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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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stand dicht hinter ihm.
    »Juuuuuh-huh-huh-huuuuuch!«, rief sie. »Glaubt ihr wirklich, dass wir euch entwischen lassen, ihr Prachtexemplare? Hi-hi-hah-haaaaach! Irrtum! Irrtum!«
    Eisenhans grinste und bohrte den Dolch ein bisschen tiefer in Horns Hals.
    »Wie sagt Meister Grimbart immer?«, fragte Kunz resigniert. »Zicke und Zecke. Verflucht, verflixt, verdammt.« Er ließ das Messer fallen.
     
    »Ich sterbe …«, winselte Reineke Fuchs.
    »Unsinn«, röchelte der Dachs. »Das ist nur ein … flüchtiges Übel.«
    »Mir scheint, das Leben ist ein flüchtiges Übel«, stöhnte der Fuchs.
    Sie glitten weiter auf dem Strom dahin, gezogen von den Welsen. Dämmerlicht verdrängte das Dunkel der Nacht. Nebel wölkte an den Ufern. Maleen schlief wieder, nachdem die Muhme ihren Rücken frisch verbunden hatte. Die Muhme selbst hatte kein Auge zugetan, war aber putzmunter und guter Dinge.
    »Der Fischer in der Herberge hatte recht«, sagte sie. »Die Welse sind wieder da.« Sie zeigte auf das Heck des Bootes, in dessen Kielwasser immer wieder die mit Barteln besetzten Mäuler riesiger Fische auftauchten. »Sie sammeln sich und folgen uns zur Feste der Gografen.«
    »Wie schön«, würgte der Fuchs und schob die Schnauze über die Bordwand, obwohl sein Magen längst leer war.
    Auf der Höhe Flutwiddes war der Welsfluss von Auwäldern gesäumt. Zwischen Erlen und Weiden äsende Rehe wandten dem Boot den Kopf zu und ergriffen mit langen Sprüngen die Flucht. Enten schnatterten Alarm, und eine Schnepfe flatterte ins Schilf. Menschen waren nicht zu sehen, weder Fischer noch Angler.
    »Habt ihr auch den Lärm der Zecher gehört, die mitten in der Nacht in den Herbergen am Heerweg gefeiert haben?«, fragte die Muhme.
    »Beim bloßen Gedanken daran wird mir schlecht«, murmelte Meister Grimbart.
    Der Fuchs sah die Muhme aus rotgeränderten Augen an und flehte: »Bitte, bitte erzähl nichts von Saufen oder Fressen.«
    Das Boot schoss dahin. Da sie flussaufwärts fuhren, wurde es von der Strömung geschüttelt; Wasser schwappte hinein, und Gischt regnete auf die Insassen.
    »Wir werden die Feste am frühen Nachmittag erreichen«, rief die Muhme, die Pfeife zwischen den Zähnen. Dann stutzte sie – hatten da drei Gestalten im Auwald am Ostufer gestanden? Sie fuhr herum, konnte im Morgennebel aber nichts mehr erkennen. Eine Sinnestäuschung, dachte sie; vielleicht war sie nicht so munter, wie sie sich fühlte. Sie wandte sich wieder den Welsen zu, deren schimmernde Rücken aus den Fluten ragten. Sie zogen das Ruderboot mit wundersamer Ausdauer. Das beruhigte die Muhme, die sich setzte und die Augen schloss. Sie schlief bald ein, eingelullt vom Brausen des Flusses. Ihr letzter Gedanke galt den gefangenen Gefährten: Wie mochte es ihnen ergehen? Lebten sie noch, oder waren sie tot?
     
    Die Jungfer legte den Kopf schief. Sie lächelte verzückt und zeigte dabei ihre spitzen, rötlich verfärbten Reißzähne. »Aah-haaach«, flötete sie. »Ihr habt prächtige Hälse. Ich werde eure Adamsäpfel ganz langsam herausbeißen. Gaa-haanz la-hang-saaam …« Sie wischte Speichel aus ihren Mundwinkeln und hob die Eichhörnchendame hoch, in deren Knopfaugen Todesangst stand. »Keinen Mucks«, zischte sie, als Horn das Blut von seinem Hals wischen wollte. »Sonst macht es ›Knack!‹, und der Kopf eures kleinen Freundes ist ein Klumpen Matsch.«
    »Freund
in
«, murmelte Kunz, der mit seinen zwei Gefährten in einer Nische der Höhle stand.
    Die Jungfer sah ihn hingerissen an. »Du bist ja sooooo süß«, sabberte sie.
    Eisenhans streichelte Sanne. »Was haben sie dir angetan?«, flüsterte er. »Diese Schlampe und ihr untoter Galan? Ich werde zärtlich sein, mein Zuckerpüppchen.« Er verstummte, weil eine Laus über Sannes zerfetztes Gewand hüpfte. Er fing sie ein, zerdrückte sie zwischen den Fingernägeln und schob sie in den Mund.
    Während er kaute, schlug Sanne die Augen auf. Sie hustete Blut und versuchte, sich aufzurichten, sank aber sofort wieder zurück. Sie sah aus ihren Kulleraugen zu Eisenhans auf. Ihre Lippen zuckten. Sie schluchzte. Dann begann sie zu weinen. Sie weinte so unbeherrscht, dass die Perlen nur so auf den Boden regneten.
    »Ruhig, mein Liebchen«, brummte Eisenhans und drückte sie gegen sein verlaustes Zottelfell. »Ganz ruhig.«
    Die Jungfer warf einen irritierten Blick über die Schulter. »Ja, was ist?«, kreischte sie. »Bist du bald fertig? Wolltest du sie dir nicht vorknöpfen, während ich diese

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