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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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da! Bzw. es waren welche da, viele, aber plötzlich hatte jedes davon irgendeine Macke. Es gibt solche Momente. Da kommt das Schäbige der Dinge zum Vorschein. Vergilbt, vergraut, Manschette ausgefranst, Knopf fehlt, zu klein, Fleck auf der Brusttasche. Ich habe kein gutes Hemd mehr, Flora!
    Zerrte an den Hemden, die dünnen Drahtbügel aus der Reinigung verhakten sich ineinander, er zerrte und fluchte, die Bügel schepperten, manche fielen hinunter, in den Schrank hinein, in die Untiefen, andere schleifte er selber heraus und warf sie gleich auf den Boden, ein Schwarm Papierflieger, der
gelandet ist, er ging raschelnd durch ihn hindurch - endlich mit einer Beute in der Hand. Natürlich war mittlerweile aus sämtlichen Poren der Schweiß getreten, wo ist mein Schweißtuch, Flora, wo mein grünes und wo mein rotes Schweißtuch, oder wenigstens ein Handtuch. All das, selbstverständlich, nackt. Dass nackte Frauen sexy aussehen und nackte Männer komisch, ist allgemein bekannt. (Das Gebaumel!) Doch nicht mehr lange! Er wischte sich, schlüpfte ins Hemd, schlüpfte wieder heraus, Unterhemd (damit der Schweiß wenigstens nicht sofort an die Oberfläche tritt!), dann erneut raschelnd durch die am Boden liegenden Hemden - gleich, gleich hebe ich sie auf, bevor ich gehe, spätestens.
    Gottverdammtnochmal! Sie setzte sich mit einem Ruck auf, riss sich die Ohropax aus den Ohren. Warum musst du das immer machen? Jeden verdammten Morgen? Warum, sag mir das! Man hört dich sogar durch die Ohropax durch! Durch die Ohropax! - In jeder Hand ein kleiner rosafarbener Klumpen, den sie ihm zeigt. - Was soll ich noch machen? Mir Blei in die Ohren gießen?
    Es tut mir leid …
    Ach!
    Sie warf die Ohropax irgendwohin, warf die Decke irgendwohin, stürmte hinaus - Barfuß, zerzaust, wehenden Nachtkleids. Wirf mich den Löwen vor: ich finde es zauberhaft . Hoffentlich sieht sie nicht, dass ich lächeln muss … - er suchte leise (lächelnd) nach einer Krawatte, dem Schmuck des Mannes. Mit der Linken blätterte er durch die Krawatten, mit der Rechten sparte er Zeit, indem er zugleich den Kragenknopf zuknöpfte. Geht nicht. Er musste doch beide Hände einsetzen, der Knopf quälte sich knirschend durch das Knopfloch. Darius Kopp atmete erleichtert ein und merkte: da ist kein Platz. Der Knopf drückte auf den Kehlkopf, was ist passiert, bin ich schon wieder
dicker geworden, nein, er hatte sich nach dem Aufstehen gewogen, unverändert 106 Kilo, also was ist das jetzt? Bin ich etwa gewachsen? Wäre das möglich, in meinem Alter? In disziplinierter Panik den Knopf wieder öffnen, dann fluchend, weil er nicht zurück will. Kopp entschloss sich zu Gewaltanwendung, was nicht seine Art ist, nie hatte er als Kind auch nur eines seiner Spielzeuge kaputt gemacht, ein Rätsel, was in anderen Kindern vorgeht, seinem Teddy sogar einen Knopf auf die Hose genäht, mit schmutzig weißem Faden, und jetzt war da wieder ein Knopf, den hatte auch jemand angenäht, und zwar so fest, dass er ihn nicht abgerissen bekam. In seiner Verwirrung fing er an, das Hemd von unten aufzuknöpfen, so rannte er die Treppe hinauf.
    Flora?
    Sie war nicht auf der Terrasse, nicht im Wohnzimmer, nicht in der Küche, nicht in ihrem Bad. Wo bist du? Herrje, bin ich ein Idiot, sie wird in ihrem Zimmer sein! Er rannte die Treppe wieder hinunter, das Hemd flatterte ihm an den Seiten, bis auf den Knopf ganz oben am Kragen. Flora?!
    Hier, als er Flora?! rief, glitt er aus und fiel die Treppe hinunter. Er hatte Glück. Er landete auf dem Hintern, noch bevor er auf dem Ellbogen gelandet wäre und rutschte so drei oder vier Treppenstufen abwärts, bevor er anhielt.
    Scheiße!!! schrie Darius Kopp. Die gefallenen Hemden brandeten aus dem Schlafzimmer in den Flur heraus, beinahe bis an seine Füße.
    Floras Tür ging auf: Was treibst du da?
    Als sie sah, was er trieb: Hast du dir wehgetan?
    Das hatte er tatsächlich. Das Steißbein wird mehrere Tage schmerzen, aber das wird er erst auf dem Weg zur S-Bahn merken, jetzt war das Hauptproblem immer noch der Knopf.
    Mit ersterbender Stimme: Ich ersticke!

    Keine Panik. Sie hockte sich neben ihn und öffnete den Knopf. Ihre Finger waren kühl.
    Ich bin nicht dicker geworden, um das klarzustellen. Ich habe mich gewogen. Wie kann mir das Hemd nicht passen?
    Weil der Körper in der Hitze anschwillt? Oder man einen dicken Hals bekommt, wenn man sich aufregt?
    Ich weiß, sagte Darius Kopp, obwohl er überhaupt nicht daran gedacht hatte.
    Er saß

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