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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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verglichen mit der blendenden Grelle zuvor kommt es mir fast so vor. Meine Augen fühlen sich immer noch so an, als würden sie mit Nadeln gestochen, und sie tränen unentwegt. Versuchsweise nehme ich die Hände herunter und öffne die Augen einen Spalt weit.
    Der Helligkeitsgrad ist sehr niedrig und wahrscheinlich niedriger als in einem normalen Büro, aber wegen der großen blauen Kreise, die vor meinen Augen tanzen, kann ich immer noch nichts sehen. Ich schließe die Augen wieder und reibe sie mit der linken Hand. Die Elektronik will unbedingt losballern - blind um sich schießen, damit die Party endlich anfängt -, aber ich beherrsche mich.
    Ich öffne wieder die Augen, und diesmal kann ich etwas mehr erkennen. Alles ist noch verschwommen, und die Schmerzen sind noch genauso schlimm wie zuvor. Aber ich kann erkennen, daß ich recht hatte: Ich befinde mich in einem großen Raum, wahrscheinlich einer ehemaligen Turnhalle, die jetzt jedoch nicht mehr als nackte Betonwände aufweist.
    Abgesehen von der Merkwürdigkeit in der Mitte des Raumes. Ein Tisch. Ein einfacher, schreibtischgroßer Makroplasttisch. Und dahinter sitzt eine nach Konzern aussehende Frau. Lange blonde Haare, die hinter den spitzen Ohren zusammengebunden sind, streng geschnittener Anzug. Instinktiv richtet die Elektronik die H&K auf sie, aber ich schieße nicht. Sie sitzt ganz ruhig da und beobachtet mich, die leeren Hände vor sich auf die Tischplatte gepreßt. Keine Waffen, keine Leibwächter. Nur wir drei - sie, ich und die H&K. Mumm, Priya-tel. Diese Lady hat verdammt viel Mumm.
    Ich komme mir wie ein dämlicher Idiot vor, als ich meine Kanone senke und den Sicherungshebel umlege. Dann stehe ich langsam auf.
    Und da meldet sich meine Gastgeberin endlich zu Wort. »Mr. Larson«, sagt sie mit einer Stimme wie Seide. »Ich denke, es ist höchste Zeit für eine kleine Unterhaltung.«

17
    Ich sehe mich langsam um, versuche cool zu bleiben und gebe mir alle Mühe, mich zu fassen. Das ist nicht leicht - zu viele Schocks in zu kurzer Zeit. Der Beobachter vor der Verheißung, die drei Männer in der Gasse, die Hatz durch das dunkle Gebäude. Und jetzt das. Mir schwirrt der Kopf, als hätte ich bei einem Escrima-Spar-ringskampf einen Schlag auf den Schädel bekommen.
    Also konzentriere ich mich auf meine Umgebung, auf die Wirklichkeit, bis sich alles wieder beruhigt und zur Normalität zurückkehrt. Der Tisch und die Frau befinden sich direkt in der Mitte des Raumes. Es gibt nur eine Tür - diejenige hinter mir - und keine Fenster. Das Licht kommt von einem halben Dutzend zusammenklappbarer, über den Raum verteilter Beleuchtungskörper mit großen Birnen und Reflektoren, die alle auf die Tür und auf mich gerichtet sind. Kein Wunder, daß ich sofort völlig geblendet war - es ist, als stünde ich im Brennpunkt von sechs Scheinwerfern. Die Helligkeit der Glühbirnen ist jetzt reduziert, ausreichend, um deutlich zu sehen, aber noch erträglich für meine trau-matisierten Augen.
    Mein Blick richtet sich wieder auf die Frau. Ihre Hände liegen flach auf dem Tisch, reglos. Keine offensichtlichen Waffen. Sie ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht waffenlos, aber die Elektronik versichert mir, daß ich sie abknallen könnte, lange bevor sie irgendwas gezogen hat. Andererseits hat sie die Intensität der Beleuchtung ohne offensichtliche Kontrollen reguliert. Es muß sich um verborgene Tech handeln, die wahrscheinlich eine Funk- oder Mobiltelefonverbindung beinhaltet. Entweder das oder Magie. Wie hätten sie und ihre Schlägertruppe draußen sonst diese Schau abziehen können?



Ja, genau - und ich gebe es nicht gern zu -, eine Schau. Ich bin manipuliert und dirigiert worden wie eine verdammte Marionette. Jeder Zug und Gegenzug, jede Möglichkeit, alles im voraus geplant. Diese Frau -oder ihr Auftraggeber - wußte, daß ich kam, und hat zu verdammt genau geraten, wie ich auf verschiedene Reize reagieren würde. Die ganze Sache ist mit der Absicht inszeniert worden, mich in diesen Raum zu bugsieren und dieser Elfenschnalle hinter dem Tisch von Angesicht zu Angesicht zu begegnen. Ich hasse es, berechenbar zu sein.
    Trotzdem, jetzt bin ich hier. Meine Gedärme fühlen sich immer noch wie Wasser an, und ich habe den Eindruck, als seien auf meinen Kopf große Zielscheiben gemalt mit einem Kreuz zwischen den Augen und einem weiteren am Hinterkopf. Doch wenn mich diese Elfenschnalle hier tot sehen wollte, hätte sie das leicht zu Beginn des Tanzes

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