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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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glücklichen Lotteriegewinner dahin, die Gelegenheit zu nutzen, um einfach nur
am Hof zu verweilen. Manche verbrachten ein ganzes Jahr
dort, ohne je ihre Bitte oder Frage zu stellen.
Die höfische Empfangshalle selbst war diesmal ein Sumpf.
Dichte Nebelbänke hingen in der feuchten Luft zwischen
knorrigen, verdrehten Bäumen, und überall stand zumindest
knöcheltief schwarzes Wasser. Verknotete Schlingpflanzen
hingen von den ausladenden Ästen der Bäume herab und
schleiften im Wasser, und die Luft schwirrte vor Fliegen und
anderen Insekten. Die Höflinge stapften unbeirrt durch den
Sumpf voran, während sie aufmerksam nach Krokodilen und
anderen Unerfreulichkeiten Ausschau hielten, die in der undurchsichtigen schwarzen Brühe lauern konnten. Wenn der
Sumpf auch nicht echt war, so hieß das noch lange nicht, daß
sich keine höchst realen Gefahren darin herumtrieben.
Meist handelte es sich jedoch nur um Hologramme, die der
physischen Realität eben stark genug nachempfunden waren,
um den Höflingen einen Schauer über den Rücken zu jagen.
Löwenstein fand Gefallen daran, ihren Hof ›interessant‹ zu
halten, und ihr Geschmack in dieser Hinsicht war sowohl hinterhältig als auch weit gefächert. In der Vergangenheit hatte
sie den Hof bereits als Wüste, als arktische Einöde und als
städtisches Elendsviertel erscheinen lassen. Das Elendsviertel
war wirklich ziemlich gefährlich gewesen, und hinterher waren alle von Flöhen befallen gewesen. Die Wüste war die hinterhältigste Landschaft von allen: überall Sand und die Luft so
heiß, daß man kaum atmen konnte. Und um die Dinge noch
ein wenig spannender zu gestalten, hatte Löwenstein winzige
Metallskorpione im Sand verstecken lassen; kleine, widerliche
Apparate mit Neurotoxinen in ihren Stacheln. Ein geringerer
Lord hatte eine Woche lang mit dem Tod gekämpft. Löwenstein mußte heute noch kichern, wenn sie an diesen köstlichen
Streich dachte.
Die Höflinge schleppten sich voran und murmelten düstere
Verwünschungen vor sich hin. Die Gewißheit, daß das gesamte Reich an den Fernsehern saß und ihnen zusah, trug nicht
gerade zu einer besseren Laune bei. Jeder Planet, gleichgültig
wie arm er auch sein mochte, hatte dank kunstvoll getarnter
Holokameras Zugang zum Treiben bei Hofe. Die Lords und
die Abgeordneten schworen sich jedes Jahr, endlich Schluß zu
machen mit diesem überholten Brauch, aber irgendwie kam es
nie dazu. Niemand konnte dem Gedanken widerstehen, daß
ein so riesiges Publikum zusah.
Hin und wieder tauchten silbern schimmernde Statuen im
Nebel auf und zeigten die Formen zahlreicher fremder
Rassen, die in das Reich eingegliedert und über ihren Platz in
der Hierarchie belehrt worden waren. Es gab eine ganze Menge davon. So viele, daß niemand die genaue Zahl kannte.
Doch niemand scherte sich einen Dreck darum. Einige der
Statuen hatten länger überlebt als die Spezies, die sie repräsentierten. Aber auch darum scherte sich kaum jemand einen
Dreck. In erster Linie war das Imperium eben ein menschliches Imperium. Einige der älteren Höflinge lehnten sich für
eine Verschnaufpause gegen die Statuen, allerdings erst,
nachdem sie sie sorgfältig auf hinterlistige Fallen untersucht
hatten.
Die Herrscherin saß gelassen auf ihrem großen Thron aus
schwarzem Eisen und glitzernder Jade. Das Möbel ragte genau so weit aus dem Wasser, daß ihre Füße trocken blieben.
Löwenstein sah aus, als würde sie sich vollkommen wohl fühlen, obwohl der Thron offensichtlich für eine sehr viel größere
Person entworfen worden war. Die Nebel schienen auf geheimnisvolle Weise ihren ruhigen Platz mit seinem eigenen
kleinen Kreislauf kühler Luft zu vermeiden. In ihren majestätischen Gewändern und mit der Diamantenkrone auf dem
Kopf wirkte Löwenstein kalt, majestätisch und vollkommen;
jeder Zoll eine wahre Imperatorin. Die wartenden Dienerinnen hockten nackt im schmutzigen Wasser am Fuß des
Throns, angespannt wie ungeduldige Jagdhunde an unsichtbaren Leinen.
Nach und nach versammelten sich die Höflinge vor dem
Thron, sorgsam darauf bedacht, einen respektvollen Sicherheitsabstand einzuhalten, und verneigten sich tief vor der
Herrscherin. Sie blickte gelangweilt über Hunderte gesenkter
Köpfe hinweg und gähnte laut. Die Höflinge verharrten erhitzt
und schwitzend in ihrer Haltung und warteten geduldig, daß
sie ein Zeichen gab. Einmal hatte Löwenstein sie für eine
ganze Stunde so stehen lassen. Schließlich

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