Der Einzelgänger
aus. Nur eine Namensliste ohne Anmerkungen. Crystalite, Griffin, Telestrian, Marguax und Starbright. Keiner der Namen sagt mir irgendwas. Worum, zum Teufel, handelt es sich? Konzerne? Einzelpersonen? Leute, über die Cat bereits Drek ausgegraben hat, oder Hinweise, denen sie noch nachgehen will? Keine Ahnung, und ich kann es auch nicht ändern. Ich nehme an, auf lange Sicht spielt es sowieso keine große Rolle.
Zum hundertstenmal frage ich mich, warum Layton und Konsorten sich entschlossen haben, mich auf diesem Weg ins Licht zu holen. Ich weiß, sie müssen einen guten Grund haben, und wenn ich dahinterkomme, was das für ein Grund ist, könnte mir das mehr darüber verraten, in welcher Art Drek der Star zu sitzen scheint. Zumindest stelle ich mir das vor. Ich weiß, Drummond würde mir sagen, für mich bestünde in diesem Punkt keine ›Wissensnotwendigkeit‹, aber manchmal reicht ›Wissenwollen‹ als Triebkraft. Ich gehe alles noch mal durch und versuche mir einen Reim darauf zu machen.
Ungewöhnlich an dieser Aktion ist die Anzahl der beteiligten Personen. Layton zufolge soll ich das Südende der Montlake-Brücke - den Brückenbogen, der den Lake Washington-Kanal zwischen U-Dub und Montlake-Bezirk überquert - im Auge behalten, und zwar zwischen 0255 und 0305. Ein Wagen mit einem Fahrer wird kommen, der unter Benutzung »allgemein akzeptierter Polizeiarbeitsprinzipien‹ (eine hochgestochene Art, »derselbe Drek wie immer‹ zu sagen) Kontakt aufnehmen wird. Ich steige ein, und wir schwirren ab.
Layton sagte außerdem, unterwegs würde es mindestens einen Fahrzeugwechsel geben. Das hat mich aus mehreren Gründen überrascht: Erstens, weil sie es überhaupt für notwendig erachtet hat, es zu erwähnen, und zweitens, daß sie mir sogar gesagt hat, es stünde uns nicht zu, nach den Gründen zu fragen drekcetera.
Warum das Abholmanöver und warum der Fahrzeugwechsel? Es ergibt keinen Sinn, es sei denn, ich bin heißer - viel heißer -, als ich glaube, oder die Unterwanderung des Star ist tiefgreifender, als ich mir vorstellen kann. Drek, das ist schauerlich. Der Star ist immer die eine Konstante in meinem (beruflichen) Leben gewesen, die Einrichtung, der ich vertrauen und auf die ich mich verlassen konnte, wenn ich undercover gearbeitet habe. Es verunsichert mich, daß das, was ich für eine stabile Felsformation gehalten habe, in Wirklichkeit nur Gelee sein könnte ...
Ich schnaube und schiebe diese Gedanken in die »Grübeleien für später‹-Datei. Es ist 0251, und der Regen hat aufgehört, aber von Osten weht ein scharfer Wind über den Lake Washington und die Union Bay herein, und ich friere mich noch zu Tode. Wenigstens hat Layton einen guten Platz ausgesucht. Es gibt ein Dutzend guter Stellen, von denen ich das Südende der Mountlake-Brücke sehen kann, ohne selbst gesehen zu werden. (Zu oft suchen die Schreibtischhengste Plätze aus, die eine und nur eine Stelle zu bieten haben, wo man sich aufhalten kann. Wenn das Treffen in die Hose geht, verwandelt sich diese Stelle in eine Todesfalle.)
Ich befinde mich bereits an der besten Stelle, einer kleinen Bude vor einem Restaurant, wo tagsüber vermutlich die Parkplatzwächter herumhängen. Ohne mich übermäßig zu exponieren, kann ich nach Norden die halbe Brücke, nach Süden bis zur Überführung über den Highway 520 und nach Osten und Westen einen ganzen Block der East Shelby Street überblicken. Das einzige, was gegen meinen ›Ausguck‹ einzuwenden ist, ist die Tatsache, daß die verdammte Bude nicht beheizt ist. Wo ich mich auch hinhocke, immer weht mir ein eisiger Luftzug über den Nacken.
Es ist Punkt 0300 - genau in der Mitte der angegebenen Zeitspanne -, als ich von Süden her Scheinwerfer über die Brücke kommen sehe. Es ist ein einzelner Wagen, der sehr langsam fährt, nicht viel schneller als Schrittempo. Als er das Ende der Brücke erreicht, erlöschen die Scheinwerfer, so daß nur noch das Standlicht brennt. In dem kalten Blauweiß der Straßenlaternen sehe ich die klobige und unverkennbare Gestalt eines Leyland-Zil Tsarina an der Ecke Montlake Boulevard und Shelby an den Randstein fahren. Die Scheinwerfer blitzen noch einmal auf, dann erlöschen alle Lichter. Ich höre das Jaulen, als die Multitreibstoffturbine heruntergefahren wird, dann ein hydraulisches Zischen, als sich das vordere und das hintere Verdeck öffnen.
Der L-Z Tsarina ist ein verrückter Wagen, was man von einer englisch-russischen Koproduktion auch erwarten kann,
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