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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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ich ihn traf … Ich glaube, für ihn war es nicht wichtig. Er hatte andere Dinge im Kopf. Was wir getan hatten, war nur – ein Ablenkungsmanöver.«
    Sie hatten versprochen, auf Curdin und Madeleina zu warten, in der Hoffnung, dass sie Unterstützung mitbrachten. Am Morgen hatte Judah sie gebeten, die Delegierten um Hilfe zu ersuchen, aber was konnten sie tun? Die Miliz arbeitete sich Haus um Haus weiter vor, man hörte von hässlichen Racheakten an Kollektivisten in zurückeroberten Straßen. »Wir können niemanden entbehren, Judah«, hatte Curdin gesagt.
    Sie kamen spät.
    »Wir haben uns beeilt, so gut wir konnten. Es war schwer«, sagte Curdin. Und zu Ori: »Hallo, Jack.«
    »Wir haben heute Howl Barrow verloren«, sagte Madeleina.
    Sie hatte sich fest in der Hand, beide waren sie eisern gefasst. Sie kämpften gegen Verzweiflung und Mutlosigkeit.
    »Stoff für Legenden«, nickte Curdin. »Sie haben zwei Tage länger ausgehalten, als überhaupt möglich war. Die Miliz kam über die Barrow Bridge, und alle Barrikaden waren bemannt, und aus dem Nichts erscheint die Rosa-Rüschen-Brigade. Und sie waren großartig !« Das letzte Wort stieß er laut heraus und blinzelte mit feuchten Augen. In der kurzen Stille danach hörte man Artilleriefeuer.
    »Ein Witz? Sie waren Löwen. Sie kamen in Schlachtordnung, in ihren Fummeln, und feuerten aus allen Rohren.« Er lachte in einer Aufwallung echter Heiterkeit. »Sie trugen den Angriff vor, sie warfen ihre Granaten. Laufen, dass die Röcke fliegen, die Gesichter voll Lippenstift und Schwarzpulver und jagen die Miliz zum Teufel. Hatten seit Tagen nichts anderes gegessen als trocken Brot und Rattenfleisch, und sie kämpften wie die Gladiatoren in Shankell. Man musste die Orgelkanonen gegen sie auffahren. Mit ungebrochenem Mut sind sie gefallen und haben sich geküsst.« Er blinzelte wieder, oft.
    »Aber sie konnten den Feind nicht aufhalten. Die Nuevisten sind tot. Petron und die anderen. Die Miliz hat gestürmt. Es gab Straßenkämpfe, aber Howl Barrow ist verloren. Heute habe ich den letzten Ball bekommen.« Howl Barrow hatte versiegelte Glasbälle schwimmen lassen, den Tar hinunter, vorbei an Strack Island, bis die Flussschiffer und Schlick-Elstern des Kollektivs sie herausfischten und aufbrachen, um die Nachricht herauszunehmen.
    »Ich habe mich bemüht, Judah, ehrlich, obwohl dein Plan verrückt ist. Aber wir haben niemanden übrig. Alle Kräfte sind zur Verteidigung des Kollektivs eingesetzt. Ich mache ihnen keinen Vorwurf, und ich werde mich ihnen anschließen. Wir haben noch ein paar Wochen Frist, mehr nicht.«
    Madeleinas Miene war gequält, aber sie äußerte sich nicht.
    »Ich kann dir nicht helfen, Judah«, fuhr Curdin fort, »aber ich will dir eins sagen: Als du damals weggegangen bist und man munkeln hörte, aus welchem Grund, dachte ich, du wärst – nicht verrückt, dumm. Nie im Leben hätte ich geglaubt, du könntest den Eisernen Rat finden. Ich hätte gewettet, dass er längst im Nirgendwo gestrandet ist, ein rostiger Zug mitten in einer verlassenen Einöde. Voller Skelette.
    Ich hatte mich geirrt, Judah. Und du, ihr alle, habt etwas vollbracht, was ich nie für möglich gehalten hätte. Ich will nicht sagen, ihr wart der Grund für die Entstehung des Kollektivs, denn das wäre übertrieben. Aber die Nachricht, der Eiserne Rat wäre im Anrollen – nun, das hat einiges verändert. Sogar als wir noch glaubten, es wäre nur ein Gerücht, sogar, als ich noch dachte, ein Mythos, hatte man trotzdem ein Gefühl, als ob – es war ein Anstoß. Vielleicht haben wir etwas zu früh erfahren, dass ihr kommt. Vielleicht war das nicht gut. Aber es hat eine Wirkung gehabt.
    Nur – ich traue dir nicht ganz, Judah. O nein, versteht mich nicht falsch, ich behaupte nicht, du wärst ein Verräter. Du hast uns immer geholfen, mit Golems, mit Geld, aber du betrachtest uns von außen. Als wären wir dazu da, dass du ein Wohlgefallen an uns hast.
    Ich wünsche dir Glück. Wenn du Recht behältst, ich will es nicht ausschließen, dann sieh zu, dass du derjenige bist, der gewinnt. Aber ich werde nicht mit dir kämpfen. Ich kämpfe für das Kollektiv. Wenn du gewinnst und das Kollektiv untergeht, will ich ohnehin nicht mehr weiterleben.« Auch wenn es Übertreibung sein musste, nahm Cutter bei dieser Aussage innerlich respektvoll Haltung an.
    »Wie willst du nun deinen Plan ausführen, Judah?«
    Judah schürzte die Lippen. »Ich werde etwas in petto haben.«
    »Und was?«
    »Ich

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