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Der eiserne Skorpion - Roman

Der eiserne Skorpion - Roman

Titel: Der eiserne Skorpion - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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pflegte, und er griff sogar nach der bequem in Reichweite stehenden Whiskyflasche und dem Glas und goss sich einen Drink ein. Als seine Mutter hereinkam, betrachtete sie ihn einen Augenblick lang forschend, ehe sie sich auf das Sofa daneben setzte, die Beine übereinanderschlug und die Finger über einem Knie verschränkte.
    »Ich weiß nicht, wie du an die Rückübertragung der herauseditierten Erinnerungen herangegangen bist, Cormac«, begann sie ihre Ausführungen, »aber es steht fest, dass die von mir bereitgestellte Memodatei in drei Kapitel aufgeteilt wurde, da es bislang nicht möglich ist, eine Datei dieser Größe herabzuladen, ohne damit Hirnschäden zu verursachen.«
    Cormac nippte von dem Whisky; er fand ihn feurig und gut – und doch hatte er erst ein einziges Mal Whisky probiert und dann festgestellt, dass ihm der medizinische Geschmack und die Art, wie das Zeug an seiner Selbstbeherrschung nagte, nicht zusagten.
    »Deshalb bist du jetzt«, fuhr Hannah fort, »im dritten und abschließenden Kapitel, nachdem du schon einiges über deine Vergangenheit herausgefunden hast.«
    Cormac hätte gern geantwortet, aber obwohl er das Glas auf den Tisch zurückstellte und die Hand auf die Armlehne legte, beherrschte er seine Bewegungen nicht. Sein derzeitiges Bewusstsein war anwesend und wach, aber er konnte das, was hier ablief, auch nicht mehr verändern als die zuvor nacherlebten Kindheitserinnerungen.
    »Du hast herausgefunden, dass ich deinen Verstand zweimal editieren ließ – nur zweimal.« Hannah runzelte die Stirn. »Das erste Mal geschah, als die Drohne mit dir zu reden versuchte, während du auf dem Heimweg von der Schule warst. Das zweite Mal erfolgte, als mir klar wurde, wie instabil eine solch begrenzte Editierung sein konnte, und ich auch unsere Begegnung mit der Drohne in Montana entfernen ließ, während wir in Tritonia waren.«
    Also hatte Sadist das völlig richtig wiedergegeben.
    »Ich muss sagen, dass ich glaubte, Amistad hätte dir bei dem zweiten Vorfall alles erzählt. Die KI, die die Editierung vornahm, korrigierte jedoch diesen Irrtum.«
    Alles?, fragte sich Cormac. Was war da denn noch zu erfahren?
    »Die Drohne hat dir natürlich genug gesagt, woraus du anscheinend schließen konntest, dass David tot war.« Sie brach ab, einen seltsamen, undeutbaren Ausdruck im Gesicht, den sie verbarg, indem sie den Blick auf die Hände richtete. »Amistad verstand im Grunde nicht viel von menschlichen Dingen und menschlichen Emotionen, aber vielleicht war ihm doch klar, dass meine Vorgehensweise falsch war. Es war jedoch meine Entscheidung, und Amistad hatte kein Recht, in dieser Frage gegen meine Wünsche zu handeln.«
    Warum hast du das getan, Mutter? Lag der Grund darin, dass du dein Leben in so hohem Maß lenken konntest und sich sein Tod deinem Eingriff entzog? War es im Grunde die Vergangenheit, die du editieren wolltest?
    »Allerdings war der Tod deines Vaters keineswegs die ganze Geschichte. Erst als Amistad dich während unseres Aufenthalts in Tritonia erneut anzusprechen versuchte, gelang es mir, ihn zu konfrontieren und zu überreden, dass er dich in Ruhe ließ, wenn dazu auch eine direkte Einmischung der KI nötig war, die Tritonia und die nahe Küste bei Calais leitete.« Sie blickte auf. »Du musst noch viel mehr über das erfahren, was deinem Vater widerfuhr, aber man hat es dir nie erzählt, sodass du die entsprechende Geschichte auch nicht in diesen aus deinem Gedächtnis entfernten Erinnerungen findest. Du verdienst es jedoch, wie ich vermute, davon zu erfahren, und wenn du David in irgendeiner Form ähnlich bist, wirst du nicht ruhen, bis du alles erfahren hast. Ich werde es dir jedoch nicht verraten. Es tut mir leid, aber ich habe das Gefühl, dass jemand anderes sich das Recht dazu erworben hat.«
    Wieder kam es zu einer langen Unterbrechung, in der sie ihn direkt anstarrte. Wie, fragte er sich, hatte man diese Memoladung nur zusammengestellt? Hatte seine Mutter jemanden vor sich hingesetzt und ihm diese Geschichte erzählt, sie dann aus seinem Gedächtnis entfernt und an Cormac gesendet? War Dax die Person, die auf diesem Platz gesessen hatte?
    »Du befindest dich in einer Region des Weltraums, die ich seit dem Ende des Krieges nie aufsuchen wollte. Ich glaube nicht an das Schicksal, an Bestimmung oder irgendetwas von diesem Unfug, aber manchmal kann schon erschreckend sein, wie Dinge zusammenfallen. Amistad treibt sich seit vielen Jahren da draußen herum, aus Gründen, die

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