Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
die verklebten Augen, während ich mich aufraffe und mich auf die Bettkante setze.
    Argent beobachtet mich abschätzend. »Fühlst du dich besser?« fragt er.
    Ich mache eine rasche geistige Bestandsaufnahme und fahre das Äquivalent einer Selbstdiagnose. Mein Verstand ist nicht annähernd so zerschlagen wie gestern, aber mein Körper braucht noch mehr Ruhe, um die Anstrengungen der letzten Tage endgültig zu verarbeiten. Bruchstücke eines Traums - eines echten Alptraums - gehen mir durch den Kopf. Ich bin gestorben und zur Hölle gefahren, aber die Hölle war nicht die stereotype Flammen- und Foltergrube. Sie war ein verdammter Parkplatz - ein planetengroßer Parkplatz -, wo jeder in seinem Wagen wohnte und darauf wartete, daß ... nun, ich weiß nicht, worauf sie - wir - warteten, und ich glaube, ich will es auch gar nicht wissen. Ich erinnere mich nur, daß Cat in dem Wagen neben mir wohnte und ziemlich überzeugt davon war, daß ich sie umgelegt hatte.
    Spinnerei. Mit einem Schnauben schüttle ich den Kopf und verdränge die Erinnerungen. Ich fixiere Argent mit einem harten Blick. »Hast du mir irgendwas zu sagen?« frage ich ihn. »Oder ist das nur ein Höflichkeitsbesuch?«
    »Ich hab was«, sagt er zögernd. »Peg war ziemlich emsig. Aber ich glaube, du wirst mir helfen müssen, daraus schlau zu werden.«
    »Ich kann's ja versuchen.« Während ich mich vom Bett erhebe, steht Argent ebenfalls auf, und wir gehen beide zu dem großen Schreibtisch, der den Raum dominiert.
    Im Gegensatz zu dem Zimmer ist das hochentwickelte Telekom auf dem Schreibtisch in tadellosem Zustand. Die Tech ist von diesem Jahr und der letzte Schrei. Argent setzt sich davor und schaltet das Gerät ein, während ich einen weiteren Stuhl heranziehe, mich seitlich hinter Argent setze und die Unterarme auf die Lehne seines Stuhls lege.
    Argent legt einen Chip in das Laufwerk des Tele-koms ein und hämmert eine Reihe von Anweisungen in die Tasten. Ich sehe ihm interessiert zu. Er hat zwei Cyberarme und modifizierte Augen - und, wer weiß, vielleicht verdrahtete Reflexe und andere Spielereien -, aber keine Datenbuchse. Warum wohl, frage ich mich. Interessanter Widerspruch.
    »Peg hat etwas länger gebraucht, als sie dachte«, erklärt Argent fast entschuldigend. »Sie ist in San Francisco, und der Tir hat die Datenleitungen zum Freistaat Kalifornien besonders stark gesichert. Das ist verständlich, wenn man die Situation bedenkt, aber trotzdem ärgerlich. Sie mußte es über Seattle versuchen.« Er grinst trocken. »Nicht, daß die Sicherheit auf diesen Leitungen viel geringer ist, aber bei diesen Dingen hilft jede Kleinigkeit.«
    Ich nicke wortlos. Ich schätze, es sollte mich nicht überraschen, daß Argents Decker sich nicht im Sprawl aufhält - ein Decker kann überall arbeiten, sofern ihm Datenleitungen zur Verfügung stehen -, aber das tut es trotzdem. Ich war der Ansicht, Argent - und jeder andere Shadowrunner - würde nur Leuten trauen, über die er eine gewisse physische Kontrolle hat. Vielleicht hat er diese Peg irgendwie in der Hand und kann ihr deshalb ›blind‹ vertrauen. Darüber muß ich noch mal nachdenken, wenn ich mehr Zeit habe.
    Der Telekomschirm füllt sich mit Text - so ungefähr jedes zweite Wort ist gekennzeichnet, was auf eine Hy-permediaverbindung zu anderen Dateien hinweist. Ich schüttle den Kopf. Verdammt schnelle Arbeit. Diese Peg muß echt was drauf haben. Ich versuche erst gar nicht zu lesen, was auf dem Schirm steht. Argent rast durch den Text und springt von einer Stelle zur anderen. Ich beschließe ganz einfach zu warten, bis er fertig ist.
    Nachdem er sich die Datei vielleicht eine Minute lang angesehen hat, dreht sich der verchromte Runner zu mir um. »Das ist alles, was Peg über Timothy Tele-strian ausgegraben hat.« Er zuckt die Achseln. »Eine Menge Hintergrunddrek, mehr, als du wahrscheinlich brauchst.«
    »Gib mir eine Zusammenfassung«, schlage ich vor.
    Einen Moment lang hat es den Anschein, als wolle er sich weigern, dann zuckt er die Achseln. »Timothy Te-lestrian«, sagt er. »Elfischer Metatyp, Alter dreißig Jahre.« Ein digitalisiertes Bild - kein Holo, sondern zweidimensional, so gut ist das Telekom nicht - erscheint auf dem Schirm. Schmales Gesicht, glattes blondes Haar, so fein wie das eines Babys, kühle blaue Augen, arroganter Gesichtsausdruck. Typisch Elf. Ich nicke, und Argent fährt fort. »Der Sohn von James Tele-strian III, ebenfalls elfischer Metatyp ...«
    »Augenblick mal«,

Weitere Kostenlose Bücher