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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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um einen unserer Freunde, obwohl er sich selbst nie so bezeichnen würde.»
    «Ich habe jetzt wirklich keine Zeit für Kontaktpflege, Adrian. Zu Hause sitzen die Leute in den Startlöchern. Ich bin jetzt schon einen Tag zu spät dran.»
    «Schon klar, schon klar. Aber das ist keine bloße Kontaktpflege, glaub mir. Ich würde dich niemals darum bitten, wenn ich nicht wüsste, dass es sich lohnen wird. Und zwar für dich, meine ich. Der Herr, um den es sich handelt, ist ein schwerreicher libanesischer Unternehmer, der in den Siebzigern für Libyen den Transport seines Öls und noch ein paar andere Dinge geregelt hat. Jetzt ist er, wie gesagt, Unternehmer. Sehr zurückhaltend und diskret. Er fliegt so weit unter dem Radar, dass er beinahe den Boden berührt, aber dabei macht er sich niemals schmutzig, weil er genau auf jeden seiner Schritte achtet. Ein nützlicher Freund, wenn du weißt, was ich meine.»
    «Das hört sich ja nach einem wahren Teufelskerl an, Adrian, aber ich sollte trotzdem zurückfliegen.» Harry machte eine Pause. «Es sei denn, er hat etwas zu dem Thema zu sagen,über das wir gestern gesprochen haben. Was macht er eigentlich genau, wenn ich fragen darf?»
    «Aha, nun kommen wir zum springenden Punkt. Er verkauft hauptsächlich wissenschaftliches Gerät, an das man normalerweise nur schwer rankommt. Verstehst du, was ich meine?»
    «Ja.» Harry lächelte in sich hinein. «Ich glaube, ich verstehe. Wo treffen wir denn diesen Geschäftsmann?»
    «Ich war so frei und habe einen Termin zum Mittagessen mit ihm vereinbart. Bei ihm zu Hause in Mayfair. Er geht nicht gerne aus, und uns kommen solche   … Unterhaltungen zu Hause sehr entgegen. Ich habe ihm gesagt, wir wären um halb eins bei ihm. Das ist dir doch hoffentlich recht?»
    «Hat dein Freund denn auch einen Namen?»
    «Kamal Atwan.»
    Harry kannte viele arabische Geschäftsleute in London, doch dieser Name war ihm noch nie untergekommen. Ganz offensichtlich flog er wirklich weit unter dem Radar.
    «Hol mich am Hotel ab, und nach dem Gespräch musst du mich sofort zum Flughafen bringen. Ich muss unbedingt heute noch zurückfliegen.»
    «Natürlich. Du bist nun mal ein Arbeitstier. Aber in Bezug auf diese Einladung zum Mittagessen muss ich dir noch etwas sagen.»
    «Was denn?»
    «Nun, es handelt sich um einen unserer Aktivposten. Einen meiner Aktivposten, um genau zu sein. Solche Leute teilen wir normalerweise mit niemandem, auch nicht mit unseren amerikanischen Vettern. Wenn wir also bei ihm sind, musst du so tun, als wärst du einer von uns. Er muss glauben, dassseine Informationen in unserem Kreis bleiben und nicht zu euch gelangen, sonst würde er niemals einwilligen, dich zu sehen.»
    «Das klingt selbst für deine Verhältnisse ziemlich merkwürdig, Adrian. Was hat er denn für ein Problem mit uns Amerikanern?»
    «Das ist jetzt vielleicht ein Schock für dich, aber er vertraut euch nicht. Er glaubt, dass die CIA inkompetent ist und nicht in der Lage, ihre Freunde zu beschützen. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, wie er auf diese Idee kommt, aber so ist es nun mal. Also gestatte mir bitte, dass ich für diesen einen Tag einen ehrenwerten britischen Agenten aus dir mache. Das wird dich schon nicht umbringen.»
    «Wahrscheinlich nicht», sagte Harry, ohne richtig darüber nachzudenken.

16   London
    Kamal Atwan wohnte in der Mount Street, direkt hinter dem Berkeley Square, in einem stattlichen Haus aus dem Regency. Andere wohlhabende Araber hätten hier nach einer Nacht im gleich um die Ecke gelegenen
Annabelle’s
ausgelassene Partys gefeiert, doch Atwan war viel zu gediegen für so etwas. Ein stämmiger Diener, der mehr nach Leibwächter als nach Butler aussah, öffnete ihnen die Tür. Er nickte Adrian, den er bereits zu kennen schien, kurz zu, und führte sie dann in einen eleganten Salon. Das Erste, was Harry ins Auge fiel, war ein großes Gemälde in leuchtenden Farben, das an der Wand gegenüberhing. Es sah fast so aus, als gehörte es zum Seerosen-Zyklus von Monet, aber das war doch eigentlich unmöglich.
    «Ist das das, wofür ich es halte?», flüsterte er Adrian ins Ohr und deutete mit dem Kopf auf das Gemälde.
    «M-hm», brummte Adrian und deutete quer durch den Raum auf ein weiteres Bild, das eine junge Frau mit rosigen Lippen zeigte. «Und das ist ein Renoir.»
    Atwan empfing sie in der Bibliothek im ersten Stock. Drei Wände standen vom Boden bis zur Decke voller Bücher, sodass die oberen Fächer nur mit einer Leiter zu

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