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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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wollte der Baum endlich seine Last abschütteln. Auf dem pechschwarzen, spiegelglatten Wasser des Weihers trieben Blätter. Nach einer Weile tauchte der Grottenolm auf, wandte Sanne das bleiche, blinde Gesicht zu und sagte: »Die Hüterin ist müde. Was soll nun werden?«
    Sanne wusste keine Antwort. Das Rauschen, mit dem das Laub fiel, wurde immer lauter, Zweige und Äste prasselten in die Grotte und auf das Wurzellabyrinth. Einige fielen sogar in den Weiher, und der Grottenolm tauchte wieder ab. Vielleicht wollte er mit seiner Trauer und Verzweiflung allein sein. Er nahm zwar hin, dass die Esche sterben wollte, hatte den drei blinden Feen aber so lange gedient, dass ihn die Ereignisse tief betrübten. Sanne sah sich in der weiten, im Abenddunkel versinkenden Grotte um, und ihre Zuversicht schwand. Alles schien dem Verfall preisgegeben zu sein. Sie setzte sich in der Marterhöhle an das von Alwine entfachte Feuer. Die Muhme brabbelte vor sich hin. Sanne wickelte sich in ihren Mantel, denn es war kalt, und die Flammen züngelten so zögerlich am Holz, als hätte man sie eingeschüchtert.
    Derweil ritt Grimm in den Greting, hasserfüllt, verbissen und innerlich zerrissen. Im Zwielicht glühten seine Rubinaugen wie Kohlen.
     
    Hufe ließen den Sand auffliegen, als sich die von Helmdag befehligte Reiterei in den Abend zurückzog. Der Regen war lästig gewesen, hatte aber Deckung geboten. Nun waren sie der Wilden Jagd schutzlos ausgeliefert, und eine Fortsetzung der Überraschungsangriffe wäre zu verlustreich gewesen.
    Westlich des Unkengrunds, der sich in eine weite Biegung der Fusel schmiegte, stießen sie auf einen Spähtrupp des Feindes. Eine Karontide riss den Kopf hoch und röhrte, als die Reiterei mit gesenkten Lanzen angeprescht kam. Das Ungeheuer trug eine Rüstung mit Öffnungen für die Dornen, die Brust und Schritt entsprangen, und schwang ein Schwert mit Flammenklinge. Ein Hieb mit dieser Waffe, der kein Harnisch standhielt, und zwei Reiter flogen aus dem Sattel und wurden von den Kultknechten niedergemacht, die sich hinter dem breiten Rücken der Karontide verbargen.
    Die Reiterei flutete am Spähtrupp vorbei wie Wasser an einer Ansammlung von Felsbrocken im Flussbett. Die Streitrösser schnaubten, Schaum flockte von Lefzen, als sie gezügelt und gewendet wurden. Die Karontide, die einen Helm mit weitausschwingenden Stierhörnern trug, brüllte triumphierend, schwenkte das Schwert über dem Kopf und ließ die Spitze in Erwartung eines neuen Angriffs in den Sand sacken. Links und rechts von ihr fächerten sich die Kultknechte auf, reckten abwehrbereit die Klingenarme und hoben die Waffen, die sie in der linken Hand hielten.
    Helmdag, der neben dem Bannerträger stand, zerbrach sich den Kopf über eine Strategie. Sein Streitross scharrte mit den Hufen, der Geruch verschwitzter Pferdeleiber lag in der Luft. Er wollte schon das Zeichen zum Angriff geben, als er einen Reiter sah, der in der anbrechenden Dunkelheit im Rücken des Feindes erschien. Der Sand der Hohen Heide dämpfte die Huftritte seines Pferdes, und als er das Schwert hob, begriff Helmdag sofort. Er befahl seiner Reiterei, sich im weiten Bogen zu formieren. Dann ritt man im Schritt auf die Feinde zu, die Lanze gesenkt, den Schild vor der Brust.
    Die Karontide knurrte, denn die langsam anrückenden Reiter wirkten bedrohlicher als bei einem Sturmangriff. Da sie nicht wusste, was sie davon halten sollte, ließ sie sie nicht aus den Augen. Die Kultknechte sahen unruhig zur Karontide. Den Reiter, der sich von hinten näherte, bemerkten sie nicht.
    Als Helmdags Reiterei sich dem Trupp bis auf einen halben Speerwurf genähert hatte, gab der Reiter seinem Kaltblüter die Sporen und galoppierte auf die Feinde zu. Die schwergepanzerte Karontide wuchtete sich herum, aber bevor sie zu einem Hieb ausholen konnte, stieß Hans ihr das Schwert zwischen Helm und Brünne in den Hals. Gelbes Blut spritzte, ein ersticktes Röhren hallte über die Hohe Heide. In diesem Moment befahl Helmdag den Angriff. Die zahlenmäßig weit überlegene Reiterei überrollte den verwirrten Feind, dessen Widerstand rasch gebrochen war.
    »Danke für dein beherztes Eingreifen«, sagte Helmdag, der über die erschlagenen Kultknechte zu Hans trabte. »Du bist im rechten Moment gekommen.«
    »Reiner Zufall«, erwiderte Hans. »Ich bin auf dem Rückweg zum Heer.« Er saß ab und ging zur Karontide, betrachtete die Dornen, die der Brust entsprangen, schaute in Augen, die sich im Todeskampf

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