Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
auch zurückhaltendes Lächeln. »Sie sind verbunden mit...«
    Den Rest höre ich mir nicht mehr an. Drek, eine Aufzeichnung. Ich will gerade die Verbindung unterbrechen ...
    Als sich das Bild plötzlich verändert. Das perfekte Hochglanzbild von Cat weicht einem abgedunkelten Raum. Ein Kopf gleitet ins Bild, zu nah an der Kameralinse und ein wenig unscharf. Dasselbe kupferfarbene Haar, aber jetzt sieht es wie ein Vogelnest aus. Dieselben Augen, aber schlaftrunken und halb geschlossen. »Mmm«, macht Cat. Ihre Stimme klingt kratzig. »Wer's 'n da?«
    »Ich bin's, Cat«, sage ich, nachdem ich mich noch einmal davon überzeugt habe, daß die Kamera meines Telefons funktioniert.
    Ihre Augen öffnen sich ein wenig weiter, vielleicht sogar so weit, daß sie etwas sehen kann. »Mmm«, wiederholt sie. Dann: »Rick, bist du das?« Ich nicke. Sie rückt ein wenig weiter von der Kamera weg, und ich sehe ein wenig mehr von ihr, noch dazu schärfer. Ich nehme an, sie sieht mein Grinsen, weil sie nach unten sieht und murmelt: »Drek!« Dann sehe ich einen blaßhäutigen Arm nach dem Telefon greifen. Der Schirm füllt sich wieder mit Farbmustern, und ich kichere vor mich hin. Manche Dinge ändern sich nie, und dazu gehört auch, daß Cat Ashburton nackt schläft.
    Kaum eine Minute später wird der Bildschirm wieder klar. Cat trägt einen flauschigen weißen Bademantel, und ihr Haar sieht nicht mehr ganz wie das Medu-senhaupt aus. Ihre vollen Lippen sind zu einem verlegenen Lächeln gekräuselt, aber ihre Augen warnen mich, es nicht zu weit zu treiben.
    Von mir aus geht das in Ordnung. Ich bin sowieso nicht in der Stimmung für Spielchen. »Spätschicht?« frage ich.
    »Mmm, Mitternacht bis Mittag«, sagt sie. Was bedeutet, daß sie noch keine zwei Stunden geschlafen hat. Wahrscheinlich eher eine. Das muß ich berücksichtigen. Sie ist vielleicht nicht ganz so schnell von Begriff wie sonst.
    »Zwölfstundenschicht?«
    Sie nickt. »Ist ganz neu, irgendwelche Leute sind der Ansicht, dadurch erhöhe sich die Arbeitseffektivität.« Ihr Tonfall verrät mir alles, was ich über ihre Ansicht zu diesem Thema wissen muß.
    »Hart.«
    Sie kichert, tief und kehlig. Ich kann mich an dieses Kichern noch erinnern und höre es von Zeit zu Zeit noch in meinen Träumen. »Hart? Der reinste Schlauch, Chummer.« Sie hält inne, und ich sehe, daß ihr Blick ein wenig klarer wird. »Was gibt's denn, Omae?« fragt sie mit einer Spur Besorgnis. »Das ist doch bestimmt kein Höflichkeitsanruf. Oder sollte es besser nicht sein...«
    Ich lächle, aber sie sieht so müde aus, wie ich mich fühle. »Kein Höflichkeitsanruf«, bestätige ich. »Ich sitze ziemlich tief im Drek.«
    Cat fährt sich mit der Hand durch die Haare, eine Geste, an die ich mich ebenso deutlich erinnere wie an das Kichern. »Erzähl.«
    »Ich bin aufgeflogen«, gestehe ich ihr. »Voll und ganz, Priyatel, endgültig.«
    »Hat dich eine Zufallsbekanntschaft erkannt?«
    Ich bin froh, daß das ihre erste Vermutung ist, und nicht etwa, daß ich es verpfuscht habe. »Vielleicht, aber mir kommen langsam Zweifel an dieser Theorie.«
    »Erzähl mir mehr.«
    Und das tue ich. Von Anfang an und in allen blutigen Einzelheiten. Drek, ich weiß, Drummond würde mir die Eier abreißen, wenn er es wüßte, aber Drummond soll von mir aus Drek fressen. Schließlich ist es mein Arsch, der hier draußen im Wind hängt, nicht seiner. Jedenfalls gehört Cat zum Star. Und unsere gemeinsame Vergangenheit ist wahrscheinlich nicht im Seattier Lone Star-Computer gespeichert - wenn überhaupt irgendwo, dann in Milwaukee. (Hört sich das so an, als versuchte ich etwas rational zu erklären? Volltreffer, Omae.)
    Cat ist eine gute Zuhörerin, aber das hindert sie nicht daran, eine Zwischenfrage zu stellen, wenn sie etwas nicht richtig verstanden hat, oder zwischendurch Kommentare abzugeben, die mich zwingen, ins Detail zu gehen oder die Dinge aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Während ich vor mich hin plappere, schiebe ich mir außerdem abwechselnd Gyoza und Ya-kisoba rein. Als ich am Ende der Geschichte angelangt bin, sehe ich den chinesischen Kellner vor der Zelle wieder seine Von-einem-Bein-aufs-andere-Nummer abziehen. Also sage ich zu Cat: »Augenblick mal«, schalte den Schirm aus, öffne die Tür und drücke ihm das Tablett in die Hand. »Noch eine Portion Gyoza«, sage ich zu ihm, um ihn mir einerseits vom Hals zu schaffen, und weil ich immer noch Hunger habe. Als er davoneilt, hole ich Cat auf den

Weitere Kostenlose Bücher