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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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leicht erregbare Entzücken der Riesen in Konflikt mit seiner Erd-Sicht geraten. »Willkommen in unserem Clachan «, sagte Chant. Er hatte sein Vergnügen am Staunen der Gefährten. »Vergeßt alle Sorge! Hier erübrigt sich alles dergleichen. Wie dringlich eure Bestrebungen auch sein mögen, Elemesnedene ist kein Ort, den zu schauen irgendein Sterblicher bereuen müßte.«
    »Wir werden's nicht bereuen«, versicherte die Erste vorsichtig. »Wir sind Riesen und verstehen den Wert des Wunderbaren zu würdigen. Doch unsere Eile ist eine Bürde, die wir nicht scheuen dürfen. Ist uns gestattet, von der Drangsal zu sprechen, die uns zu euch gebracht hat?«
    Ein schwaches Runzeln furchte Chants Stirn. »Eure Hast erweist unserem Willkommen nur geringe Ehre. Wir sind keine Riesen oder andere Kinder, daß es gangbar wäre, unser Tun so in Frage zu stellen. Des weiteren ...« – er richtete seinen hyazinthblauen Blick auf Linden – »wird niemand zum Elohim -Fest zugelassen – der Versammlung, in der wir beraten, in der wir über Gaben sprechen und sie in Erwägung ziehen –, der nicht zuvor von uns der Prüfung unterzogen worden ist. Wir erkennen die Wahrheit in euch. Ergründet werden muß jedoch der Geist, in dem ihr dieser Wahrheit anhängt. Seid ihr mit der Prüfung einverstanden?«
    Prüfung? fragte sich Linden. Sie wußte nicht, wie sie der Forderung in Chants Blick standhalten sollte. Unsicher wandte sie sich nach Blankehans um. Er zeigte auf ihre stumme Frage ein Lächeln. »Es ist so, wie ich's in Erinnerung habe. Es besteht kein Grund zur Furcht.« Covenant wollte offenbar etwas sagen, unterließ es jedoch. Seine eingezogenen Schultern verrieten deutlich genug, daß er sich Gründe vorstellen konnte, aus denen jede Art von Prüfung zu fürchten sei.
    »Der Riese entsinnt sich recht.« Daphins Stimme klang nach friedlicher Vermittlung und Ermutigung. »Man sagt bei uns, daß das Herz Geheimnisse hütet, die des Erwähnens nicht wert sind. Uns steht nicht der Sinn nach Zudringlichkeit. Wir begehren lediglich eine Aussprache mit euch, so daß wir im Auf und Ab eurer Worte den Geist eurer Wahrheit zu ermessen vermögen. Komm!« Während sie lächelte wie ein Sonnenaufgang, trat sie vor und nahm Lindens Arm. »Magst du mich nicht begleiten?« Linden zögerte. »Sei getrost, was deine Begleiter angeht«, fügte die Elohim hinzu. »In deinem Namen sind sie in unserer Mitte so wohl aufgehoben, wie ihre verschiedenen Nöte es zulassen.«
    Die Ereignisse vollzogen sich zu schnell. Linden wußte nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie konnte nicht all das zur Kenntnis nehmen, was ringsherum an Sehenswürdigkeiten und Wundervollem geboten war, vermochte nur mit Mühe das Glöckchengeläut so weit aus ihrem Kopf auszuschließen, daß es ihren Verstand nicht benommen machte. Auf derartige Entscheidungen war sie nicht vorbereitet. Doch sie hatte ihr Leben damit zugebracht, Entschlüsse zu fassen und sich den Konsequenzen zu stellen. Und die Erlebnisse im Lande hatten sie von neuem die Wichtigkeit ständigen Weitermachens gelehrt. Weitermachen! Laß die Dinge auf dich zukommen! Sieh, was geschieht! Beinahe unvermittelt gab sie Daphins leichtem Druck an ihrem Arm nach. »Ich komme. Du kannst mich fragen, was du willst.«
    »Ach, Sonnenkundige!« Die Elohim lachte hell. »Ich werde dich nichts fragen. Du wirst mich fragen.«
    Nichts? Linden verstand die Entgegnung nicht. Und Covenants Blick brannte ihr im Nacken, als beteilige sie sich daran, wie die Elohim ihn demütigten. Er hatte einen harten, schweren Weg zu seiner Macht zurückgelegt und eine derartige Behandlung nicht verdient. Aber Linden gedachte nicht zurückzustecken. Sie hatte sein Leben um Nebelhorns willen riskiert. Nun setzte sie seinen Stolz aufs Spiel, obwohl die zornige Verwirrung, die von ihm ausging, sie schmerzte. Sie nahm Daphins Berührung in Kauf und strebte die Anhöhe hinunter. Währenddessen begannen sich andere Formen ringsum in menschliche Gestalten umzuwandeln: weitere Elohim zeigten sich, kamen anscheinend, um an der »Prüfung« ihrer Gäste teilzuhaben. Zwar war Linden inzwischen auf solche Erscheinungen gefaßt, aber es verblüffte sie trotzdem, zu sehen, wie Büsche, Springquellen, im Dahingaukeln begriffene Ansammlungen von Edelsteinen sich so unerwartet in vertrautere Wesensformen verwandelten. Als Cail sich wie zum Schutz an ihre andere Seite begab, fand Linden in seiner Gegenwart spürbaren Trost. Er war so verläßlich wie Stein.

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