Der einsame Baum - Covenant 05
achtem folgte. Aufgrund der Düfte in der Luft wußte sie, daß die Gehölze jenseits der Talmündung überreichlich prachtvoll waren an Farben. Nach der Fahrt über den Raw verspürte sie den sehnlichen Wunsch, die Bäume dort zu sehen. Die Erste schnupperte aufmerksam. Pechnase befand sich am Rande lauten Vorsichhinlachens. Seeträumers Miene hatte sich aufgehellt, als wäre die Wolke der Erd-Sicht vorübergehend aus seiner Seele geweht worden. Sogar Covenant dachte anscheinend im Moment an keinerlei Gefahr: seine Augen brannten wie angefachte glühende Kohlen der Hoffnung. Nur die Haruchai zeigten auf die Stimmung keine Reaktion. Sie benahmen sich, als könne nichts sie aus der Ruhe bringen. Oder als sähen sie den Effekt der Luft auf ihre Gefährten – und trauten der Sache nicht.
Blankehans betrachtete das Tal mit ineinander verschlungenen, verknoteten Händen. »Habe ich's nicht gesagt?« meinte er leise. »Lieblich und gefährlich.« Er gab sich mühsam einen Ruck und wandte sich an die Erste. »Laß uns nicht zaudern. Schlecht stünd's uns, an diesem Ort mit unseren Absichten zu säumen.«
»Sprich du für dich, Schiffsmeister!« entgegnete Pechnase mit leuchtendem Gesicht. »Mir tut's wohl, hier zu stehen und eine solche Luft zu genießen.«
Die Erste nickte, als teile sie die Meinung ihres Ehemanns. »Es ist fürwahr, wie du gesagt hast«, bestätigte sie dann jedoch Blankehans. »Wir vier werden gemeinsam mit Covenant, der Auserwählten und ihren Haruchai aufbrechen und diese Elohim aufsuchen. Rate Ankermeister Derbhand zur Vorsicht, daß er keinem Wesen, das sich ihm hier durch Zufall nahen mag, Veranlassung zum Unmut gibt!« Der Kapitän neigte zum Zeichen der Zustimmung den Kopf und wollte sich zum Achterkastell entfernen. Aber die Erste hielt ihn zurück, indem sie ihm eine Hand auf den Arm legte. »Auch dir will ich zur Umsicht raten«, sagte sie gelassen. »Wir müssen Bedacht mit dem walten lassen, um was wir mit diesem Volk verhandeln. Es ist mein Wunsch, daß ohne mein Einverständnis keine Angebote unterbreitet, keine Gaben erbeten werden.«
Sofort verhärtete sich Blankehans' Miene. Zuerst dachte Linden, er werde sich weigern, die Ermahnung zu verstehen. Aber er entschied sich für eine andere Art der Weigerung. »Mein Leben ist mein. Ich gedenke Verhandlungen zu führen, wie sie mir belieben.«
Covenant musterte die beiden Riesen mit Mutmaßungen in seinem Blick. »Hile Troy war der gleichen Auffassung«, sagte er im Tonfall gekünstelter Nonchalance. »Bis jetzt hat's ihn mehr als dreitausend Jahre gekostet.«
Die Erste ignorierte Covenant und ließ sich von Blankehans nicht beeindrucken. »Nein. Es ist nicht dein. Du bist Sternfahrers Schatz' Schiffsmeister, der Suche zugehörig und ihr verschworen. Ich wünsche dich nicht zu verlieren.«
Aufsässigkeit furchte Blankehans' Stirn, betonte die Art, wie seine wuchtigen Brauen die Augen überschatteten. Doch einen Moment später gab er nach. »Ich habe deine Worte vernommen.« Innere Konflikte machten seine Antwort barsch. Er drehte sich um und ging Derbhand seine Befehle erteilen.
Die Erste betrachtete seinen Rücken, während er sich entfernte. Als er fort war, wandte sie sich an Linden. »Achte wachsam auf ihn, Auserwählte! Berichte mir, was du siehst! Ich darf ihn nicht verlieren.«
Nicht verlieren , klang es in Linden nach. Das Nicken, mit dem sie antwortete, besaß keinen wirklichen Sinn. Wenn Blankehans in Gefahr schwebte, dann ebenso sie.
Während sich der Kapitän mit Derbhand verständigte, befestigte man über dem gewasserten Langboot eine Strickleiter. Sobald Blankehans fertig war, eilten Ceer und Hergrom ins Boot hinunter, um die Strickleiter zu halten. Seeträumer stieg hinab und setzte sich ans vorderste Paar Ruder. Ein knappes Nicken der Ersten schickte Pechnase hinterdrein. Dann drehte sie sich nach Covenant und Linden um und wartete auf die beiden. Linden verspürte von Covenant eine Emanation starker Verlegenheit. »Mit Leitern komme ich nicht so gut zurecht«, murmelte er peinlich berührt. Die fahrigen Gebärden seiner Hände zeugten sowohl von ihrer Gefühllosigkeit wie auch seiner alten, eingefleischten Höhenfurcht. Aber dann zuckte er die Achseln. »Ach, na und? Brinn kann mich jederzeit auffangen.« Mit verkrampften Schultern trat er an die Reling. Vorsichtshalber kletterte Brinn dem Zweifler voraus. Die Arme beiderseits Covenants an der Strickleiter, gewährte er dem Ur-Lord beim Hinabsteigen die Sicherheit
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