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Der eiserne Skorpion - Roman

Der eiserne Skorpion - Roman

Titel: Der eiserne Skorpion - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Zentralkomitee auch nicht.«
    Zentralkomitee – interessant!
    »Was soll’s.« Cormac nahm plötzlich die Waffe zur Hand und stützte sie in der Armbeuge ab, sodass sie auf Stilett zielte, der wieder zu sich zu kommen schien. Der andere erzeugte komische Schnarchgeräusche, und Cormac hoffte, dass er nicht zu heftig zugeschlagen hatte. »Die Bilanz lautet, dass Carl nach dieser Aktion einige heikle Fragen beantworten muss, sobald sie ihm den Kehlkopf wieder eingesetzt haben. Ich stehe auch unter Verdacht. Man hat mich verwanzt und beschattet.«
    »Ja, das weiß ich.«
    Jemand, der in solchen Tricks beschlagen gewesen wäre, hätte Cormac das natürlich nicht verraten. Diese Samara wollte hart und clever erscheinen.
    »Du weißt es?«
    »Ich habe dich überwachen lassen, seit du aus dem ECS-Basislager aufgebrochen bist. Warum hast du die Betäubungspistole benutzt und ihn nicht umgebracht?«
    Cormac zuckte die Achseln. »Ich wollte, dass es nach Raub aussieht. Ihn umzubringen, das hätte den Verdacht nur bestärkt. Nach Lage der Dinge wird der Verdacht trotzdem auf mich fallen, besonders wenn sie herausfinden, dass ich mich von den Wanzen befreit habe.«
    »Warum bist du dann hier?«
    Stilett kam ächzend wieder zu Sinnen, sodass Cormac ihm plötzlich die Mündung der Pistole an den Kopf hielt. »Entferne dich langsam und setze dich dort drüben hin.« Er deutete mit dem Kopf auf einen nahen Tisch. Sobald Stilett gehorcht hatte, wandte sich Cormac wieder Samara zu. »Man kann nicht den gesamten Umkreis mit Automatikkanonen schützen. Davon sind noch nicht genug hier, und da Tiefbaumaschinen hinein- und hinausfahren, lässt sich die Logistik einfach nicht durchhalten.«
    »Und?«
    »Nachdem sie meine Einheit durch Automatikkanonen ersetzt hatten und nachdem Carl schließlich anfing, Stücke seiner Lunge herauszuhusten, wurde der Rest von uns – ohne unseren Golemsergeant – für den Wachdienst im Schiff abgestellt. Man hat uns sogar als Lockvögel benutzt, um die Prador hervorzulocken, die sich noch dort versteckt hatten. Es hat uns beinahe das Leben gekostet.«
    »Und darüber bist du sauer.«
    »Ein bisschen, nicht sehr – gehört schließlich dazu.«
    Der Pistolenschütze schnaubte eine Mischung aus Blut und Rotze auf den Tisch. Cormac rückte ein Stück von ihm weg.
    »Was dich interessieren sollte: Als ich dort drin war, habe ich etwas entdeckt. Siehst du, ich weiß genau, wo man ein Magazin mit vier Ein-Megatonnen-Gefechtsköpfen findet – klein genug, damit jeweils eine Person einen wegtragen kann. Und ich weiß, wie ich euch hinführen kann.«

4
    Die vielen Aussichten durch Kettenglasfenster in den Kanal zwischen England und dem Kontinent waren oft trübe, aber wenn sie sich klärten, erwiesen sie sich als erstaunlich. Vergrößerungsabschnitte hoben örtliche Meereslebewesen hervor und zeigten scharfe Bilder von Rochen und Kabeljauschwärmen und glitzernde Stürme einer genmodifizierten Variante von Heringen, die aus Farmen geflüchtet war und jetzt seit über zweihundert Jahren in den Meeren gedieh. Soweit Cormac wusste, hatte man vor hundert Jahren den Plan ausgearbeitet, sie durch ein maßgeschneidertes Virus auszurotten, dieses Vorhaben jedoch ausgesetzt. Diese robusten kleinen Fische füllten gewisse ökologische Nischen, die zuvor entvölkert gewesen waren, und bildeten zugleich eine günstige Nahrungsgrundlage für andere Kreaturen. Eigentlich füllte man andere entleerte Nischen fortwährend auf die gleiche Art, hatte Leben auf der Grundlage vertrockneter Museumsexemplare erneuert. In den Meeren wimmelte es wieder von Leben.
    Weder Dax noch Cormacs Mutter hatten noch einmal vom gestrigen Abend gesprochen. Beide tranken aus Literflaschen Coke und hatten sich vorher ein paar Aldetox eingeworfen. Eigentlich redeten sie überhaupt nicht viel, und beide trugen Sonnenbrillen.
    Von der Haltestelle der Magnetbahn aus gingen sie direkt in die Röhrenstraßen der Unterseestadt, und ein Schrankkoffer vollautomatisches Loyalty Luggage ächzte ihnen auf Speichenrädern nach und erinnerte dabei an einen besonders fetten und kurzbeinigen Hund. Ian hatte einen eigenen Koffer am Schulterriemen dabei, voll mit seinem persönlichen Bedarf, wozu offenkundig keine Randerscheinungen wie saubere Unterwäsche und Socken gehörten – die im Schrankkoffer steckten.
    »Das Watts?«, schlug Dax vor.
    »Natürlich«, antwortete ihre Mutter. Das Watts – nach einem schon lange toten Science-Fiction-Autor benannt –

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