Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)
Fahrrad.« Er nickte und wurde munterer. »Sie müssen, da«, er zeigte aufs Neubaugebiet, »bis gute Straße kommt. Auf guter Straße bis Schild nach links. - Geht auch mit Fahrrad.« Er nickte noch einmal. Diesmal mit Nachdruck. Für einen Augenblick strahlte er mich selbstzufrieden an. Dann zogen wieder die Sorgen in sein Gesicht und beugten seinen Kopf nach unten. Er winkte mir mit der linken Hand einen flüchtigen Gruß zu und setzte seinen Weg fort.
Ich ließ den Duft der Hecke hinter mir und stürzte mich in das Abenteuer das Neubaugebiet auf der unbefestigten Straße zu durchqueren. Die Häuser waren noch nicht verputzt aber schon bewohnt. Die Vorgärten unbegrünt, winzige Wüsten mit Steinhaufen darin. Vor den Fundamenten der Zäune spielten Kinder im Sand. Ein PKW hupte neben mir und hüllte mich in eine Wolke aus Staub.
Danach wirkte die Asphaltstraße wie eine Erlösung auf mich. Ich folgte ihr in der angegebenen Richtung, bis das Schild »Büren« auftauchte, welches zu einer autobahnartiger Auffahrt führte. Etwas irritiert folgte ich ihm, fuhr die enge Kurve auf der Standspur hinauf und kam auf eine breite vierspurige Straße mit Leitplanken. War das eine Autobahn? Eine Schnellstraße? Durfte ich hier überhaupt fahren? Hatte ich ein Verkehrszeichen übersehen? War ich vielleicht einem falschen Schild gefolgt? Gab es noch eine andere Möglichkeit nach Büren zu kommen? Bevor mich die Polizei abservierte, sollte ich mich lieber vergewissern.
Vorsichtig, dicht an der Leitplanke entlang schob ich mein Rad zum Ausgangspunkt zurück. Es gab kein Verbotsschild. Es gab kein Gebotsschild. Es gab keinen anderen Weg.
Dann eben zurück und weiter auf der sich als idealer Radweg anbietenden Standspur. Nach wenigen Kilometern verwandelte sich die Ausbaustrecke in eine normale Landstraße. Jetzt verstand ich, was der Sorgenvolle gemeint hatte, als er so bedeutungsvoll gesagt hatte: »Geht auch mit Fahrrad.«
Am Himmel braute sich etwas zusammen. Ich zog meine Regensachen wieder an. Acht Kilometer ging es ständig bergauf; dann in steilen Serpentinen hinunter nach Büren. Genau am Ende der Steigung legte das Gewitter los. Ich bremste mich auf nasser Fahrbahn bis fast in den Ort hinein. Unter einer Bushaltestelle suchte ich Schutz. Der Regen prasselte ungehemmt herab. Kein Mensch war zu sehen. Blitze zuckten über den dunklen Himmel. Die Bäume neben dem Schutzhäuschen sahen bedenklich hoch aus. Das Rad stellte ich lieber zur Seite. Ein Magnettest hatte ergeben, dass sein Rahmen aus Stahl war. An der Rückwand unter dem schützenden Dach hing ein Stadtplan. Es gab viele Hotels hier. Es war bereits Abend. Heute würde ich nicht mehr weit kommen.
Ein klappriger Laster rauschte vorbei. Er verwandelte eine Pfütze in eine Wand aus Wasser, die über mich hereinbrach. Der Laster hielt ein paar Meter weiter. Er hatte ein osteuropäisches Aussehen. Ein Mann sprang aus dem Führerhaus und rettete sich zu mir unters Dach. Er begann die Karte zu studieren.
»Polen?«, fragte ich. Unter der Plane hatte ich Umzugsgut gesehen.
Er schüttelte den Kopf.
»Tschechien.«
Dann murmelte er etwas in einer Sprache, die ich nicht verstand. Auf dem Plan hatte er genug gesehen. Jetzt blickte er zu meinem Fahrrad. Ich fand, es war ein begehrlicher Blick. Kein Mensch war weit und breit zu sehen. Er war größer als ich; aber nicht viel. Ich straffte die Schultern.
Wieder murmelte er etwas, was ich nicht verstand. Dann zog er seine Lederjacke über den Kopf und rannte zu seinem Fahrzeug.
Ganz allmählich beruhigte sich das Wetter. Leute mit Schirmen tauchten auf. Drei Frauen traten zu mir unter das Dach. Ich fragte sie, ob sie ein preisgünstiges Hotel wüssten, in dem auch Radfahrer gern gesehen wären. Zuerst wussten sie nichts. Doch dann fiel einer von ihnen etwas ein.
»Wenn Sie an der nächsten Kreuzung nach links abbiegen und in Richtung Brenken fahren, da ist eines.
Ich wollte es versuchen. Der Regen ließ immer mehr nach. Die Straße führte bald aus Büren heraus. Eine Abzweigung nach Brenken kam. Es ging steil bergauf in einen Wald hinein. 20.30 Uhr, mein Handy wollte eingeschaltet werden. Kaum hatte ich es verstaut und das Fahrrad einige hundert Meter in den Wald hinauf geschoben, meldete es sich schon wieder. Es war Marlies Es war unser erstes Telefongespräch über das Handy. Ich hatte aus Versehen die Mithörfunktion eingeschaltet. Der ganze Wald nahm an unserem Gespräch teil.
Hinter dem Höhenrücken ging es
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