Der Eiserne König
befragen.«
»Wollt ihr diesen Kultknecht wirklich hierlassen?«, fragte der Fuchs. »Wir könnten ihn wenigstens bis zum Hals eingraben und den Ameisen überlassen.«
»Behalt deine Folterphantasien für dich, du Held«, fauchte Meister Grimbart.
»Er liegt gefesselt auf dem Wolfsfelsen«, sagte Kunz, der den Zweihänder in die Scheide auf seinem Rücken steckte. »Er wird sich über kurz oder lang selbst befreien oder von seinen Leuten entdeckt werden.«
Hans patschte seinem Kaltblüter auf den Hals. »Wir reiten jetzt zum Lager, in dem sich die Köhler zum Schutz vor der Jungfer versammelt haben«, sagte er. »Laut Grauklaue liegt es gut zehn Meilen nördlich von hier am oberen Waldrand von Isarnho. Dort übernachten wir.«
»Was für ein Tag«, seufzte Hardt, der hinter Hans hertrabte. »Morgens ein Bett in der Herberge, mittags ein wilder Ritt, nachmittags ein Gefecht gegen Männer, denen Schwerter aus der Schulter wachsen, und abends ein Lager auf Reisig und Baumrinde in einer Hütte, die zwischen stinkenden Meilern steht.«
»Ist doch herrlich!«, rief Horn. »Nach meiner Zeit als König und als Wandersmann erlebe ich endlich etwas. Und …« – er klopfte zuerst auf seinen Ranzen und zeigte dann auf Hardts Sack – »… wir sind gut gerüstet, wie?«
»Leider fehlt dein Hut, der hundert Bogenschützen aus dem Boden wachsen ließ«, sagte Sanne, hinter der die benommene Maleen saß.
»Abwarten, meine Liebe. Ich habe noch so Einiges zu bieten«, erwiderte Horn und lächelte geheimnisvoll.
Auf Höhe des Anlegers, wo Frachtkähne die Holzkohle der Köhler aufnahmen und auf dem Welsfluss zu den Eisenhütten des Lohwalds brachten, lenkten sie ihre Pferde vom Heerweg in den Wald.
Die Eichen knarrten, als wollten sie die Gefährten begrüßen.
15. Eine heiße Spur
Felsnadeln mit Namen wie »Riesendolch«, »Rote Schlange« oder »Steinerner Baum« ragten über Hans und den Gefährten auf. Der Greting war angeblich während der Zeit entstanden, als Pinafor von jenem Meer bedeckt gewesen war, aus dessen Tiefen die Reifriesen das feste Land emporgehoben hatten. Ursprung dieser Sage waren vermutlich die Muscheln, die Jäger und Köhler immer wieder fanden.
Der dichte Wald namens Isarnho bestand fast nur aus Eichen. Manchmal stießen die Gefährten auf Kahlschläge der Köhler, manchmal setzten sie über Bäche, die als Wasserfälle von Steilhängen rauschten. Nach einem anstrengenden Aufstieg erreichten sie gegen Abend das Lager der Köhler. Es befand sich auf einer von uralten Eichen umgebenen Lichtung und zählte ein gutes Dutzend Hütten, auch »Kothen« genannt, und ebenso viele Meiler, in denen das Holz tagelang schwelte, bis es zu Holzkohle wurde. Die Köhler, vierschrötig, meist bärtig und von Brandwunden entstellt, reckten den Gefährten zur Begrüßung Äxte, Saufedern und Spieße entgegen. Sie waren Einzelgänger und hatten sich nur versammelt, um sich besser vor der Jungfer schützen zu können. Aber sie verfolgten in der Waldeinsamkeit genau, was im Land vor sich ging, und hatten die Geschicke Pinafors wiederholt mitbestimmt. Als freie Männer, die jede Art von Unterdrückung und Tyrannei verabscheuten, waren sie einst auch an der Niederwerfung der Nachfolger des Eisernen Königs beteiligt gewesen.
Nachdem Hans dem Anführer der Köhler, einem baumlangen Kerl namens Harlung, ihr Anliegen erläutert hatte, hieß man die Gefährten willkommen, lud sie ein, sich ans Feuer zu setzen, und reichte ihnen eine wässrige, mit Kaninchenfleisch versetzte Brühe. Während sie aßen, berichtete Harlung von den Vorfällen der letzten Zeit.
»Die Jungfer hat fünf Männer getötet«, sagte er. »Ich möchte nicht wissen, wie sie gestorben sind.« Er runzelte die Stirn über dem brandnarbigen Gesicht. »Wir beobachten seltsame Dinge«, fügte er hinzu. »Die drei blinden Feen flüstern nicht mehr im Wind; das Holz brennt störrisch in den Meilern, obwohl wir es immer bei abnehmendem Mond schlagen; das Eichenlaub ergraut und fällt. Das sind keine guten Omen. Manche meinen, dass die Esche kränkelt.«
»Du vergisst, dass die Welse zurückkehren«, warf ein anderer Köhler ein. »Das ist ein gutes Zeichen.«
»Hm«, brummte Harlung skeptisch.
»Ja, die Esche scheint tatsächlich zu leiden«, sagte Hans und senkte den Löffel in die Suppe. »Wir müssen sie finden und jene entlarven, die Pinafor schaden wollen.«
Mehrere Köhler lachten.
»Oh, natürlich!«, sagte Harlung. »Wir wissen auch, dass die
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