Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
Vom Netzwerk:
Hierarchie stand, so daß sie die Anwesenheit des gesamten Hofes wünschte, während sie ihn verhörte und anschließend exekutierte – als Botschaft und Warnung an alle, die
vielleicht Intrigen spannen oder Ränke schmiedeten. Löwenstein XIV. war eine begeisterte Anhängerin des Statuierens
von Exempeln und der Demonstration von Macht. Und Verräter gab es immer. An manchen Tagen war der Besuch bei Hofe wie russisches Roulette, ohne daß man wußte, wie viele
Kugeln noch in der Trommel des Revolvers steckten.
    Aber wenn es sich wirklich um eine hochstehende Persönlichkeit handelte, dann hätte Wolf andererseits schon etwas
davon hören müssen. Der Wolf besaß hervorragende Verbindungen auf allen Ebenen. Alle Lords besaßen hervorragende
Verbindungen auf allen Ebenen, jedenfalls wenn sie Lords
bleiben wollten.
    Es war nicht unbedingt notwendig, dem Hof persönlich beizuwohnen. Man konnte jederzeit sein Holobild schicken. Die
vorhandene Technologie erlaubte den Eliten vollständigen
Zugriff auf alles, was geschah, ohne das Risiko eingehen zu
müssen, daß ihnen selbst etwas zustoßen konnte. Allerdings
wurden traditionsgemäß nur diejenigen zur Herrscherin vorgelassen und von ihr angehört, die auch persönlich erschienen
waren. Wenn man wollte, daß seine Stimme zählte, dann hatte
man dort zu sein. Außerdem lag ein gewisses Risiko darin, als
Holo am Hof zu erscheinen. Löwenstein IV. konnte es als
persönliche Beleidigung interpretieren, wenn ein Lord seiner
Imperatorin nicht zutraute, für seine Sicherheit zu sorgen. Es
war nicht gut, die Herrscherin auf dumme Gedanken zu bringen. Sie hatte eh schon viel zu viele davon.
    Deshalb saßen der Wolf und sein Sohn Valentin auf dem
Weg zum Hof allein in ihrem Abteil, unbewaffnet und ohne
Leibwächter, um einer Audienz am Hof beizuwohnen und
sich etwas anzuhören, das sie wahrscheinlich gar nicht hören
wollten.
    Jakob Wolf war ein Stier von einem Mann, mit breiten
Schultern und einer faßförmigen Brust, die einem professionellen Gladiator alle Ehre gemacht hätte. Er trug die Haare
kurz geschoren, hielt sein Gesicht auf dem Stand eines Mannes Mitte Vierzig und ignorierte im übrigen stur allen modischen Firlefanz. Sein Kinn ragte kühn hervor, als wollte es
den Betrachter zu einem Kommentar herausfordern. Seine
Augen waren dunkel und durchdringend, und es war schon
beinahe eine Frage des Prinzips, daß er nie als erster den
Blick senkte. Der Wolf besaß Hände wie Schraubstöcke, groß,
grobschlächtig und meist zu Fäusten geballt. Seine Stimme
war wie ein Gewittergrollen. Der Wolf hatte eine Menge Zeit
und Überlegung in das Bild gesteckt, das er nach außen hin
abgab, und er war insgeheim sehr zufrieden mit dem Resultat.
Es beseitigte bei seinen Gesprächspartnern vom ersten Augenblick an jeden Zweifel, daß er kein Mann war, mit dem
man spielen konnte.
    Jakob Wolf war einhundertdrei Jahre alt, aber dank der wissenschaftlichen Errungenschaften des Imperiums hätte man
den jungen Mann, der neben ihm saß, leicht für seinen Bruder
anstatt seinen Sohn halten können. Allerdings hätte ein Fremder auch keinerlei familiäre Ähnlichkeit zwischen den beiden
feststellen können.
    Valentin Wolf war groß, schlank und von der Empfindlichkeit einer Treibhausblume, die rüde aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen worden war. Sein Gesicht war lang und
schmal, die Haut mehr als modisch blaß, und sein schwarzer
Schopf fiel gelockt bis auf die Schultern herab. Dicke Maskara betonte seine ungewöhnlich hellen Augen, und ein aufgemaltes purpurnes Lächeln verbarg seine Gefühle vor allem
und jedem. Valentin besaß die Hände eines Künstlers, mit
langen, schlanken Gliedern und weit ausholender Gestik, und
wenn er sich für etwas begeisterte, dann flatterten sie an seinem Mund wie aufgescheuchte Tauben in der Nacht.
    Valentin Wolf war am Hof und auch außerhalb dafür bekannt, daß er jede Droge ausprobiert hatte, die der Menschheit
bekannt war – und einige mehr, die er sich speziell hatte anfertigen lassen. Wenn man es rauchen oder schnüffeln konnte
– oder es sich irgendwo hineinstecken, wohin die Sonne nicht
schien –, dann hatte er es erstens ausprobiert und zweitens
genossen. Man erzählte sich allen Ernstes, daß Valentin noch
nie auf eine Chemikalie gestoßen wäre, die er nicht gemocht
hätte. Für diejenigen, die ihn kannten, erschien es wie ein
Wunder, daß Valentin sein Gehirn nicht bereits vor langer
Zeit geröstet

Weitere Kostenlose Bücher