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Der eiserne Skorpion - Roman

Der eiserne Skorpion - Roman

Titel: Der eiserne Skorpion - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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heraus, dass seine Frage mit ja zu beantworten war. Er blickte auf die Fernbedienung, fand eine Sensortaste mit der Beschriftung »Stimme« und drückte sie.
    »Schiff«, fragte er, »hörst du mich?«
    »Natürlich höre ich dich«, antwortete die Stimme einer griesgrämigen alten Frau, »und ich heiße Pearl.«
    »Nett ... bei dir an Bord zu sein, Pearl«, sagte Cormac. »Kannst du mir erklären, warum wir drei Stunden brauchen, bis wir an der Sadist andocken, wenn sie da draußen schon deutlich zu sehen ist?«
    »Das Angriffsschiff wartet auf weitere Bodenziele, und im Interesse unserer Sicherheit ist es am besten, nicht anzudocken, wenn es jeden Augenblick das Feuer eröffnen kann.«
    »Na gut.«
    »War das alles?«
    Cormac erwog noch etwas, das er schon seit längerem hinauszögerte. »Ich würde gern eine Nachricht zur Erde schicken ...«
    »Und warum sagst du mir das?«
    »Ich – ich habe das noch nie gemacht.« Er kam sich ein bisschen dumm vor, denn er wusste, wie man eine schlichte Nachricht sendete, wenn auch über eine riesige Entfernung. In Wahrheit wollte er mit jemandem darüber reden. Die Einstellung der KI ermutigte allerdings nicht zu einer Konversation.
    »Ganz einfach«, sagte die Pearl-KI. »Du adressierst sie einfach korrekt und schickst sie an meinen Server, wo sie eingereiht wird, bis ich meine nächste Subraumübertragung sende, was in etwa drei Minuten der Fall sein dürfte. War das jetzt alles?«
    »Ja, danke.« Cormac drückte eilig die »Stimm«-Taste erneut.
    Er setzte sich auf eine der Kojen und rief die Nachricht im dritten Auge auf, um sie noch mal kritisch zu lesen. Zunächst schilderte er seine Reise vom Ausbildungslager auf dem Mars nach Hagren und fuhr dann mit einem Teil dessen fort, was er dort erlebt hatte, obwohl der innere Zensor Überstunden gemacht hatte. Während dieser Sichtung fragte er sich, ob das genau die Art Nachricht war, die sein Vater Hannah geschickt hatte, als er im Krieg gegen die Prador war. Am Schluss der Nachricht folgte der Teil, der Cormac am wichtigsten war:
    Als ich zu den Spartaeinheiten befördert wurde, musste ich mir einen Verstärker einsetzen lassen, und erst im Zuge dieses Eingriffs erfuhr ich, dass mein Verstand editiert worden war. Die medizinischen Daten zeigen, dass dies in einem Alter zwischen acht und zwölf geschah, aber da während des Krieges so viel editiert worden war, hielten es die KIs nicht für nötig, detaillierte Aufzeichnungen zu speichern. Ich weiß also nur, dass Erinnerungen aus meinem Bewusstsein entfernt und die übrigen Erinnerungen jener Zeit ›umkopiert‹ worden sind. Was kannst du mir darüber erzählen, Mutter? Welche meiner Erinnerungen war von einer Art, dass du es nötig fandest, sie in deinem eigenen Interesse zu zerstören?
    Seit einiger Zeit spielte er schon mit der Formulierung dieses letzten Abschnitts herum, denn er war unsicher, ob sie zu streng oder nicht streng genug war. Letztlich speicherte er seine Nachricht als Datenpaket, setzte die Netzadresse seiner Mutter hinzu und sendete das ab. Da: Es war geschafft. Cormac streckte sich in der Koje aus und versuchte, Schlaf nachzuholen.
    Er entzog sich ihm.

10
    Cormac betrachtete das Bild auf seinem neuen P-top. Der Bildschirmschoner zeigte Szenen eines Zusammenstoßes zwischen einem der großen Prador-Schlachtschiffe und der My Mary Rose in der Tiefe des Alls, wo normalerweise die Krebse siegten. Es war ein Kampf, in dem die Kontrahenten wüst aufeinander eindroschen: Enorm starke Waffen kamen auf beiden Schiffen zum Einsatz; Schildgeneratoren brannten auf beiden durch und tüpfelten sie mit Bränden; immer größere Waffen durchschlugen Abwehreinrichtungen, während die beiden Fahrzeuge Panzerung und geschmolzenes Metall über Millionen Kilometer Vakuum verstreuten. Dann erfolgte der CTD-Treffer direkt in einem der Partikelstrahllöcher, die im Rumpf des Pradorschiffs klafften. Die Explosion entkernte es, und nur der Rumpf aus schwerer Panzerung trudelte noch glühend durch den Weltraum, wie eine Molluske, aus der man den weichen Körper herausgekratzt hatte.
    Aber das lag schon lange zurück.
    Neue Waffen, die an der schwankenden Verteidigungslinie zum Einsatz kamen, zeitigten jetzt seit über einem Jahr positive Wirkung. Die neuesten Schiffe aus den Fabrikstationen mit Panzerungen, die so effektiv waren wie die der Prador-Schlachtschiffe, traten eins zu eins zum Kampf an und siegten, und diese Aufzeichnung war eine der ältesten davon. Inzwischen lagen

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