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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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fantastische Felslandschaften, ein Sturmlauf über Hunderte von Meilen, geführt von Drogon, dem Langreiter, der dieses Hinterland früher schon durchstreift hatte, bis hin zu der Stadt, die sich im Westen des Mündungsdeltas erhob. Durch Geisterstädte waren sie gekommen. Kleine Gewesenheiten, primitive Holzbuden, verwittert in den Jahren, die sie sich selbst überlassen waren, bewohnt nur von angewehtem Staub.
    »Ja«, hatte Judah geflüstert. Das war seine Vergangenheit, diese Außenposten, die Überreste von Koppelzäunen, die schmalen, mit Zweigen markierten Gräber. Vor weniger als drei Jahrzehnten waren dies prosperierende Siedlungen gewesen, in denen das Leben brodelte.
    Die Rebellion des Eisernen Rats, die Fahnenflucht des Ewigen Zugs, hatte Wrightbys von Korruption, Inkompetenz und Überproduktion ausgehöhltem Transcontinental Railroad Trust den Todesstoß versetzt. Die aus dem Boden gestampften Siedlungen und Heimstätten, die Viehherden, die Revolverhelden und Söldner, die Trapper, die Bevölkerung dieser Interessengemeinschaft aus Geld und Wildnis, waren innerhalb weniger Monate Geschichte. Ihre Behausungen blieben zurück wie abgestreifte Schlangenhaut. Die Geldhaie waren fort, die Pferdediebe, die Huren.
    Der Eiserne Rat fraß die Entfernung auf, mochte auch jeder Handgriff des Schienenlegens für sich betrachtet schwerfällig und langsam wirken. Cutter war bewusst geworden, dass der Eiserne Rat offenes Land erreicht haben musste. Im Nacken die Miliz, über Meer und Land gekommen, um ihn zu finden und zu vernichten, und ihm nun unerbittlich auf der Fährte, täglich den Abstand verringernd. Die absurdeste Rundreise, die man sich denken konnte, von einem Ende des Kontinents zum anderen und wieder zurück, auf einem an Schrecknissen reichen Weg.
     

     
    Das Licht wurde düster und ging aus, das Gefühl von Raum schlug Wellen und zerriss an zwei Punkten, und Hörner kamen zum Vorschein. Toro schob sich hindurch, triefend von den Energien, die das Blut der Wirklichkeit waren, und brachte Judah mit. Sie hielten sich umfangen wie Liebende.
    Judah machte sich los und stolperte ins Zimmer. Die Farben tropften von ihm nach oben und vergingen zischelnd, bevor sie die Decke berührten. In der Hand trug er einen gefüllten Sack.
    »Hast du jetzt alles, was du wolltest?«, fragte Cutter. Judah schaute ihn an. Der Rest des Weltbluts löste sich auf.
    »Alles, was nötig ist, um dies zu beenden«, antwortete er. »Wir werden bereit sein.«
     

     
    Die Tatsache, dass welche vom Eisernen Rat sich dem Kollektiv angeschlossen hatten, war durchgesickert. Trotz der Endzeitstimmung, die von den Leuten Besitz ergriffen hatte, war das eine sensationelle Neuigkeit.
    Aufgeregte Scharen liefen durch die Nebenstraßen um das Postamt in Dog Fenn und hielten Ausschau nach den geehrten Gästen. Als man endlich Rahul und Maribet entdeckt hatte, wurde die Barrikade, auf der sie Dienst taten, zu einer Art Wallfahrtsstätte.
    Die Kollektivisten standen geduldig Schlange, während über ihren Köpfen die Kugeln pfiffen. Sie defilierten an den Dirimisten vorbei und stellten Fragen – aus natürlichem Anstand nicht mehr als drei pro Person. »Wann wird der Eiserne Rat hier sein?«
    »Seid ihr gekommen, um uns zu retten?«
    »Werdet ihr mich mit euch fortnehmen?« Solidarität und Angst und Heilsverlangen, von allem etwas. Die Warteschlange entwickelte sich zur Straßenversammlung, man machte Gebrauch von der Gelegenheit, alte ideologische Streitpunkte erneut zu diskutieren, oft unterbrochen von Granateneinschlägen ringsum.
    Am Ende der Straße, auf der anderen Seite des Verhaus, sahen die Wachposten durch ihre Periskope Kriegskonstrukte anrücken. Soldatenmaschinen aus Messing und Eisen, mit Augen aus Glas, jede Extremität eine Waffe, marschierten. Mehr Konstrukte an einem Ort versammelt, als man seit Jahren gesehen hatte.
    Sie stapften einher, Gleisketten rumpelten knirschend über die mit Geröll und Glasscherben übersäte Straße. Ihnen allen voran eine gewaltige Planierraupe, versehen mit einem Keilpflug, um das Material der Barrikade auseinander zu schieben.
    Kartätschen, Bomben verpufften wirkungslos. In aller Hast ließ man nach einem Thaumaturgen suchen, der vielleicht die Macht besaß, dieses grässliche Ungetüm aufzuhalten, doch er konnte unmöglich noch rechtzeitig kommen. Sie mussten sich zurückziehen. Diese Barrikade, diese Straße, war verloren.
    Heckenschützen und Magiker postierten sich auf Dächern über dem

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