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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Adrian einen fragenden Blick zu, und der britische Agent nickte.
    «Erzählen Sie es ihm ruhig, Kamal. Ich sagte ja, er ist einer von uns.»
    «Nun gut. Im Augenblick besteht beispielsweise eine gewisse Nachfrage nach Oszillographen mit sehr kurzer Ansprechzeit, um besonders kurzwellige Strahlung messen zu können. Oder nach sogenannten FX R-Röntgengeräten , die Hochgeschwindigkeitsaufnahmen von Implosionsprozessen anfertigen können. Sehr gefragte Apparate. Was ließe sich momentan sonst noch gut verkaufen? Ach ja, hydrodynamische Messinstrumente, die die Bewegungen von Druckwellen durch Materialien aufzeichnen. Und natürlich schnelle Computer, die die Daten von diesen Messinstrumenten empfangen und damit hochkomplexe Simulationen erstellen können. An solchen Computern zusammen mit der richtigen Software bin ich immer sehr interessiert.»
    «Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen diesen Geräten, Mr.   Fellows?», fragte Adrian mit einem Augenzwinkern. «Können Sie sich vorstellen, wofür man solche Ausstattungen wohl benutzen könnte?»
    «Für die Entwicklung und den Bau von Nuklearwaffen», sagte Harry.
    «Sie haben doch gemogelt», sagte Adrian. Er blickte zu Atwan hinüber, der in kleinen Schlucken seine Cola trank.
    «Da wir hier offenbar ein Quiz spielen, würde ich gern die nächste Frage stellen», sagte Harry. «Was ist mit Schwerwasserreaktoren, in denen man aus verbrauchten Uran-Brennstäben Plutonium herstellen kann? Gibt es auch Kunden, die gern solche Reaktoren von Ihnen hätten?»
    Atwan lachte. Trotz seines todernsten Geschäftes wirkte er leicht und elegant wie ein arabischer Fred Astaire.
    «Sie scheinen den Markt recht gut zu kennen, mein Lieber. Das ist mir nicht verborgen geblieben. Bisher haben wir noch keine Bestellungen für den Reaktor, den Sie meinen, aber ich sage Ihnen ganz offen, dass es mich nicht überraschen würde, wenn wir demnächst eine erhalten würden. Vermutlich ist sie bereits auf dem Weg.»
    «Und wer sind Ihre Auftraggeber, wenn ich fragen darf?»
    «Es tut mir sehr leid, aber über meine Auftraggeber spreche ich grundsätzlich nur mit Adrian. Das ist ein Geschäftsgeheimnis, und über Geschäftsgeheimnisse darf man nicht reden.»
    «Kommen Sie schon, Kamal», sagte Winkler. «Erzählen Sie ihm, mit wem Sie kürzlich zu tun hatten. Es bleibt schließlich alles in der Familie.»
    Atwan legte misstrauisch den Kopf schief, aber Winkler bedeutete ihm mit einem aufmunternden Nicken, weiterzureden.
    «Nun denn, mein lieber Mr.   Fellows. Mein letzter Auftraggeber für eine wissenschaftliche Ausrüstung dieser Art war eine iranische Firma. Sie hat es natürlich über Strohmänner bestellt, doch der Endabnehmer war mit ziemlicherSicherheit eine Firma mit dem Namen Tohid. Nicht gerade bekannt, doch mein Freund Adrian konnte mit dem Namen etwas anfangen.»
    Harry verzog keine Miene. Natürlich kannte auch er den Namen. Bei Tohid arbeitete ein gewisser Karim Molavi, besser bekannt unter dem Namen «Doktor Ali».
    «Tut mir leid», sagte Harry. «Nie davon gehört.» Aus dem Augenwinkel sah er, wie Winkler kaum merklich nickte, in Anerkennung von Harrys Diskretion.
     
    Das Mittagessen war großartig. Ein Diener servierte gefüllte Weinblätter und Kibbeh sowie ein Dutzend anderer libanesischer Vorspeisen, danach gab es frische Hummerschwänze und schließlich mit weißen Papierrüschen verzierte englische Lammkoteletts, die wie eine Reihe kleiner Chorknaben aussahen. Nach dem Hauptgang wurde eine üppige Platte mit einem Dutzend verschiedener Käsesorten aufgetragen. Atwan selbst aß nur wenig, während Adrian Winkler mit großem Appetit zulangte.
    Auch Harry aß ziemlich viel und winkte erst ab, als der Diener schließlich Eisbecher mit Karamell hereinbrachte. Adrian hingegen machte sich auch noch über die Nachspeise her. Es war klar, dass er Atwans Küche schon bei anderen Gelegenheiten genossen hatte, und er aß so selbstverständlich, als wäre er der Sohn des Mannes – oder sein Geschäftspartner.
    Während des Essens sprach Atwan über seine Bibliothek, die sein wertvollster Besitz und ihm offenbar noch lieber war als die impressionistischen Gemälde im Erdgeschoss. Stolzverkündete er, dass er Erstausgaben sämtlicher großen englischen Schriftsteller besitze: Austen, Eliot, Dickens, Thackeray, Trollope. Die British Library hatte seine Sammlung schon kaufen wollen, aber er hatte abgelehnt. Die Bücher, so erzählte er, seien ihm die intimsten Freunde. Von Menschen hatte

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