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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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erreichen waren. Die vierte Wand bestand ganz aus Glas und gab den Blick auf einen kleinen überdachten Pool frei. Die Bücher waren offensichtlich geordnet und katalogisiert wie in einer Universitätsbibliothek.
    Atwan erhob sich, um sie zu begrüßen. Er war ein gepflegter Mann, schlank und sorgfältig gekleidet. Sein Haar war glatt und silbergrau wie Zinn. Er trug eine Tweedjacke und einen Kaschmirpullover sowie seidene Hausschuhe, auf die sein Monogramm gestickt war. Auf dem Tisch neben seinem Sessel lag das Buch, in dem er gerade gelesen hatte, ein Essayband von Isaiah Berlin. Harry fand das bemerkenswert. Seiner Erfahrung nach lasen Araber nicht viel, und wenn doch, dann sicherlich keine Aufsätze jüdischer Philosophen. Neben dem Buch von Berlin lag eine zerlesene Ausgabe des jüngsten Jahresberichts des Internationalen Instituts für Strategische Studien.
    Adrian Winkler ging auf den Gastgeber zu, küsste ihn in libanesischer Manier dreimal auf die Wangen und stellte ihm Harry dann als einen gewissen «William Fellows» vor. Er hatteHarry vorher nicht darüber informiert, dass er ihm einen anderen Namen geben würde.
    Harry gab Atwan die Hand, und der Araber erwiderte die Begrüßung mit schlaffem Händedruck.
    «Mr.   Fellows ist Amerikaner, aber Sie können ihm trotzdem vertrauen», sagte Adrian. «Er ist einer von uns und sehr zuverlässig.»
    «Davon bin ich überzeugt, mein Lieber», sagte Atwan und musterte Harry lächelnd von Kopf bis Fuß. «Sie könnten fast ein Libanese sein, wenn Sie nicht so groß wären.»
    «Ich bin Grieche», sagte Harry.
    «Fellows klingt aber nicht sonderlich griechisch.»
    «Man hat unseren Namen geändert. Auf Ellis Island.»
    Atwan bedeutete ihnen, auf einer Ledercouch am anderen Ende des Raumes Platz zu nehmen. In einem silbernen Kühler stand eine Flasche Weißwein. Nach einer Weile kam ein Diener, öffnete sie und goss Atwan ein wenig davon in ein Glas. Es war ein 1996er Bâtard-Montrachet. Auf einem anderen Tisch sah Harry noch eine entkorkte Flasche 1990er La Tâche, die wohl vor dem Hauptgang ein wenig atmen sollte. Beide Flaschen zusammen hätten Harry ein Monatsgehalt gekostet.
    «Hat Ihnen Mr.   Winkler etwas von meinen Geschäften erzählt?», fragte Atwan.
    «Nein, überhaupt nichts», antwortete Harry. «Ich weiß über Sie nur das, was ich jetzt mit eigenen Augen sehe. Aber was immer Sie für Geschäfte machen, die müssen ziemlich einträglich sein.»
    «Gut gemacht, Adrian», sagte der Libanese und tätschelte Winkler die Hand – eine Geste, die so intim war, als wäreAdrian ein Mitglied seiner Familie. Harry wollte lieber gar nicht wissen, wie die Beziehung zwischen den beiden genau aussah.
    Atwan verkostete den Weißwein, befand ihn für angemessen und ließ den Gästen davon einschenken. Er selbst trank nichts bis auf den ersten kleinen Schluck, um sicherzugehen, dass seine Gäste auch wirklich das Beste bekamen, und ließ sich von dem Diener eine Cola Light bringen. Adrian nahm einen Schluck Wein, um sich die Kehle zu befeuchten.
    «Ich dachte, Sie könnten meinem Freund Fellows vielleicht etwas über Ihre jüngsten Geschäfte mit dem Iran erzählen», sagte er zu Atwan. «Wie bereits erwähnt, arbeitet er ja für uns, und ich glaube, dass die aktuellen Transaktionen ihn brennend interessieren werden.»
    Atwan runzelte die Stirn. «Und wie viele Einzelheiten soll ich Mr.   Fellows erzählen?»
    «Einige. Nicht alle. So viele, wie Sie möchten.»
    «Verstehe.» Atwan lächelte. «Ich soll Mr.   Fellows die Bibliothek zeigen, aber nicht das Schlafzimmer.»
    «So kann man es auch ausdrücken. Und vielleicht lassen Sie ihn ja auch einen kurzen Blick ins Schlafzimmer werfen, Sie müssen ihm dort ja nicht gleich alles zeigen.»
    «Na schön. Wo soll ich anfangen? Man könnte vermutlich sagen, dass ich in der Import-Export-Branche tätig bin. Ich beschaffe Produkte, die auf dem Weltmarkt einen gewissen Seltenheitswert besitzen, und verkaufe sie an Menschen, die sie haben wollen. Natürlich tue ich das nicht unter meinem eigenen Namen. Ich habe viele Firmen, hinter denen ich mich verbergen kann, auch wenn das manchmal gar nicht einfach ist.»
    «Warum nicht?», fragte Harry. Er hatte keine Ahnung, wohin dieses Gespräch führen würde und warum Winkler ihn hierhergebracht hatte.
    «Weil ich mit Produkten handle, die ziemlich ungewöhnlich sind, mein Lieber. Jedenfalls findet man sie nicht bei Marks & Spencer.»
    «Was sind denn das für Dinge?»
    Atwan warf

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