Der Eiserne König
deinen Geist erhellen!«, brüllte Grimm und reckte eine Faust. »Möge der Mond dir Weisheit schenken!«
Die hinter ihm in Reih und Glied stehenden Kultknechte reckten ebenfalls grüßend die Faust und knallten die Hacken zusammen, dass es in der Höhle hallte. Die Pferde scheuten wiehernd zurück.
»Oh«, erwiderte Eisenhans. »Das ist zuviel der Güte. Aber deine Männer sind gut gedrillt, wirklich – beeindruckend gut. Können sie mit ihren Schwertarmen auch Kartoffeln sägen und Holz schälen und kleinschnippeln?«
Grimm war verwirrt. »Kartoffeln …?«, fragte er.
Eisenhans patschte ihm mit einer behaarten Hand auf die Schulter. »War nur ein Scherz«, sagte er. »Verstehst du? Ein Scherz.« Er lachte so schallend, dass die Pferde noch einmal scheuten.
Sie standen in einer der Höhlen des Gretings. Im Schein der Fackeln, die die Kultknechte hielten, waren die von der Decke hängenden Fledermäuse zu erkennen. Hinten lagen Tierknochen; offenbar war die Höhle früher der Unterschlupf eines Bären gewesen.
Grimms Rubinaugen funkelten im Sehschlitz des Helms. »Schluss mit dem Gewäsch«, sagte er. »Ich habe der Dame in Weiß geschworen, nicht noch einmal zu versagen. Ich bin gekommen, um gemeinsam mit dir einen Hinterhalt für diese Schlappschwänze, Weibsbilder und … und …« – er wurde heiser vor Wut – »… dieses
Geschmeiß
auszuhecken!«
»Geschmeiß?« Eisenhans kratzte seine zottige Brust. »Dame in Weiß? Ah – du meinst wohl Barbera.«
»Barbera?«, fragte Grimm.
»Ja, so heißt die Kleine. Sie trägt gern Weiß. Jungfräuliches Weiß. Unschuldiges Weiß«, erwiderte Eisenhans. »Auch so ein Scherz.«
Grimm packte ihn bei der Halsbehaarung. »Wenn du meine Herrin noch ein Mal beleidigst …«, fauchte er.
Eisenhans entwand sich. »Wenn du mich noch ein einziges Mal angrabscht …«, entgegnete er.
»Meister«, rief ein Kultknecht. »Wir sind Verbündete. Wir sind alle Krieger des Eisernen Königs. Und wir brauchen die Hilfe von Eisenhans und der Jungfer.«
»Pah«, schnarrte Grimm und wischte seine Hand angeekelt am Bein ab.
»Ich glaube,
du
brauchst etwas mehr Sonne und Mond«, zischte Eisenhans.
Nach dieser Aufwallung ließen sich die beiden im Schein der Fackeln auf dem Boden nieder. Feuchtigkeit tropfte von der Decke. Die reglos in Reih und Glied stehenden Kultknechte begannen zu frösteln. In der Höhle hallte jedes Wort.
»Barbera hat mir alles berichtet«, begann Eisenhans. »Bisher hast du dich ja nicht gerade mit Ruhm bekleckert.«
Grimm brauste wieder auf. »Immerhin haben wir das Lager der Köhler entdeckt!«, rief er.
»Aber ich habe einen Plan«, ergänzte Eisenhans rasch. »Diese Narren suchen die Esche. Also führen wir sie zur Grotte. Und dann …« Er klatschte in die Hände. Der Hall flog in der Höhle umher wie ein in der Falle sitzender Vogel. Im Eingang drohten die Pferde durchzugehen. Die Knechte rannten los, um sie zu bändigen.
»Schwachkopf«, grollte Grimm.
Eisenhans zerdrückte gleichmütig eine Laus. Sobald sich die Pferde beruhigt hatten, erläuterte er seinen Plan.
Draußen war es dunkel, als Maleen erwachte. Da sie früh zu Bett gegangen war und wegen ihres Rückens nur auf dem Bauch oder auf der Seite hatte schlafen können, erhob sie sich vom Reisiglager und verließ die Kothe, in der auch die Muhme nächtigte.
Das Feuer brannte noch. Köhler huschten auf dem Weg zu ihren Meilern hin und her. Rings um die Lichtung saßen Wächter auf den Eichen. Wegen der Meiler herrschte eine gewisse Wärme im Lager, die Luft war rauchgeschwängert. Maleen reckte sich und drückte den wunden Rücken durch. Sie suchte den Himmel nach dem ersten Dämmerungsschein ab, als der Fuchs herbeikam. Er hatte etwas gefressen und leckte noch seine Lefzen.
»Alle sternhagelvoll«, sagte er. »Diese Köhler löffeln nur eine dünne Brühe, saufen aber hochprozentigen Schnaps.«
»Sie führen ein einsames Leben«, erwiderte Maleen.
Ein Köhler legte Holz nach. Im aufflackernden Feuer war der Dachs zu sehen, der schnorchelnd seinen Rausch ausschlief.
Der Fuchs begann, sich zu putzen. »Oh, sie sind der Ehe nicht abgeneigt, wie ich höre«, sagte er und fügte hinzu: »Sie haben die Wächter verstärkt. Grimm sucht uns bestimmt.«
Maleen kämpfte gegen einen Angstschauder an und ließ sich neben ihm nieder.
»Fürchtest du dich?«, fragte Reineke Fuchs.
Maleen nickte.
»Ich auch. Erst habe ich ihn …« – er nickte zum Dachs – »… im
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