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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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wusste, die Schreiter hassen die Schienen, den TRT.
    - Ich habe ihnen erzählt, was du mir aufgetragen hast, sagt der Echsenmann. – Ich habe ihnen erzählt, was der TRT tut, und habe sie gebeten, uns zu helfen.
    - Du hast dich gegen den Rat gewendet, sagt Uzman zu ihr. Sie hält seinem Blick stand und wartet, bis das Schweigen unbehaglich wird. Dann, in ihrem dialektgefärbten Ragamoll, sagt sie: – Wir gehen.
    - Du hast dich gegen den Rat gewendet.
    - Uns den Hals gerettet.
    Die Leute vom Zug sammeln sich.
    - Du bist hier nicht die Königin.
    Ann-Hari blinzelt. Sie mustert ihn staunend. Bist du wirklich so dumm?, sagt ihre Miene, aber sie lässt ein paar Atemzüge verstreichen und wiederholt dann, langsam und betont: – Wir gehen, jetzt.
    - Du hast dich gegen den Rat gewendet.
    Judah mischt sich ein. Er erschrickt über den Klang der eigenen Stimme. Alle Blicke richten sich auf ihn. Hinter ihm scharrt ein Golem aus Erde in dumpfem Unwillen mit den amorphen Füßen. – Uzman, sagt er. – Du hast Recht, aber hör zu.
    - Ohne den Rat, was sind wir?, sagt Uzman.
    Judah nickt. – Was sind wir ohne ihn? Ich weiß, ich weiß. Sie hätte nicht eigenmächtig handeln sollen. Aber Uzman, du hast gesehen, was passiert ist. Die wollen nicht verhandeln. Die wollen uns eliminieren, Uzman. Was sollen wir tun?
    - Wir hätten Unterstützung gebraucht, sagt Uzman. – Wir hätten die städtischen Gilden gebraucht. Wenn wir sie alarmiert hätten …
    - Jetzt ist es zu spät, fällt Judah ihm ins Wort. – Wenn und hätte – wir werden es nie erfahren. Wir müssen weg hier. Oder wir sind erledigt.
    - Du willst, dass wir fReemade werden?, fährt Uzman auf. – Ich bin Insurrektionist, Judah. Du willst, dass ich Fersengeld gebe wie ein verdammter Bandit? Er tobt. Schüsse untermalen seinen lauten Wortschwall. – Du willst, dass wir abhauen, uns in den Bergen verstecken, als hätten wir Angst? Das schlägst du vor? Leck mich, und du auch, Ann-Hari … Alles, was wir haben …
    - Wir haben nichts, sagt Judah.
    - Wir haben alles, sagt Ann-Hari.
    Sie schauen sich an.
    - Wir geben nicht auf, was wir haben, erklärt Ann-Hari. – Nicht ein bisschen. All unser Blut und unsere Kraft. Alle Toten. Jeder Hammerschlag, die Steine, jeder Bissen, den wir essen. Jede Kugel aus jedem Gewehr. Jeder Peitschenhieb. Das Meer aus Schweiß, das wir vergossen haben. Jeder Brocken Kohle in den Öfen der Remade und dem Feuerkasten der Lokomotive, jeder Tropfen Saft zwischen meinen Schenkeln und den Schenkeln meiner Schwestern, alles das, alles das ist in dem Zug da.
    Sie deutet in die Schwärze des Tunnels, wo die Arbeit weitergeht. – Alles das. Wir haben Geschichte bewegt. Wir haben Geschichte gemacht. Wir haben Geschichte in Eisen gegossen, und der Zug hat sie hinter sich ausgeschissen. Jetzt haben wir das ausgetilgt. Wir ziehen weiter, und unsere Geschichte nehmen wir mit uns. Erneuerung. Das ist unser ganzer Reichtum, alles, was wir haben, unser einziger Besitz. Wir nehmen es mit.
    Die Dirimisten vom Eisernen Rat stellen sich geschlossen auf ihre Seite. Selbst Uzman kann nichts anderes tun.
     

     
    Mit vielschichtigen Händen winkend, nehmen die Schreiter Abschied. – Habt Dank, wir danken euch, ruft Judah.
    Im Bauch des Berges durchbricht der Zug die letzte steinerne Membran. Der Tunnel, der so stygisch finster war, wird mit Licht geflutet.
    Der Zug rollt auf die skelettartige Brücke, die man in fliegender Hast improvisiert hat. Die Lokomotive vibriert und neigt sich zur Seite. Die Brücke beginnt zu schwingen. Der Zug schwankt wie ein Trunkener. Judah wagt nicht zu atmen.
    Der Zug stabilisiert sich, rollt weiter auf dem zerbrechlichen Kreuz und Quer aus Balken. In schwindelnder Höhe tastet er sich, schwarze Rauchwolken schnaubend, über den Abgrund, ein Seiltanz eigener Art, schiebt Umdrehung für Umdrehung schiebt er die langen Meter des prekären Provisoriums hinter sich, erreicht den auf soliden Stützen ruhenden letzten Teil, vollendet sicher die Überfahrt. Er ist auf festem Boden, auf der anderen Seite des Berges.
     

     
    Die Dirimisten wandern über die fragile Struktur, Kinder weinen auf dem Arm ihrer Mütter. Bei jedem Windstoß bleiben die Leute stehen, doch alle kommen heil hinüber, keiner stürzt in die Tiefe.
    Kaktusmänner, die freien Menschen, ein, zwei käferköpfige Khepri, Marketenderei und Vagabunden, ein Schwarm Wyrmen, treuherzig aufgeregt wie Hunde, seltenere Rassen, abtrünnige llorgiss und ein stummer Hotchi sowie

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