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Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)

Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)

Titel: Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter W. Hohenester
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einem viereckigen Tisch und aßen Abendbrot.
    Ein kleines, zappeliges, schwarzhaariges Männchen sprang vom Stuhl auf und rannte auf mich zu.
    »Sie haben nur ein Zelt«, stellte das Männchen fest. »Damit müssen sie ganz nach hinten. Ganz nach hinten!«
    Es gestikulierte wild mit den Armen.
    »Gleich kommen die ganzen Wohnwagen. Das wird gleich ganz voll hier. Da brauche ich den Platz. Ganz nach hinten!« betonte das Männchen noch einmal.
    Besonders willkommen schien ich hier nicht zu sein. Aber plötzlich bekam ich unerwartete Unterstützung. Der hünenhafte Holländer, der mir in Marburg aufgefallen war, stand neben uns.
    »Die B27 zwischen Moosbach und Heilbronn ist seit 18 Uhr gesperrt«, sagte er. »Da kommt heute niemand mehr.«
    Dann zu mir gewandt:
    »Wie viel Kilometer? 328?«
    »Mehr«, stellte ich nach einem Blick auf meinen Tacho fest. »Fast 500.«
    »Ah!«
    Er schaute zu den Wohnwagen hinüber, vor denen Tische standen, an denen gerade das Abendessen zubereitet wurde. Die Leute dort schienen Holländer zu sein, denn als er ihnen etwas zu rief, was ich nicht verstand, ließen sie fallen, was sie in den Händen hielten, erhoben sich und gaben mir eine Standing Ovation, während ich mein Rad an ihnen vorbei zum Ende der Wiese schob.
    Das zappelige Männchen hatte sich zu seinem Abendbrottisch verzogen.
    Etwas später als ich schon dabei war mein Zelt aufzubauen, kam es noch einmal zu mir. Es wirkte ziemlich zerknirscht und meinte, das mit der B27 hätte es nicht gewusst und ich könne mein Zelt auch gerne weiter vorne aufbauen. Ich erklärte ihm, dass ich den Platz hier ganz in Ordnung fände, und entließ das Männchen gnädig mit einer Handbewegung wie man sie im Allgemeinen benutzt um lästige Fliegen zu verscheuchen. 
     

Sechzehnter Tag
    Es waren wirklich nur noch einige Radler mit ihren Zelten gekommen. Mit einem von ihnen unterhielt ich mich noch kurz vor der Abfahrt. Er kam von Esslingen und war auf dem Weg nach Frankfurt, um dort eine Tante zu besuchen. Seine Ausrüstung war vom Besten und Feinsten, was auf dem Markt zu finden ist; allerdings auch so schwer, dass er schon eine erste Reifenpanne zu beklagen hatte. Ich vernahm es, nicht ohne ein bisschen Schadenfreude zu empfinden.
    Nachdem er sich verabschiedet hatte, machte ich mich auf die Weiterfahrt. Ich fuhr auf Gut Glück los, durchquerte Weinsberg und gelangte tatsächlich, nachdem ich auf der Landstraße bei zwei Tankstellen je einen Liter Wasser getankt hatte, was gerade ausreichte mich vor dem Verdursten zu bewahren, durch Befragen auf den Alb-Neckar Weg (Neckar-Radweg).
    So weit es die Strecke betraf, war dieser Tag ein Glückstag. Der Weg führte kontinuierlich bergab.
    Ich war nicht alleine unterwegs. Immer wieder fuhr ich an Gruppen von Radlern vorbei, die mit oder ohne Kinder unterwegs waren. Ab und zu überholte mich ein Radler auf einem Rennrad. Einer davon schloss sich mir an. Er fragte nach dem Woher und Wohin. Dann berichtete er von einer Gewalttour, die er kürzlich gemacht hätte: von Düsseldorf nach Stuttgart in zwei Tagen - 268 Kilometer an einem Tag!
    Ich staunte: » Nicht schlecht!«
    »Aber jetzt habe ich eine Achillessehnenentzündung.«
    Ich schaute zu ihm hinüber. Er grinste tapfer.
    »Wahrscheinlich kommt das davon.«
    »Hmm!«
    Auf den nächsten Kilometern erzählten wir uns etwas aus unserem Leben. Er hätte eine kleine Druckerei, berichtete er.
    »Geschäftspapiere und so.«
    »Läuft das denn noch? Heutzutage, wo doch jeder einen PC und einen Drucker hat?«
    »Doch, doch. Die Firmenkunden bleiben mir treu.«
    Wir kamen an eine Abzweigung. Er verzögerte das Tempo.
    »Ich muss hier kurz abbiegen; bin aber gleich wieder da. Wir treffen uns weiter vorne wieder.«
    Mein Begleiter scherte aus und ich fuhr weiter. Der Weg war asphaltiert und gut befahrbar. Links und rechts von Schilf und Buschwerk gesäumt ging es leicht bergab. Es war ein müheloses Vorankommen. Fast wie auf einer Autobahn für Radfahrer. Dieser Vergleich erwies sich als überraschend zutreffend, denn plötzlich stand ich im Stau! Wild diskutierende Radfahrer, ein Bein noch über dem Sattel standen kreuz und quer vor mir. Sie zeigten, mit Armen und Händen wild gestikulierend in verschiedene Richtungen. Ich stieg ab und schob mein Rad durch den Haufen hindurch nach vorn, um nach der Ursache zu forschen. Es war die Übliche: Es gab drei Möglichkeiten zur Weiterfahrt und keine war beschildert. Ich wollte mir die Haare raufen, aber das ging

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