Der Eiserne Rat
Geräusch.
Der Popanz flog auf die Kauernden zu. Judahs Augen waren groß, und als er sprach, klang seine Stimme erstickt vor Wut und Verachtung. »Ein Vorgefertigter?«, sagte er. »Ihr benutzt einen verdammten Präfabrizierten?« Er stand auf und schickte sich an, den Hügel zu ersteigen. Cutter ging mit ihm und hielt das Gewehr schussbereit.
Der geflügelte Mörder der Miliz strich über die klagenden Verwundeten hinweg und erreichte den Trompeter, der wieder einen dünnen Ton blies. Aber das Ding hatte kein Leben in sich, auf das er einwirken konnte, und es schlitzte ihn auf mit seinen Bajonetten, und er schrie und starb in einem See aus Blut.
Judah knurrte. Cutter gab ihm Feuerschutz, indem er den Hügelkamm mit Kugeln bestrich. Judah heulte und starrte nicht auf die Monstrosität aus Draht, sondern auf den Offizier, der sie lenkte. Das Ding erhob sich von dem blutigen Gestückel seines letzten Opfers und schlug mit seinen künstlichen Schwingen. Judah wölbte die Brust wie ein Faustkämpfer.
Niemand schoss. Alle standen und gafften – sogar die Galaggiiten, voll Staunen über dieses bizarre Gebilde –, während der mörderische Ledervogel mit ausgebreiteten Flügeln Anstalten machte, sich auf Judah zu stürzen. Cutter feuerte und konnte nicht einmal erkennen, ob seine Kugel getroffen hatte.
Judah hob Steine auf und Staub. Sein Knurren wurde lauter, und dann rief er, als der Schatten sich über ihn senkte:
»Das mir?« Seine Stimme hallte tönend über den Kampfplatz. »Ihr hetzt einen Golem auf mich?«
Wie ein Kind warf er dem Ding seine Hand voll Erde entgegen. Eine ohrenbetäubende Explosion. Der Golem stürzte wie ein Stein aus dem Himmel.
Judah stand vor dem Drahtgerippe, dessen ärmlicher Funke geborgten Lebens erloschen war. Einige Atemzüge lang herrschte völlige Stille. Judah bebte vor Zorn. Er wies mit ausgestrecktem Arm zum Hügelkamm. »Ihr hetzt einen Golem auf mich?«
Die Revolverkanone schwenkte zu ihm herum, aber Gewehrschüsse krachten und der Schütze starb mit einem heiseren Schrei von Drogons unsichtbarer Hand. Plötzlich flogen Kugeln en masse durch die Luft, von dem Wisperschmied, Pomeroys Muskete, Elsie und Cutter und der erschreckten Miliz.
Judah schritt durch das Sperrfeuer. Er brüllte, aber Cutter konnte nicht mehr verstehen, was er sagte, versuchte nur Schritt zu halten und ihn zu beschützen. Die Soldaten brüllten ebenfalls und feuerten blindlings den Hang hinunter. Judah Low erreichte die Stelle, wo zuhauf die Toten der Galaggi lagen.
Der Somaturg schob die Hand zwischen die Leichen und blaffte einen Befehl. Eine Fermentation fand statt, als die Weltenergie gebündelt und kanalisiert wurde, der Augenblick gebeugt, und Widernatur ausspie. Und der Leichenhaufen erhob sich in neuer Konstellation, ein Golem aus noch warmen, noch zuckenden Leibern.
Er war ein Gestück aus den jüngst Getöteten, von deren Blut und Säften triefend. Seine Gestalt war ungefähr die eines Menschen: die Beine gebündelte Leichen ohne Rücksicht auf ihre Anatomie, eine verkehrt herum, der tote Kopf zum Fuß geworden, mit jedem Schritt weiter zerstaucht und formloser; der Rumpf ein Konglomerat aus Armen und Knochen, die Arme wieder Leichen, der Schädel desgleichen, und das ganze Mixtum compositum stapfte mit furchtbarer Schnelligkeit den Hang hinauf, eine Spur seiner eigenen Substanz hinterlassend und begleitet von dem Wehklagen der Rebenbauern, die ihre getöteten Liebsten und Kinder in dieser bizarren Erscheinung wiederbelebt sahen. Der Golem schritt gewaltig aus, hinter ihm ging Judah wie sein Hirte. Energieströme knisterten und verbanden ihn mit seiner Schöpfung durch einen unheimlichen Funiculus.
Die Miliz wurde durch Schüsse an Ort und Stelle festgehalten, und der Leichengolem erreichte sie. Die Kreatur verlor Stücke und Brocken bei jeder Bewegung, und die Soldaten, die aus allen Läufen feuerten, zerflederten und verstümmelten ihn weiter. Doch er hatte lange genug Bestand, um sie zu zerquetschen und in die Erde zu stampfen. Er schmetterte sie nieder mit den Männern und Frauen, aus denen seine Fäuste bestanden.
Als auf dem Hügel Stille eintrat und der letzte der Soldaten sein Leben ausgehaucht hatte, stürzte der Leichengolem um. Was auf den Boden prallte, war nichts als totes Fleisch.
Die toten Milizzer hatten mehr Ähnlichkeit mit einem Trupp Freischärler, in verlotterten Uniformen, dekoriert mit Ohren und Zähnen und obskuren Symbolen für die Anzahl der von ihnen
Weitere Kostenlose Bücher