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Der eiserne Skorpion - Roman

Der eiserne Skorpion - Roman

Titel: Der eiserne Skorpion - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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zum Bett, setzte die Schultertasche darauf ab und hob die Zimmerfernbedienung vom Nachttisch auf. Er brauchte nur einen Augenblick, um die Fenstersteuerung unter den Sensortasten zu finden. Er ging hinüber, drehte einen Sessel zum Fenster um, plumpste hinein und drückte die Taste, um das Fenster auf Durchsicht zu stellen.
    Die fotoaktive Flüssigkeit zwischen den beiden Schichten aus Kettenglas zeigte zuerst ein Wirbelmuster genau in der Mitte und veränderte sich allmählich von Schwarz auf Transparenz. Cormac erinnerte sich daran, wie er Stunden damit zugebracht hatte, durch ein solches Fenster zu blicken. Er erinnerte sich an die Schalentiere, wie sie da draußen auf dem Meeresgrund herumfuhrwerkten, an die Massen von Strandschnecken, zusammengedrängt wie bunte Perlen, die Wellhornschnecken, die am Fenster entlangglitten, und die eine oder andere Kammmuschel, die vorbeidüste; die Einsiedlerkrebse, Hummer und Taschenkrebse; die Garnelen und Langusten und die unzähligen Fischarten. Aber was jetzt da draußen hockte, war nicht ganz das, was er erwartet hatte, und er schrie erschrocken auf.
    Riesige Eisenskorpione standen nicht im Reiseführer.
     
    Die Garage der Automatikraupen war von einem Sicherheitszaun umgeben, dessen Pfosten mit Kameras bestückt waren. Das Licht von Scheinwerfern tastete in die Dunkelheit hinaus und spiegelte sich auf den polierten Rümpfen von zwei Moskito-Automatikkanonen, die innerhalb der Umzäunung wie skeletthafte Metallwachhunde Streife gingen.
    Während sich Cormac dem mächtigen Tor näherte und mit der Taschenlampe den aufgewühlten Erdboden vor ihm abtastete, warf er einen kurzen Blick hinter sich auf seine drei Begleiter. Stilett – tatsächlich hieß er Pramer, wie Cormac inzwischen wusste – trug eine falsche Hand anstelle des Messers und wirkte für seine Rolle wie geschaffen, denn viele, die einer solchen Tätigkeit nachgingen, rüsteten ihre Muskulatur auf und hielten sich viel darauf zugute, dass sie schwere Arbeiten ausführen konnten, die gewöhnlich irgendeiner Drohne oder irgendeinem Golem vorbehalten blieben. Die anderen beiden wirkten im Grunde deplatziert. Layden war ein dürres bleiches und kränkliches Individuum, das sich in seinem sackartigen Overall ganz klar unwohl fühlte, und Sheen ein Mädchen im Teenageralter, dessen Miene ständig mürrische Aufsässigkeit zeigte. Kein Problem, denn die physischen Details dieser Leute waren in die Personaldatenbank eingetragen worden.
    Cormac blieb stehen und blickte zu der Sicherheitsdrohne hinauf. Sie ragte auf einem Stiel aus dem Torpfosten hervor und wirkte dabei wie eine Samenschote aus Eisen und Plastik. Sie neigte sich ihm zu und sagte einen Augenblick später: »Zutritt gestattet.« Cormac trat zur Seite, und jetzt erhielt Layden die gleiche Genehmigung, gefolgt von Pramer, wonach Sheen vortrat. Bei ihr zögerte die Drohne einen Moment lang und kippte ein Stück weit, als fände sie es seltsam, was sie hier zu sehen bekam. Cormac vermutete, dass die KI absichtlich die Spannung steigerte – wollte wohl nicht, dass es den Leuten zu einfach erschien.
    »Identicard!«, verlangte die Drohne.
    Cormac registrierte erstaunt, wie gelassen der Teenager auf einmal reagierte, als sie in ihre Technikergürteltasche griff, die Karte zwischen den zahlreichen kleinen Bündeln hervorholte, die sich zu Monofilm-Rucksäcken öffnen ließen, und sie hochhielt. Cormac sah den Blitz der Lasersondierung darüber hinweggleiten, und einen Augenblick später erhielt Sheen ein widerwilliges »Zutritt gestattet«. Daraufhin öffnete sich eine Personenzugangsluke im Haupttor, und sie traten ein.
    »Es muss an deiner Akne liegen«, sagte Pramer.
    »Leck mich am Arsch«, entgegnete Sheen.
    Cormac hatte die anderen schon angewiesen, ihre Gespräche auf Wortwechsel zu beschränken, wie sie von solchen Arbeitern erwartet wurden, aber er hatte nicht erwartet, dass diese beiden ein solches Talent darin zeigten. Über den eigentlichen Grund für ihr Hiersein durften sie kein einziges Wort verlieren, da mit Sicherheit Wachprogramme liefen, nach Schlüsselwörtern und -sätzen lauschten und zugleich auf untypisches Verhalten lauerten. Grinsend sah er Pramer an, stellte jedoch erstaunt fest, dass der Mann von der Antwort des Teenagers eingeschüchtert wirkte. Merkwürdig, eindeutig merkwürdig.
    Hinter dem Zaun breitete sich ein Plastonhof aus, ein Großteil davon ramponiert durch die Spuren der Planierraupen. Auf den Hof folgte eine Reihe

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