrecht steht,
    Denn dort ist weder Traum noch Friede,
    Wo der Ernannte geht.
     
    Wer das Meer befährt, soll sich

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