Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
sagen, das kommt ein wenig... unverhofft.«
    Verdammt richtig, es kommt tatsächlich unverhofft, denke ich zwar, sage es aber nicht. Die Durchwahl zu Lynne Telestrians Privatbüro war laut Peg fast so schwer herauszubekommen wie der Code für den Start von Atomraketen. Ich lächle nur und sage: »Ich war der Ansicht, unser Gespräch sei noch nicht ganz beendet, Ms. Telestrian. Bei unserer letzten Unterhaltung habe ich nicht die richtigen Fragen gestellt. Ich dachte mir, es sei an der Zeit, das zu korrigieren.«
    Sie hebt eine Augenbraue in einer Mischung aus Widerwillen und Neugier. »Ach? Und was macht Sie glauben, ich hätte die Absicht, Ihre Fragen zu beantworten?«
    Ich zucke die Achseln. Aus dem Augenwinkel sehe ich Argent mit seinen Metallfingern gestikulieren. Er achtet auf die Zeit, und ich habe bereits zwanzig Sekunden der zwei Minuten vergeudet, die wir als unbedenklich eingestuft haben. »Vielleicht würden Sie die Fragen zu einer Änderung Ihrer Ansicht bewegen«, stelle ich fest. »Zum Beispiel: ›Wie würden Aktienmarkt und Geschäftswelt auf die Enthüllung reagieren, daß eine zum Telestrian-Imperium gehörende Firma in der Seattier Innenstadt Biowaffen testet?‹« Ich grinse. »Sicher, es gibt ein paar mildernde Umstände, aber ich glaube nicht, daß sich der durchschnittliche, eifrige Schattenschnüffler dafür interessieren wird. Und auch nicht die Nachrichtenmedien.«
    »Was? Das ist doch Unsinn«, schnappt sie. »Niemand würde so etwas glauben.«
    »Da wäre ich an Ihrer Stelle gar nicht so sicher. Der Aktienmarkt ist berüchtigt für seine Empfindlichkeit, nicht wahr? Auch wenn Sie später beweisen könnten, daß Ihre Fraktion nichts damit zu tun hat, ließe sich der Schaden kurzfristig nicht mehr reparieren. Die Frage ist, welche Fraktion kurzfristig mehr Schaden erleiden würde, Ihre oder Timothys? Bedenkenswert, oder nicht?«
    Sie antwortet nicht sofort. Ihr Blick ist kalt und stet, grün und starr, eher der einer Schlange als der einer Frau. Wiederum gestikuliert Argent - eine Minute vorbei. Die Sekunden verstreichen, und ich beginne mich zu fragen, wie groß der Sicherheitsspielraum ist, den Peg in ihre Schätzung einkalkuliert hat, daß ich zwei Minuten lang reden könnte, ohne das Risiko einzugehen, daß der Anruf zurückverfolgt wird.
    »Sie waren nicht untätig, das sehe ich jetzt«, sagt Lynne Telestrian schließlich. »Wenn es Ihr Ziel war, meine Aufmerksamkeit zu erregen, betrachten Sie es als erreicht.« Sie lehnt sich zurück, und das Telekom verändert automatisch die Fokussierung, so daß ihre Züge scharf bleiben. »Nun, da sie Ihnen gehört, was beabsichtigen Sie damit anzufangen?«
    »Bei unserem letzten Gespräch haben Sie mir einen Rat gegeben, den ich mir zu Herzen genommen habe«, sage ich, wobei ich mich jetzt etwas wohler fühle. Zumindest diesen Teil des Gesprächs habe ich mir vorher überlegen können. »Ich habe ein wenig in Timothy Telestrians Unternehmungen in Seattle herumgeschnüffelt, und was ich dabei herausgefunden habe, will mir nicht gefallen. Ich weiß nicht, wieviel Sie bereits wissen und was Sie dagegen zu tun beabsichtigen. Aber lassen Sie mich eines klarstellen, Ms. Telestrian: Falls wir zu keiner Einigung kommen, geht alles, was ich weiß, an jeden Schattenschnüffler, Reporter, Drekwühler und Nachrichtenkorrespondenten, den ich auftreiben kann... mit besonderem Augenmerk auf die Piraten. Haben Sie mich verstanden, Lynne?«
    Sie antwortet nicht verbal, aber ihre grünen Augen sind ausdrucksvoll genug. Nicht zum erstenmal bin ich echt froh, daß ich mich auf der anderen Seite einer Telekomverbindung befinde.
    »Machen Sie alles zum Empfang einer Datei bereit«, sage ich zu ihr. »Es handelt sich um eine Zusammenfassung von allem, was ich herausgefunden und mir zusammengereimt habe. Was Sie damit anstellen, ist Ihre Sache, aber ich schlage vor, daß Sie etwas damit tun. Wenn Sie kneifen, wandert derselbe Bericht, wie ich schon sagte, direkt zu den Schattenschnüfflern.
    Außerdem will ich, daß Sie mich in genau einer Stunde zurückrufen«, fahre ich rasch fort, bevor sie etwas erwidern kann. »Die Nummer befindet sich am Ende der Datei. Aus offensichtlichen Gründen handelt es sich um ein Multi-Knoten-Relais, aber versuchen Sie nicht, der Nummer nachzuspüren. Das Relais wird nur zwei Minuten aktiv sein, und zwar genau sechzig Minuten, nachdem ich das Startzeichen gebe, also würden Sie in einer Sackgasse landen. Wenn Sie mich nicht innerhalb dieser

Weitere Kostenlose Bücher