Der Eiserne König
Frauen quälen?«
»Gebt acht, edler Herr, sonst zwacken Euch die Karontiden in den Allerwertesten«, rief Blaubart, der sich hinter seinen Männern verbarg. Sein an Amselgesang erinnerndes Lachen klang so ungut wie Jubel bei einem Begräbnis.
Der Gograf fuhr herum und stellte fest, dass eine Horde von Karontiden und Kultknechten auf ihn zustürmte. In diesem Getümmel musste man Augen im Rücken haben! Da griffen die Reste der Reiterei an. Von Lanzen durchbohrte Feinde gingen zu Boden. Pferde überschlugen sich, Reiter stürzten oder wurden von Schwertern aus dem Sattel gefegt. Einige Männer fochten zu Fuß weiter, hatten den Karontiden aber wenig entgegenzusetzen. Die Flammen des Scheiterhaufens erlahmten; sie erhellten das Schlachtfeld nicht mehr, sondern tauchten es in ein Gewirr zuckender Schatten. Asche und Qualm hüllten die Kämpfenden ein. Das Heer wurde immer weiter zur Fusel zurückgedrängt.
»Wo ist Helmdag?«, dachte der Gograf. Dann stürzte er sich wieder ins Gefecht. In seiner Wut führte er das Schwert mit brutaler Wucht – er musste Blaubart zum Zweikampf stellen! Der schrille Kampflärm verwandelte sich in seinen Ohren in ein monotones Dröhnen, während er einen Feind nach dem anderen fällte, Seite an Seite mit seinem Knappen und seinen Rittern. Aber Blaubart wusste ihm stets auszuweichen. Wenn Hilck die Klinge auf ihn niedersausen ließ, hing nur noch das zwitschernde Lachen in der rauchgeschwängerten Luft.
Dann sah der Gograf etwas, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ: Hella – seine Hella! – pirschte sich trotz ihrer Verwundung längs der Flammen an Blaubart an. Hilck rief ihr etwas zu, aber seine Worte gingen im Lärm unter. Er warf sich noch verzweifelter in den Kampf.
Der Eiserne König hatte die Hände vor der Brust verkrampft. Geifer quoll aus seinem Mund, troff über den Bart und von dort auf den Schuppenpanzer. Seine Zunge zuckte wie die einer Schlange, sein Körper wurde von Krämpfen geschüttelt, und er strampelte mit den Beinen, als wollte er unsichtbare Fesseln abschütteln.
Im nächsten Augenblick schlitterte die keuchende Sneewitt neben ihn. Als ihre Knie gegen den Schuppenpanzer stießen, rollten seine Pupillen unter den Lidern hervor, glitten hin und her; er würgte an Worten, die in seiner Kehle steckenblieben. Sneewitt verdrängte ihren Ekel und tastete auf der Brust nach dem Eschenpflock. Spinnen und Asseln sprangen sie an, krabbelten ihre Arme hinauf, wollten in Mund und Nase eindringen. Sie wischte sie weg, wobei sie den Geifer des Königs auf ihrem Gesicht verschmierte. Endlich ertastete sie den schräg zwischen den Panzerschuppen steckenden Pflock. »Jetzt wirst du sterben«, zischte sie. »Für immer und ewig!« Sie riss am Eschenpflock, bis er senkrecht stand. Die Beine des Eisernen Königs trommelten auf den Boden, seine Arme flogen zur Seite, die Finger krallten sich in den Sand. Sneewitt warf sich mit ihrem ganzen Gewicht auf den Pflock. Das feuerrote Haar fiel in ihr blasses Gesicht, ihre schwarzen Augen blitzten. Sie vergaß die Asseln und Spinnen, die über ihren Körper wimmelten.
Und sie vergaß jede Vorsicht.
Eine gezackte Klinge bohrte sich durch den Fellranzen in ihren Rücken, trat auf der rechten Brust wieder aus. Die Wucht des Stoßes riss sie nach vorn, bevor sie den Eschenpflock tief genug in die Brust des Königs gestoßen hatte. Ihr Blut färbte seinen Schuppenpanzer rot. Die Karontide drehte das Schwert in der Wunde um und zog es heraus. Sneewitt löste die Finger vom Pflock. Sie erstarrte und hörte einen Schrei. Es war nicht der ihre. Dann stürzte sie in einen Abgrund, finsterer als die finsterste Nacht.
Hella sah Hilck von der Usse. Er rief ihr etwas zu, das sie nicht verstand, und sie blieb stehen, übermannt von einer Gefühlsaufwallung: Würde er sie je zur Frau nehmen? Dann verschluckte ihn der Kampf, und sie schlich weiter. So dicht am Feuer war der Gestank unerträglich. Qualm hüllte sie ein, die Flammen schienen nach ihr greifen zu wollen. Sie behielt Blaubart im Auge. Er verbarg sich hinter seinen Kumpanen, rohen Gesellen, die nach allem grapschten, was weiblich war. Sie kannte einige von ihren früheren Besuchen auf Rottland, und sie verachtete sie. Aber ihr Hass galt Blaubart. Der Gedanke an das, was er den Frauen angetan hatte, trieb sie an. Wenn Hilck nicht an ihn herankam, würde sie ihn töten! Sie würde ihn hinterrücks erstechen, denn so etwas wie Ehre war ihr fremd – das war ein Luxus
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